Die Tote im Götakanal
Lokal.
Nach knapp zwei Stunden kamen die vier Spieler heraus. Sie trennten sich an der Straßenbahnhaltestelle auf St. Eriksgatan, und Bengtsson ging denselben Weg zurück, den er gekommen war.
Um elf wurde es in seiner Wohnung dunkel, aber da lag Kollberg schon im Bett, während der arme Stenström warm angezogen vor dem Haus auf und ab laufen durfte. Er hatte sich bereits in der ersten Nacht erkältet.
Der nächste Tag war ein Mittwoch und verlief auch nicht viel anders als die beiden vorhergegangenen Tage. Stenström verbrachte die meiste Zeit hustend und schniefend in dem Cafe auf Smälandsgatan.
Am Abend ging Bengtsson ins Kino. Fünf Bankreihen hinter ihm mußte Kollberg mit ansehen, wie sich ein blonder, halbnackter Mister Amerika erfolgreich mit irgendwelchen Urzeitungeheuern herumschlug.
Die zwei folgenden Tage das gleiche. Stenström und Kollberg wechselten sich ab, den ereignislosen und streng eingeteilten Tagesablauf des Mannes zu verfolgen. Kollberg erkundigte sich unauffällig in der Bowlinghall und erfuhr, daß Bengtsson als guter Kegler galt und seit langer Zeit regelmäßig jeden Dienstag mit seinen drei Arbeitskameraden dort zu spielen pflegte.
Der siebte Tag, ein Sonntag, brachte Stenström endlich einmal eine angenehme Abwechslung: Er durfte zusammen mit Bengtsson und zehntausend anderen Zuschauern das Eishockeyspiel zwischen Schweden und der TschechoslowÅkei mit ansehen.
In der Nacht von Sonntag auf Montag fand Kollberg einen neuen Toreingang auf Birkagatan, der ihm etwas Schutz gewährte.
Als er am folgenden Sonnabend Bengtsson um zwei Minuten nach zwölf die Bürotür abschließen und in Richtung Regeringsgatan gehen sah, kannte er den Weg schon auswendig: Jetzt ging’s erst einmal auf ein Bier ins Löwenbräu. Während Bengtsson die Tür zu dem Lokal öffnete, stand Kollberg an der Ecke von Drottninggatan, der Königinstraße, mit finsteren Mordgedanken im Herzen…
Am Abend nahm er sich in seinem Zimmer in Kristineberg noch einmal die Filmabzüge vor. Zum hundertsten- oder zum tausendstenmal.
Lange und gründlich betrachtete er sich jedes einzelne Bild, und so schwer es ihm wurde, er sah nur noch das Gesicht eines Mannes, dessen ruhiges und ereignisloses Leben er selber seit zwei Wochen überwacht hatte.
23
»Ich sag dir, wir haben den Falschen erwischt.«
Kollbergs Stimme klang müde.
»Willst du schon aufgeben?«
»Mißversteh mich nicht. Es macht mir nichts aus, mein Nachtlager in einer Tür von Birkagatan aufzuschlagen, aber…«
»Na, red schon.«
»Innerhalb von vierzehn Tagen hat sich folgendes mit konstanter Regelmäßigkeit wiederholt: Um sieben zieht er das Rollo auf und öffnet die Fenster.
Fünf Minuten nach halb acht schließt er das Fenster bis auf einen Spalt. Zwanzig vor acht kommt er aus dem Haus, läuft bis St. Eriksplan, nimmt dort den Bus bis Ecke Regeringsgatan und Hamngatan, geht zu seiner Speditionsfirma, wo er eine Minute vor acht die Tür aufschließt. Um zehn frühstückt er in der City-Konditorei. Zwei Tassen Kaffee und ein Käsebrot. Eine Minute nach zwölf betritt er eine der beiden Grillbars. Er bestellt sich…«
»Na, was schon?« ermunterte ihn Martin Beck.
»Fisch oder Braten. Zwanzig nach zwölf ist er fertig, macht einen kleinen Spaziergang durch Kungsan oder um den Norrmalmstorg und geht zum Dienst zurück. Fünf nach fünf schließt er ab und geht nach Hause. Bei schlechtem Wetter nimmt er den Bus, sonst geht er Regeringsgatan, Kungsgatan, Drottninggatan, Barnhusgatan, Upplandsgatan, Observatoriegatan, durch Vasaparken, quer über St. Eriksplan, am Birkaplan vorbei nach Hause. Unterwegs kauft er in irgendeinem Selbstbedienungsladen, der nicht zu voll ist, ein. Er kauft täglich Milch und Gebäck, und in regelmäßigen Abständen Brot, Butter, Käse und Marmelade. Acht von vierzehn Abenden hat er zu Hause verbracht und auf die Flimmerkiste geglotzt. Zwei Mittwochabende war er im Kino – ziemlich miese Filme und beide Male mußte ich mit rein. Auf dem Heimweg hat er sich beide Male ein Würstchen, Brot, Senf und Ketchup gekauft. An beiden Sonntagen ist er mit der U-Bahn zum Stadion rausgefahren und hat sich ein Eishockeyspiel angesehen, Stenström natürlich hinterher – die Rechnung für die Tribünenkarte hat er eingereicht… Dienstag abends pflegt er mit drei Kollegen zum Bowling zu gehen, zwei Stunden lang. Sonnabends arbeitet er bis, zwölf, danach geht er ins Löwenbräu und trinkt einen Krug Bier. Dazu bestellt er sich eine
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