Die Tote im Keller - Roman
vorknöpfen. «
Fredrik klang optimistisch, aber Irene wusste, dass der Indianer ein harter Brocken war. Vielleicht war ja weibliche List nötig, um seinen Panzer zu durchdringen?
»Ich wäre bei dem Verhör gerne dabei, wenn ich darf«, sagte Irene.
»Klar.« Fredrik nickte.
»Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Billy und Niklas geschnappt wurden. Hast du die beiden schon vernommen?«, fragte sie Jonny.
»Nein. Ich finde, die Rotznasen können noch etwas in U-Haft schmoren«, sagte er.
Wahrscheinlich hatte er am Wochenende einfach nur keine Lust, sich herzubequemen und sie zu verhören, dachte Irene.
»Tommy und ich wollen sie aber sofort verhören, wenn wir hier fertig sind«, fügte Jonny rasch hinzu und schielte auf Andersson.
Die Miene des Kommissars hellte sich auf, und er nickte zustimmend. Dann sah er Irene über den Rand seiner Lesebrille hinweg an.
»Du hast heute Vormittag mit dem Bericht über deine Heldentaten auf den Kanarischen Inseln vermutlich genug zu tun. Heute Nachmittag bist du dann beim Verhör des Indianers dabei. Ich kann es nicht oft genug sagen: Knöpft euch dieses
Schwein nur ordentlich vor! Er steckt bis zum Hals in dieser verdammten Geschichte mit drin!«, sagte er grimmig. Irene hatte nur einen Einwand.
»Ich kann heute noch keinen Bericht schreiben. Ich muss ins Sahlgrenska-Krankenhaus.«
Andersson öffnete den Mund, und es hatte den Anschein, als wolle er protestieren. Als er jedoch Irenes Blick begegnete, schloss er ihn sofort wieder.
»Geh nicht hin! Sie amputieren dir nur den Arm. Bei so einer großen Schussverletzung. Die tut vermutlich wahnsinnig weh«, sagte Jonny spöttisch.
»Nur wenn ich über deine Witze lache«, erwiderte Irene scharf.
Sie eilte aus dem Zimmer, um sich keine weiteren Kommentare anhören zu müssen.
Es war ein Zweierzimmer, aber es stand nur ein Bett darin. Der Platz am Fenster war leer. Gerd wirkte zwischen den straffen Laken des Krankenhausbetts auf einmal sehr klein. Sie hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Ihr bleiches Gesicht hatte fast dieselbe Farbe wie der weiße Kopfkissenbezug. Zum allerersten Mal fand Irene ihre Mutter alt. Sie schien in den letzten Tagen rasch gealtert zu sein. Um sie nicht zu wecken, näherte sich Irene ganz vorsichtig ihrem Bett. Als hätte sie die Anwesenheit ihrer Tochter gespürt, schlug Gerd die Augen auf und sah sie geradewegs an.
»Hallo, Mama. Wie geht’s?«
Gerd fuhr sich mit der Zungenspitze mehrmals über ihre trockenen Lippen und antwortete dann:
»Doch. Es geht. Kannst du mir einen Schluck Wasser geben ?«
Mit zitternder Hand deutete sie auf das leere Glas auf dem Nachttisch. Irene beugte sich zum Bett vor, umarmte ihre Mutter vorsichtig und küsste sie auf die Wange. Nach dem Sturz schien sie noch zerbrechlicher geworden zu sein. Vielleicht bildete sich Irene das aber auch nur ein. Sie nahm das Glas und
ging zum Waschbecken. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sich der Wasserstrahl auch nur halbwegs kühl anfühlte.
»Stell dir vor, dass man sich auf den Bürgersteig werfen und die Hüfte brechen muss, nur damit man endlich mal mit der Operation an die Reihe kommt!«, sagte Gerd hinter ihrem Rücken.
Als sich Irene zu ihr umdrehte, sah ihre Mutter sie verschmitzt an.
»Ist das nicht etwas übertrieben?«, fragte Irene.
»Vielleicht. Aber jetzt werde ich schließlich operiert. Am Dienstag.«
Gerd klang richtig zufrieden und wirkte zuversichtlich. Irene fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte befürchtet, ihre Mutter könnte deprimiert oder von der Gehirnerschütterung und den Schmerzmitteln verwirrt sein. Beruhigt stellte sie fest, dass Gerd vollkommen unverändert zu sein schien. Irene trat ans Bett und reichte ihr das Wasserglas. Nachdem Gerd ein paar Schlucke getrunken und das fast leere Glas auf dem Nachttisch abgestellt hatte, sagte sie:
»Du musst bei Sture vorbeigehen. Ich war gerade auf dem Weg zu ihm, als das … passierte. Er rief bei mir an, verstehst du. Es ging ihm nicht gut.«
»Was mit dem Herzen?«
»Ja. Ich habe seine Schlüssel in meiner Handtasche. Er hat außer mir schließlich niemanden. Du kannst übrigens auch die Schlüssel zu meiner Wohnung mitnehmen und die Blumen gießen und die Post aus dem Briefkasten nehmen und…«
»Liebe Mama, wir haben bereits deine Ersatzschlüssel. Ich verspreche, dass wir in deiner Wohnung vorbeischauen. Und ich verspreche dir auch, dass ich mit Sture spreche und mich nach seinem Befinden erkundige.«
Gerds eine Hand lag
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