Die Tote im Maar - Eifel Krimi
kompletter Blödsinn.
»Ja? Glaubst du, das nimmt den Leichengeruch? Also, ich weiß nicht.«
Sollte ich das behaupten? Besser nicht. Ich sagte nichts und sprach ein anderes Thema an. »Er bräuchte auch Kleidung. Ich dachte an eine schöne Stoffhose. Und ein tolles Hemd. Keine Krawatte, die konnte er nicht leiden.«
»Isabel … schaffst du das denn? Du musst ihn auch waschen und … solche Sachen.«
Was ihrer Meinung nach unter »solche Sachen« fiel, wollte ich nicht wissen. Waschen würde ich ihn, seine Haare kämmen und mich mit Galen unterhalten, als wäre er nur mal kurz eingenickt.
Er hatte völlig recht, ich brauchte jemanden, der seine Arbeit übernahm. Jemand Realistischen. Luise Sonnenschein würde den Bestatterberuf revolutionieren, indem sie die Farbe des Leichenwagens in Bunt verwandeln würde. Und nicht nur das …
»Was ist in dem Karton?« Endlich kam ich dazu, sie das zu fragen.
»Das Ouija-Brett. Ich hab es wiedergefunden. Ich brauche ja nicht immer nur Karten zu legen, ich könnte mit den Geistern der Verstorbenen kommunizieren. Galen ist verstorben, und …«
»Nein! Du bist gut mit deinen Karten, da zeigen und offenbaren sich Dinge. Warum solltest du das tauschen wollen, und vielleicht gibt das Brett oder was auch immer keine Auskunft.«
»Ehrlich, denkst du, ich bin wirklich gut?« Luise beobachtete mich.
»Na ja, bis auf die verschwommenen Beschreibungen. Also manchmal weiß man nicht genau … eher total ungenau …«
»Isabel!«
Ich packte das Brett schnell wieder ein.
Es ging mir besser, und es lag ausgerechnet am Ouija-Brett. Luise und ich hatten es nicht ausprobiert, ich hatte es kaum richtig angefasst. Aber wir konnten zusammen lachen.
Mein Leben würde weitergehen, während Galens Asche schon bald in einer Urne in einer Steinmauer auf dem Friedhof zu finden sein würde. Ich schuldete ihm etwas und könnte diese Schuld doch nie begleichen.
Blieb noch Vincent Klee, dem ich nicht das Geringste schuldete. Es traf sich ganz gut, dass Luise gegangen war, und zwar wirklich gegangen. Sie hatte mir erklärt, ich könnte das übersinnliche Brett gern behalten, hatte sich aufgerichtet, mich innig umarmt und war dann losgestiefelt.
Ich stand in der Tür und stand da auch noch, als Vincent Klees Wagen vorfuhr.
Er sah mich an, erleichtert und ein wenig traurig. Der Fall war abgeschlossen, bald würde er mich und Schalkenmehren vergessen haben. Ich wünschte es mir und wünschte es mir nicht.
Seine Berührung löste ein Gefühl in mir aus, das ich mit aller Macht negieren musste. Die Schauspielerin Isabel, und ich hoffte, ich würde überzeugen. Ich bat ihn herein, und wir schwiegen eine Weile, bis die Weile sich auszudehnen drohte und er seine Einleitung begann.
»Er hat dich gebeten, ihn zu beerdigen, aber er hat dich noch um etwas anderes gebeten.« Vincent setzte sich, lehnte jedoch jede Bewirtung ab. Ich hatte aus Höflichkeit gefragt, ich wollte einfach, dass er ganz schnell wieder ging. Weil ich nicht wusste, wie lange ich diese unbeteiligte Maske bewahren konnte.
»Ich bin mir beinahe sicher, du wirst es wissen, aber falls nicht … Galen hatte nur einmal die Absicht, mich zu töten, und zwar in der Nacht, als du mein Leben gerettet hast. Gestern wollte er dafür sorgen, dass ich dich in Frieden lasse. Ich kenne die Geschichte, Isabel. Katharinas Geschichte. Ich kannte sie schon vorher. Aber es ist Kristina, die im Familiengrab liegt.«
»Ja«, sagte ich wahrheitsgemäß, weil er Mittel und Wege haben würde, eine Exhumierung zu veranlassen. Das wollte ich auf keinen Fall provozieren. Galen hatte die Tötung gestanden. Katharinas Aufenthaltsort hätte er nie preisgegeben. Dann würde ich es auch nicht.
»Meine Mutter ist an einem schönen Ort«, sagte ich. »Sie wird nicht zurückkommen.« Und mir gelang ein Lächeln.
Danke
Bestattungsinstitut Rech, am Bischofsplatz in Mainz: Ich ließ mir einiges erzählen und war ziemlich beeindruckt von einem schwarzen Sarg mit geschliffenen Swarovski-Kristallelementen. So facettenreich wie das Leben eines jeden Verstorbenen.
Einen Bestatter zu seinen guten Bekannten zu zählen, mag morbide klingen, Aufmerksamkeit erregt man ganz sicher, doch es gibt einem auch die Möglichkeit, vor der Zeit einige Dinge zu regeln.
Meine Wahl wäre die Kremierung, doch bitte noch nicht ganz so schnell …
Mors certa, hora incerta – Der Tod ist gewiss, ungewiss (ist) seine Stunde.
Ina May
TOD AM CHIEMSEE
Oberbayern Krimi
ISBN
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