Die Tote im Maar - Eifel Krimi
Abschied, dann wandte er sich ab und trottete zur Tür.
»Ich habe keine Ahnung, welche Blumen er mag«, sagte ich, als wäre es das denkbar Schlimmste. Meine Gedanken waren leer, doch ich musste eine Entscheidung treffen. Vincent hatte gewartet. Ich tat es nicht. »Wenn die Rechtsmedizin Galens Körper freigibt, dann bitte ich um einen Anruf. Ich komme ihn abholen.« Sie würden seine Leiche zuerst haben wollen.
Er würde mir nicht sagen, was zu tun war und was das Beste sein würde, und ich war ihm dankbar. Er nickte und versprach, alles zu veranlassen. »Ich muss mit dir reden«, sagte er dann. »Ich komme, sobald ich kann.«
Wie bald würde das sein?, fragte ich mich.
Er hatte vor, mir mitzuteilen, was sich ereignet hatte und wie Galen gestorben war. Womöglich ahnte ich es bereits. Aber woher sollte ich wissen, welchen Brief Galen meinte?
Luise hatte nichts gesagt, aber jetzt quetschte sie sich mit Johnny und einem Karton in mein Auto.
Wenn Galen einen Brief hinterlegt hatte, dann bestimmt nicht im Institut, wo ihn Paula und Conny entdecken könnten. Bei mir zu Hause?
»Ich muss etwas finden. Vielleicht muss ich auch jemanden finden«, sagte ich zu Luise. Galens letzte Worte waren ohne Zusammenhang gewesen, wie sollte ich in der Geschwindigkeit denken, während ich bemüht war, nicht durchzudrehen?
»Er sagte etwas von Katharina. Er wusste, wo sie ist?«, fragte Luise.
»Johnny weiß es auch«, sagte ich. »Nur ich wusste es nicht.«
26
Der Lieblingsplatz meiner Mutter. Die Linde im Garten. Und Galens erschrockener Gesichtsausdruck, als ich sagte, ich wolle Kleiner Bär im Garten beerdigen.
Ich teilte mit Luise. Galens letzte Worte und meine Vermutung. Wir nahmen meinen Wagen, aber Luise steuerte ihn. Mit einer Hand, weil sie mit der anderen meine festhielt. Ich hatte beinahe alles verloren, musste ich denken, aber ich hatte die beste Freundin, die man sich wünschen kann.
Johnny war als Erster aus dem Fond gehüpft, als ich die Tür aufmachte. Der Mini war eben das – mini.
Wir gingen ins Haus, und ich machte uns Kaffee. Und während ich noch herumhantierte, wedelte Luise mit einem Kuvert.
»Er hat den Brief an das Foto von Katharina gelehnt.«
Sie deutete meinen Gesichtsausdruck richtig. »Wir lesen ihn zusammen.«
Wer hätte gedacht, dass das auch Galens erste Worte waren:
Lies ihn nicht allein. Ich zwinge dich, dich zu erinnern. Es wird im doppelten Sinn wehtun.
Du hast vergessen, mich nach den Blumen zu fragen – Nelken, für Freundschaft und Liebe; aber ich mag sie tatsächlich. Du machst nichts falsch.
Ich weinte bereits bitterlich, und dabei hatten wir noch kein einziges Wort des angekündigten schmerzhaften Erinnerns gelesen.
Du konntest es eine Zeit lang vergessen, obwohl man niemals etwas ganz vergisst.
Und ich wusste, es würde zu dir zurückkommen. Mit aller Macht. Ich wusste nur nicht, wann. Dann fand man Kristina.
Du hast dich an den Spiegel erinnert. Geh ein Stück weiter …
Es ist Nacht, sie ist gekommen, deine Mutter zu töten. Eine kranke Frau, voller Hass. Sie hat ein Rasiermesser in der Hand.
Du hast die Schreie gehört. Isabel, du musst sie noch einmal hören.
Luise las, ich konnte die Worte nicht mehr sehen, aber ich hörte sie. Ich versank in den Strudeln meiner Erinnerung.
Kristina. Ich hatte Stimmen gehört, war aus meinem Zimmer hinunter in den Gang gelaufen. Besuch, so spät abends? Ich hatte mich leise verhalten. Ich schlich um die Ecke. Mein Vater und Galen waren noch im Institut.
Sie standen mit dem Rücken zu mir.
Im Spiegel sah ich ihr Gesicht und das meiner Mutter. Zwei, die aussahen, als wären sie eins. Ich hielt die Hand vor den Mund, nicht sicher, ob ich nicht vielleicht träumte.
Das Gesicht meiner Mutter drückte Sorge aus, das konnte ich sehen. Dann bemerkte ich das Messer, das die andere Frau vor sich hielt.
Es war kein richtiges Messer, wie ich es kannte, aber es machte mir Angst. Die andere sah so zufrieden aus, und bei ihren Worten wurde mir eiskalt. Sie rief etwas, dass meine Mutter das Leben führte, das ihr gehöre – sie würde es ihr wegnehmen. Wenn sie mit Katharina fertig wäre, gäbe es nur noch eine mit diesem Gesicht.
Meine Mutter sah den Angriff nicht kommen. Die andere fuhr mit der Klinge durch ihr Gesicht, über ihren Hals, bis das Blut über ihre Hände lief und sie auf dem Boden zusammenbrach. Das hatte ich gesehen, diese Todesbilder waren Wirklichkeit.
Ich schrie und weinte um meine Mutter, während der Blick der
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