Die Tote im Maar - Eifel Krimi
und ich gebe Ihnen dafür etwas anderes.« Es hörte sich selbstsicher an, und einen Augenblick konnte sich Vincent vorstellen, wie Galen Blocher, der Banker, mühelos überzeugte. Gerade tat er es mit einer Waffe in der Hand.
»Es geht um einen alten, ungelösten Fall. Auch Mord kommt darin vor.«
»Der Grund, weshalb Sie nach Schalkenmehren gekommen sind. Der Grund, weshalb Sie alles aufgegeben haben. Ich hab wirklich versucht, es herauszubekommen, aber alles, was ich hatte, waren Frankfurt am Main, Ihre Bank und ein ehemaliger Kollege, der heute in New York sitzt.« Vincent rutschte ein Stück nach oben, wie er hoffte, unbemerkt.
»Ich erzähle Ihnen nichts von Reue, denn das ist allein meine Sache, aber ich erzähle Ihnen, wie der Spielbankraub ablief, wie ich Henning Weiß erschoss und wie Kristina Dissen zu Tode kam im Sommer vor neunzehn Jahren.«
Ein Überfall auf eine Spielbank. Wie hätte ich darauf kommen sollen?, fragte sich Vincent. »Und wenn Sie mit Erzählen fertig sind, was dann?«, wollte er wissen. Ihm entging der Sinn des Ganzen.
»Sie brauchen das Handy nicht zu verstecken«, bekam er gesagt. »Ich weiß, dass ich es nicht mit einem dummen Mann zu tun habe, Sie dürfen im Gegenzug das Gleiche annehmen.«
Es war nicht die Dummheit der Täter, es war deren Überheblichkeit. Dieser Täter aber war vorsichtig.
»Ich würde gern Ihre Augen sehen, lassen Sie mich das Licht einschalten. Irgendeines. Die Pistole ignoriere ich. Erst mal.« Vincent wusste, sie war da und sie war auf ihn gerichtet. Er würde sie gut im Blick behalten. Reagieren konnte er dann immer noch. Hoffentlich.
Warum wollte ihm Galen Blocher überhaupt etwas erzählen? Absolution gab es vielleicht in der Kirche, hier gab es sie nicht.
Der Mordanschlag auf ihn hätte einen Sinn ergeben. Der Einbruch in sein Zimmer, das Geständnis mit vorgehaltener Waffe ergaben keinen. Dieser Mann wollte etwas völlig anderes.
»Machen Sie das Licht an, wenn Sie sich dann besser fühlen«, sagte Blocher.
Von Besserfühlen war keine Rede. Vincent schlug die Bettdecke zurück, schwang die Beine über den Bettrand und schaltete die Nachttischlampe an. Vielleicht fühlte er sich tatsächlich ein klein wenig besser, wenn er saß.
»Sie inszenieren hier etwas. Ginge das eventuell auch weniger theatralisch? Weniger scharf bewaffnet?«
Die nachfolgende Antwort ließ Vincent frieren.
»Am Ende der Nacht werden Sie mich vielleicht töten«, sagte Galen Blocher.
Vielleicht. Das besagte, es könnte sich auch umgekehrt verhalten, und Vincent läge tot im Bett, denn da gab es immer noch Galens geliebten Menschen, Isabel.
Erst mal war es besser, nichts mehr zu sagen. Er sollte sich stattdessen überlegen, wie er die Sache zu einem guten Ende brachte.
»Es war eine Sommernacht«, begann Galen, »und Kristina kam zurück, um Katharina zu töten. Sie traf ihre Schwester nicht mehr an, da war Katharina schon fort. Vielleicht aus Angst. Sie wusste, Kristina würde sie überall finden. Um ihre Familie nicht in Gefahr zu bringen, hatte sie Schalkenmehren verlassen. Schalkenmehren und Isabel und Roman. Wie sollte Roman Friedrich das seinem Kind erklären?«
Vincent ließ Blocher nicht aus den Augen. Der Mann verzog kurz das Gesicht, als hätte er Schmerzen.
»In jener Nacht drang Kristina ins Haus ein. Roman Friedrich und ich waren im Wohnzimmer und besprachen gerade die bevorstehende Doppelbestattung eines Ehepaars. Isabel schlief in ihrem Zimmer.«
Er sprach Isabels Namen liebevoll aus, und sein Blick veränderte sich.
»Wir hatten Kristina nicht gehört, bis Roman aufstand, um aus dem Institut noch einige Unterlagen zu holen. Im Gang erwartete ihn Kristina, ein Rasiermesser in der Hand. Sie ging auf ihn los und verletzte ihn an der Brust. Ich hörte ihren zornigen Schrei, und Isabel musste ihn auch gehört haben. Im Gang hing ein großer antiker Spiegel in einem Goldrahmen. Ich hatte keine Waffe, und mir blieb keine Zeit, um nachzudenken. Ich warf die Porzellanvase, die auf einem Sockel davorstand, in den Spiegel und griff mir eine spitze Scherbe.«
Die Scherben des alten Spiegels. Vincent nickte, und Galen erhob die linke Hand, ballte sie zur Faust, und stieß damit einige Male abwärts. Sein Gesicht war eine Maske des Zorns.
»Ich würde sie töten. Das und nichts anderes war meine Absicht. Isabel bemerkte ich erst, als meine Hände voller Blut waren, Kristina leblos vor mir lag, ihr Körper mit einem Dutzend Wunden übersät. Wir erklärten
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