Die Tote im Maar - Eifel Krimi
war ehrlich genug, um mir einzugestehen, dass es nicht klappen würde. An meinen Händen war kein Blut, weil es nur in meinem Kopf existierte.
Luise hatte für mich eines ihrer langen, hochgeschlossenen Versteck-dich-Kleider ausgesucht. Brombeerfarben und mit einem Gürtel um die Taille.
Ich zögerte das Unausweichliche noch etwas hinaus und schnappte mir Johnnys Föhn. Aber dann waren auch meine Haare trocken. Irgendwann würde ich Farbe bekennen müssen, und das hatte rein gar nichts mit dem Brombeerkleid zu tun.
Luise schenkte uns Saft ein, aus den Obstgärten des Weinguts, wie ich vermutete.
»Setz dich und dann raus mit der Sprache«, wurde ich aufgefordert. Darum gab es keinen Wein, sie wollte mich nicht davonkommen lassen.
Johnny wartete gespannt, jedenfalls hatte ich den Eindruck. Blödsinn, und das wahrscheinlich gründlich.
Ich machte es mir neben Luise auf der Couch gemütlich. Brombeer auf Sand mit grünen Gräsern. Ihr Wohn- und Esszimmer war in zwei Ebenen unterteilt, was es gemütlicher erscheinen ließ.
»Pfarrer Wagner ist schuld«, sagte ich, weil ich jemanden brauchte, dem ich es in die Schuhe schieben konnte. Es, das war mein Ausflug zur Kapelle, um Zelda die Terminänderung mitzuteilen.
Ich berichtete Luise, dass er zu mir gekommen war, mit einer Beschwerde und Pflastern im Gesicht. »Seiner Erklärung nach ist es eine Hautkrankheit, aber im Ort hat sich die Diagnose vermutlich schon zur Pest ausgewachsen. Er sieht schrecklich aus, und ich will nicht, dass er so am Grab von Zelda Krieger steht. Das wollte ich Zelda sagen …« Kaum hatte ich es ausgesprochen, wusste ich, wie ich mich anhörte.
»Ist etwas mit Zelda Krieger?«, fragte mich Luise argwöhnisch. »Das ist doch die alte Dame, die gestern noch tot war und zu deren Trauerfeier ich gehen soll.«
»Sie ist immer noch tot«, sagte ich.
»Na ja, ich dachte, sie hätte sich vielleicht aus dem Sarg erhoben, so was gab es doch schon.«
Ich sah Luise strafend an. Nein, so was gab es nicht. Ich wusste von einem rechtsmedizinischen Institut, in dem sich eine Frau von der Bahre in der Leichenhalle erhoben hatte, aber niemand erhob sich aus dem Sarg.
»Du warst panisch und einen Tick hysterisch«, sagte Luise. »Was hätte ich denn glauben sollen?«
Ich trank einen Schluck Saft. Panisch. Hysterisch. Toll!
»Ich habe Angst.« Jetzt hatte ich es ausgesprochen, und es gab kein Zurück mehr. »Das Unwetter vorhin … Ich habe etwas gesehen … jemanden. Es war Katharina, und da war Blut.«
»Du hast sie aber nicht wirklich gesehen, oder? Und auch nicht das Blut.« Luise nahm meine Hand. Das hatten wir früher immer getan, wenn eine von uns Kummer gehabt hatte. Geteiltes Leid.
Ich schüttelte den Kopf. »Angefangen hat es nach dem Autounfall. Es sind kurze Szenen, ich weiß nicht, wie es zustande kommt oder wodurch es ausgelöst wird. Ich weiß nicht einmal, was ich da sehe.« Es gab niemanden mehr, den ich fragen konnte. Meine Mutter Katharina war lange fort. Mein Vater hatte mir damals erzählt, sie hätte einige Zeit mit sich allein sein wollen. Ich hatte sie das letzte Mal gesehen, als ich neun Jahre alt gewesen war. Sie war nie zu uns zurückgekommen.
Die Geheimnisse meines Vaters. Da war etwas, und ich bekam es nicht zu fassen. Und jetzt drehte sich in meiner Wahrnehmung alles wieder, und ich war auf verlorenem Posten. »Ich bin irgendwohin gefahren an dem Tag. Wenn ich nur wüsste, wo ich gewesen bin.« Ich sagte Luise, was im Kalender stand.
»Freud, das war der mit dem Über-Ich und den zahllosen Komplexen … So wie er aussah, kann er kein angenehmer Mensch gewesen sein«, kommentierte Luise. »Oh, und er war vier Jahre verlobt. Das hab ich irgendwo gelesen. Sagt mir, dass er nicht sonderlich entschlussfreudig war.«
Willkürlich zusammengewürfelte Informationen, aber sie brachten mich zum Lachen.
»Kann es sein, dass du bei so jemandem warst?«, wollte Luise von mir wissen. »Vor dem Unfall hat dir doch nichts gefehlt. Oder du hast nur nichts gesagt«, überlegte sie und drückte meine Hand fester. »Isabel, es hat vorhin nur geregnet, es gab kein Unwetter.«
4
Luise bestand darauf, den geföhnten Johnny und mich mit dem Auto nach Hause zu bringen. Zu Fuß hätten wir nur wieder über den Hügel, hinunter ins Tal und ein Stückchen auf dem Maarweg laufen müssen. Aber mit dem Kleid wäre es sicher kein Spaß gewesen, und so war ich ihr dankbar.
Wir hatten gerade das Ortsschild von Schalkenmehren passiert, als uns
Weitere Kostenlose Bücher