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Die Tote im Maar - Eifel Krimi

Die Tote im Maar - Eifel Krimi

Titel: Die Tote im Maar - Eifel Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und so manch einer meinte heute noch, den geisterhaften Grafen am Totenmaar gesehen zu haben. Was natürlich nicht der Grund war, weshalb ich Kleiner Bär nicht übers Wasser schicken wollte. Mir wäre eine Seebestattung für einen Kater nur wie ein Frevel vorgekommen. Vielleicht war ich auch ein klein wenig abergläubisch. Die alten Geschichten besaßen noch immer Macht.
    Galen bemerkte, dass ich mich irgendwo in der Vergangenheit verhakt hatte, und für einen Augenblick schien es, als wollte er etwas sagen. Dann war der Moment vorbei.
    »Ich muss heute noch eine Totenmesse halten«, verkündete ich. »Und ich würde es gern ein wenig feierlich gestalten, obwohl das nicht so leicht ist, weil das Grab in einem Garten liegt.«
    »In diesem Garten?«, fragte Galen. Vielleicht täuschte ich mich, und es war nur ein flüchtiger Eindruck, aber ich meinte, er wäre dabei blass geworden.
    »Nein, natürlich nicht. Bei Luise.«
    »Wen hat es denn ereilt? Schnüffli, Otto Hahn oder Kleiner Bär? Und warum hab ich noch nichts davon gehört?«
    Ich hatte mich getäuscht, denn Galens Stimme klang belustigt. Er wusste alles über die aktuelle Menagerie von Luises Neffen. Kunststück, denn alle naselang stand entweder ein Termin beim Tierarzt an oder ein Trauerfall ins Haus. Galen war meist derjenige, den Fabian bat zu kommen. Ausschließlich weibliche Trauerbegleiter, das ging seiner Meinung nach gar nicht.
    Schnüffli war ein Meerschweinchen, ein wirklich zähes Ding. Dauernd verschnupft, mit Triefnase, wenn man das bei Meerschweinen so nennen konnte. Otto Hahn war ein selbiger. Sein morgendlicher Ruf ertönte meist erst um die Mittagszeit, und er klang grässlich asthmatisch.
    »Kleiner Bär wurde überfahren«, setzte ich Galen ins Bild. Luises Beschreibung ließ wenig Raum, etwas anderes zu vermuten.
    Wir vereinbarten, dass Galen den Sargträger geben würde – den Kartonträger –, wenn der Kater erst aus dem Getränkekühlschrank überführt worden war.
    »Das kann ich auch übernehmen«, bot Galen an. »Eine Rekonstruktion hast du sicher nicht vor.« Hatte ich nicht, kein offener Karton bei der Beerdigung. Eine Rekonstruktion ist nach Unfällen sinnvoll, wenn der Leichnam entstellt ist. Hier war der Leichnam auch entstellt, aber trotzdem blieb die Schachtel zu.
    Wenig später hatte ich ein neues Paar Handschuhe übergestreift und widmete mich wieder meiner Klientin. Auf einem Tischchen neben der Rollbahre standen Dutzende Tiegel und Töpfe, in die ich meine Pinsel tauchte. Ich war die Visagistin der Toten.
    Stille hüllte mich ein. Als ich einen Schlag und ein Splittern hörte, dachte ich zuerst, es wäre etwas zu Bruch gegangen. Dann sah ich in Zeldas Gesicht und … es gehörte nicht länger Zelda Krieger.
    Der Pinsel flog aus meiner Hand und drehte eine Pirouette – ich hätte geschworen, dass die Zeit sich vor meinen Augen verlangsamte. Meine Arme sackten herab, meine Knie gaben nach, ich verlor die Kontrolle über meinen Körper.
    Oder verlor ich die Kontrolle über meinen Geist?
    Ich versuchte nicht, mich festzuhalten, ich versuchte gar nichts. Wie ein nasser Sack sank ich auf den Fliesenboden.
    Ich hatte in das gequälte Gesicht meiner Mutter gesehen.
    Und diesmal war es mir gleich, dass ich Handschuhe trug und gerade eine Tote berührt hatte, ich presste mir die Handballen auf die Augen, so fest, dass es schmerzte.
    Was war los mit mir? Luise hatte nach meinem Kopf gefragt, ich fragte mich das Gleiche. Der Unfall hatte etwas ausgelöst. Warum sah ich ausgerechnet meine Mutter, warum Katharina? Ihre Augen hatten mich groß und angstvoll angeblickt.
    Was war mir zugestoßen – und was Katharina?
    Jetzt fürchtete ich mich davor, Zelda Krieger noch einmal anzuschauen.
    »Wie konntest du von uns gehen …«, drang es tragend über den Rasen, als Galen den Karton, der nicht mehr als solcher zu erkennen war, am sorgsam ausgehobenen Katergrab absetzte.
    Xavier Naidoo trauerte hörbar. Ich glaube, der Song nennt sich »Abschied nehmen«, und ich konnte nur denken: »Auf wessen Konto geht die Musikauswahl?« und »Was steht uns wohl noch bevor?«.
    Lampions waren entzündet worden und standen bunt und leuchtend nächtliches Spalier. Außerdem gab es Blumenschmuck.
    Kleiner Bär fuhr nicht übers Wasser, dafür war er über duftenden Rosenblättern zu seiner letzten Ruhestätte getragen worden.
    Ich wollte gerade ansetzen, ein paar nette Worte zu sagen, um Kleiner Bär gebührend zu verabschieden, da fluchte Luise

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