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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zu gehen, und das an einem so nebligen Tag.« Ein süffisantes Grinsen stahl sich auf Johannes’ Lippen. »Vielleicht wollte sie zu der alten Hexe. Ist doch möglich, dass sie Schwierigkeiten hatte, die ein junges Mädchen … nun einmal nicht haben sollte, oder?« Seine Augen funkelten, als er sich vorlehnte und Paul und Wilhelm deutete, näher zu rücken. »Wenn es so wäre, wäre das ein guter Grund, warum sie alleine gegangen ist, oder? Schließlich soll niemand davon erfahren. Und wenn sie wirklich vergiftet wurde … « Er verstummte bedeutungsvoll.
    »Du meinst, die Hexe hat sie vergiftet?«, flüsterte Caspar. »Ich habe gehört, sie sei eine Kinderfresserin und sie … «
    »Helene war nicht dort!«
    Mit einem lauten Knall schlug das Brett mit den vollen Bierkrügen auf der Tischplatte auf. Wilhelm zuckte erschrocken zurück, blickte verdutzt zu dem pickligen jungen Mann, der mit zornesroten Wangen vor ihnen stand.
    »Helene war nie dort! Hört auf, so etwas zu sagen!«
    »Ach, nun reg dich nicht auf, Hans!«, winkte Johannes ab und verzog angewidert das Gesicht, als er seine Kappe aus der Bierlache fischte. »Hol lieber einen Lappen und wisch die Schweinerei hier weg! Kannst du nicht aufpassen, du Tollpatsch?«
    Die Lippen des Jungen bebten, deutlich konnte man den Kiefer über dem mageren Hals arbeiten sehen, und für einen Moment sah es so aus, als wollte er Johannes an die Gurgel gehen. Doch dann warf er sich herum, drängte sich grob durch den Schankraum und stürmte hinaus.
    »He!«, brüllte Johannes ihm nach und wollte aufspringen. »Was ist mit dem Bier?«
    »Lass gut sein.« Paul hielt ihn zurück. Von den anderen Tischen warf man ihnen inzwischen missfällige Blicke zu. »Lass ihn einfach.«
    »Der wird mich noch kennenlernen«, fluchte Johannes, ließ sich aber wieder auf seinen Stuhl fallen. »Was fällt dem eigentlich ein?«
    »Was hat er eigentlich?«, fragte Wilhelm. Er kannte den Sonnen-Hans nur als in sich gekehrten und schweigsamen Zeitgenossen, der tagsüber Vorratsfässer in den Keller wuchtete und abends stumm Bier und Apfelwein verteilte.
    Caspar lehnte sich zu ihm herüber und kicherte. »Na, der hatte sich doch in die schöne Helene verguckt. Er hat ihr jeden Morgen Blumen vor die Tür gelegt. Manchmal haben wir einen Pferdeapfel dazugelegt, wenn er wieder weg war.«
    »Das heißt, er kannte Helene?«
    »Ja, und wenn ich nicht genau wüsste, dass die kleine Helene ein so tugendhaftes Wesen war, würde ich darauf wetten, dass er ihr ein Kind gemacht hat«, knurrte Johannes. »Der war eifersüchtig auf alles und jeden, der sich Helene genähert hat.«
    Wilhelm sprang auf, sodass der Stuhl zu Boden krachte. Eifersüchtig … »Passt auf mein Bier auf. Bin gleich wieder da.«
    »Wo willst du hin?«, rief ihm Paul nach, doch Wilhelm antwortete nicht mehr, sondern schob sich zwischen den Tischen hindurch zur Tür. Unerwartet kalt umfing ihn die Nachtluft, leichter Nebel hatte sich zwischen den Häusern gebildet, wie ein feuchter, feiner Schleier, der die Umrisse verwischte und das Licht der Stuben in ein diffuses Leuchten verwandelte.
    »Hans!« Wilhelm machte ein paar Schritte auf den Marktplatz hinaus, die in der Stille des Nebels ungewohnt hart widerklangen. »Hans, wo bist du?« Suchend blickte er sich um, lief hinunter zur Barfüßerstraße, lauschte erneut. »Komm raus, ich will mit dir reden!«
    »Ich rede nicht!«
    Wilhelms Kopf ruckte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Aus den Augenwinkeln erkannte er eine Gestalt, die sich aus dem Schatten einer Hauswand löste und in der Nikolaistraße verschwand.
    »Hans!« Wilhelm rannte los. »Warte!« Irgendwo vor sich hörte er schnelle Schritte, die die Gasse hinaufeilten. Vielleicht wollte der Junge zur Pfarrkirche, schoss es Wilhelm durch den Kopf, oder er hoffte, ihn im Gewirr der Gassen und Treppen abhängen zu können. Wilhelm beschleunigte seine Schritte. Sein Atem ging rasselnd, schmerzte in der Brust durch die ungewohnte Anstrengung.
    »Ich tu dir nichts!«, keuchte er. »Ich will nur mit dir reden!«
    »Um Lügen über Helene zu verbreiten?« Unvermittelt tauchte ein Schatten neben Wilhelm auf, etwas flog auf ihn zu. Im letzten Moment gelang es ihm, den Kopf zur Seite zu ziehen, sodass ihn das Brett nur an der Wange streifte, anstatt ihn mit voller Wucht zu treffen. »Ihr habt sie auf dem Gewissen!« Hans riss das Brett zurück, um ein zweites Mal zuzuschlagen. »Du und dein Freund und alle anderen! Ihr habt sie

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