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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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das letzte Mal als Kind getan hatte. Dennoch schien sie ihm richtig, denn er spürte, wie ein tiefer Seufzer die Mutter durchlief und sie für einen Moment den Kopf an seine Schulter lehnte.
    »Willkommen daheim, Junge«, murmelte sie, ehe sie sich behutsam löste und ihn prüfend musterte. »Du bist erwachsen geworden.«
    »Das liegt im Lauf der Natur.« Julius erwiderte ihren Blick. »Ich hoffe, es war die richtige Entscheidung, Ihrem Drängen nachzugeben.«
    »Das war es. Vor manchen Dingen kann man sich nicht ewig verstecken.«
    »Ist das der Grund, weshalb Sie wollten, dass ich zurückkehre?«
    »Nicht nur.« Die Mutter lächelte matt. »Dein Vater ist ein guter Mann, auch wenn er oft ungerecht ist. Aber ich lasse nicht zu, dass er meine Söhne forttreibt. Er muss einsehen, dass er nicht jedem seinen Willen aufzwingen kann.«
    Julius runzelte die Stirn. »Hermann machte nicht den Eindruck, von Vater herumgestoßen zu werden.«
    »Hermann tut, was dein Vater sagt.« Die Mutter legte eine Hand auf seinen Arm. »Genau wie Heinrich und Gustav. Du bist der Einzige, der ihm die Stirn bietet. Ihr seid euch zu ähnlich. Und deshalb ist es gut, dass du zurückgekommen bist, mein Sohn.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. »Zeig ihm, aus welchem Holz du geschnitzt bist«, flüsterte sie.
    Die Köchin hatte in den Jahren seiner Abwesenheit nichts dazugelernt, stellte Julius während des Essens fest. Der Suppe fehlte das Salz, das am Braten zu reichlich war, und die Rüben waren zu einem undefinierbaren Mus ohne jeden Geschmack zerkocht. Dennoch aß Julius der Höflichkeit halber, während er Hermann und Louise lauschte, die von Hermanns bevorstehendem Ruf nach Heidelberg erzählten. Es war vor allem Louise, die die Vorzüge ihres Gatten herausstrich und bitterlich die Ungerechtigkeit beklagte, dass er erst jetzt eine Anstellung als Justiziar gefunden habe, obwohl er es seit Jahren mehr verdient habe als all die Stümper, die man ihm vorgezogen habe. Ein eitles, auf Schein bedachtes Huhn, kam es Julius in den Sinn, und er beschloss, seinen ersten Eindruck zu revidieren. Hermann unternahm ein paar halbherzige Versuche, sie zu bremsen, aber Julius beschlich das Gefühl, dass ihm die Lobhudelei seiner Gattin durchaus schmeichelte.
    Sein Vater sprach dagegen wenig und ergriff erst das Wort, als die Bratenreste abgetragen wurden und die Köchin das Dessert verteilte.
    »Ich hoffe, du weißt, dass es nicht leicht war, den Kurfürsten und die Medicinal-Deputation von deiner Qualifikation zu überzeugen«, begann er, ohne sich darum zu scheren, dass er seiner Schwiegertochter ins Wort fiel. »Es gab Bedenken, deine Loyalität betreffend, und manche sehen sich nach deinen ersten Auftritten bestätigt. Du hast es Baldinger zu verdanken, dass man dir die Gelegenheit zur Reputation gibt. Ich erwarte keine Klagen diesbezüglich.«
    »Sicher nicht, Vater. Man hat mir sehr deutlich gemacht, was von mir erwartet wird und was nicht.« Julius schob das Schälchen von sich und legte den Löffel daneben ab. »Wie heißt es? Wes Brot ich fress’, des Lied ich sing . Auch wenn es noch so schief sein mag.«
    Der Vater hob drohend eine Augenbraue. »Werde nicht frech. Dass ich mich für dich eingesetzt habe, geschah wider besseres Wissen. Ich werde nicht die Hand über dich halten, wenn du meinst, dich wie ein Sansculotte verhalten zu müssen.«
    »Verzeihen Sie, Vater, aber diese Art des Pöbels ist mir zutiefst zuwider.« Julius bezweifelte, dass sein Vater wusste, welche Ideen die Sansculotten vertraten, aber vermutlich war für ihn ein Franzose wie der andere – unverbesserliche Revolutionäre, die ihren König geköpft und einen korsischen Leutnant zum Konsul gemacht hatten. Dass Julius derlei Ideen ebenso verabscheute wie diesen Wendehals von einem Kurfürsten, der im Kielwasser Napoleons seinen Vorteil witterte, spielte für den Vater vermutlich keine Rolle. Für den Ratsherrn und Syndikus Laumann war alles revolutionär und französisch, was seinen eigenen Ansichten widersprach, und allein die Tatsache, dass Julius nach Paris gegangen war, hatte ihn zutiefst erzürnt und jahrelang schweigen lassen.
    Der Vater zog den Kneifer ein wenig nach unten, sodass er Julius über die Ränder hinweg ansehen konnte. »Ich weiß, dass du in Frankreich viel wirres Zeug gehört und gesehen hast, aber du wirst dich von nun an den Regeln beugen. Du bringst uns alle in Misskredit mit deinem unverantwortlichen

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