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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Er wollte nichts hören, nichts sehen, nur nach Hause und sich in seiner Kammer verkriechen. Und um seine Prinzessin trauern.

VI
    Vielleicht könnte Helene noch leben, wenn ihr Vater nicht ständig auf Reisen gewesen wäre, ging es Sophie durch den Kopf, als sie sich am nächsten Mittag auf den Weg zum Haus der Wittgens machte. Vielleicht hätte er verhindern können, was Katharina ihr angetan hatte – wenn er nur dagewesen wäre.
    Das Herz klopfte Sophie bis zum Hals, als sie den Türklopfer hob und gegen die eichene Haustür fallen ließ. Sie besuchte womöglich eine Mörderin, die skrupellos genug war, ihre Stieftochter umzubringen. Jetzt, da sie auf der Türschwelle stand, kam ihr Mut ins Wanken. Sie hätte auf Wilhelm warten sollen, aber der war heute Morgen bei Savigny, wie ihr ein verschlafener Paul Wiegand mitgeteilt hatte. Einen Moment hatte sie tatsächlich erwogen, die Vorlesung zu stören und Wilhelm um seine Begleitung zu bitte, war jedoch schnell wieder davon abgekommen. Das Studium schien ihm und seinem Bruder heilig zu sein, und Sophie war sich keineswegs sicher, ob er ihr eine Störung verzieh. Es würde schon nichts passieren, sprach sie sich noch einmal vor, schloss die Augen kurz und atmete tief durch, ehe sie erneut nach dem Klopfer griff.
    Es dauerte eine Weile, bis sie Schritte vernahm und das Dienstmädchen öffnete.
    »Fräulein Dierlinger … «
    »Ich will zu Frau Wittgen«, erklärte Sophie bestimmt und hob das Kinn, um entschlossen zu wirken. Bloß keine Furcht zeigen. »Ich muss dringend mit ihr sprechen.«
    »Das ist schlecht, fürchte ich.«
    »Warum?«
    »Sie fühlt sich nicht wohl.« Die Magd warf einen verstohlenen Blick über die Schulter. »Soll ich ihr etwas ausrichten?«
    »Nein, ich muss selbst mit ihr sprechen«, schüttelte sie den Kopf. »Ich bleibe nicht lange. Bitte. Es ist wirklich dringend.«
    »Ich kann sie fragen«, sagte die Magd widerstrebend und verschwand im Haus. Als sie zurückkam, teilte sie Sophie mit, dass die Hausherrin in der Stube sei und sie erwarte. »Seid freundlich«, raunte sie ihr noch zu, als sie sie die Treppe hinauf zu den Wohnräumen führte. »Madame geht es heute wirklich nicht gut.«
    Sophie nickte und trat ein. Es roch muffig in der Stube, trotz der unangenehmen Kälte, die Sophie unwillkürlich frösteln ließ. Katharina saß auf dem Sofa, eine Decke über die Knie gebettet und ein Buch aufgeschlagen auf dem Schoß. Bei Sophies Eintreten klappte sie es zu und legte es beiseite. Ihr Gesicht war fahl und gleichzeitig rotfleckig. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen, und das Lächeln wirkte zu verkniffen, um ehrlich zu sein.
    »Fräulein Dierlinger. Was kann ich für Sie tun? Ich hoffe, es geht nicht wieder um Helene?«
    »Ich fürchte doch.« Sophie zwang sich zu einem freundlichen Ton und trat näher, nahm auf Aufforderung Katharinas Platz. Ihre Hände zitterten, sodass sie sie eilig auf die Oberschenkel ablegte. Gütiger Gott, was tat sie hier? »Ich wollte noch fragen … Da gibt es noch ein, zwei Dinge, die ich einfach nicht verstehe.«
    Katharinas Lippen wurden schmal. »Ich dachte, mein Gemahl hat sich klar ausgedrückt? Helene ist tot, und nichts kann sie zurückbringen. Nun lassen Sie uns endlich in Frieden trauern.«
    »Ich hatte gehofft, bei Ihnen mehr Verständnis zu finden als bei Ihrem Mann.« Angriff ist die beste Verteidigung, hatte ihr Vater ihr vor gefühlten hundert Jahren einmal gesagt, doch im Moment musste sie sich zwingen, ein hysterisches Zittern im Kiefer zu unterdrücken. »Sie schienen mir nicht sehr mitgenommen bei der Bestattung. Es wäre daher geheuchelt, von mir zu verlangen, auf Ihre Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen.«
    Katharinas Stirn legte sich in feine Falten. »Wovon sprichst du, Mädchen?«
    »Ich will wissen, was mit Helene geschehen ist.« Sie zögerte, entschied sich dann, die Dinge beim Namen zu nennen. »Haben Sie sie umgebracht?«
    »Wie kommst du denn auf diesen Unsinn?«
    »Sie mochten sich nicht. Und Sie wollten sie loswerden.«
    Katharina lachte trocken auf. »Du meinst also, ich hätte Helene umgebracht? Verstehe ich das richtig? Deshalb bist du hier?«
    »Ja.« Sophie konterte den Blick der jungen Frau. Für einen kurzen Moment fühlte sie sich stark, auf dem richtigen Weg. »Sie könnten einen Grund haben. Und Sie waren in Marburg, als es geschehen ist. Sie hatten alle Zeit der Welt und ausreichend Gelegenheit.«
    Katharina antwortete nicht gleich. Sie hatte die zierlichen Finger unter

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