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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bewegen sollte. Allerdings schien sein Vater ihm verschwiegen zu haben, wie übel es um den Verstand des Alten stand.
    »Nun, die Wolfsjagd zählt wohl weniger zu meinen Aufgabenbereichen. Ich nehme an, Sie haben alles mit meinem Vater und der Medicinal-Deputation besprochen?«, versuchte Julius zum geschäftlichen Teil überzuleiten.
    »Sicher.« Der Doktor lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Fingerspitzen aufeinander. »Dein Vater und Professor Baldinger sprachen in höchsten Tönen von dir. Du hast dich prächtig gemacht, muss ich sagen. Ich weiß noch, wie du als Kind vor mir standest, dürr und schmächtig, dass wir fürchteten, das erste Fieber würde dich hinwegraffen.« Er lachte, das keckernde Lachen eines Greises. »Ich hoffe, man hat dir die Medizin gut beigebracht?«
    »Ich denke schon.« Julius griff nach seiner Tasche, um eine Aktenmappe hervorzuholen. »Hier sind meine Zeugnisse. Ich habe aus Köln eine besondere Belobigung meiner Studien. In Paris habe ich bei Jean-Nicolas Corvisart gelernt und einige Zeit im L’Hôpital Saint-Louis gearbeitet.«
    »Saint-Louis? Da beschäftigt man sich mit Hautsachen, nicht wahr?«
    »Seit Kurzem, ja«, nickte Julius überrascht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Alte das Hospital kannte, geschweige denn von dieser neueren Entwicklung wusste. »Doktor Corvisart schickte mich dorthin, um … «
    »Das wird dir hier zu Gute kommen.« Hirschners fahle Lippen zeigten ein zufriedenes Schmunzeln. »Hautgeschichten bekommst du hier täglich zu sehen. Und alles andere lernst du schon noch.« Er reichte Julius die Mappe zurück, ohne hinzuschauen. »Hat die Deputation dich schon geprüft?«
    »Nein, ich werde mich morgen vorstellen. Mein Gesuch um Zulassung liegt vor.«
    »Nun, da musst du keine Sorge haben. Baldinger hat dich vorgeschlagen, da wird er dafür sorgen, dass du nicht scheiterst.«
    »Mir ist es lieber, durch eigenes Können zu glänzen, anstatt mich auf das Wohlwollen anderer zu verlassen.«
    »Ach!«, winkte Hirschner ab. »Eine schützende Hand ist Gold wert, und du wirst sehen, du brauchst sie noch! Wo kommst du unter?«
    »Ich bin bislang sehr gut damit gefahren, auf schützende Hände zu verzichten«, bemerkte Julius und erhob sich. »Ich gedenke, es weiterhin so zu halten. Nichtsdestotrotz – können Sie mir ein gutes Gasthaus empfehlen?«
    »Gut und Gasthaus sind zwei Worte, die ich selten in einem Satz verwende. Du wohnst hier. Oben, unterm Dach.« Der Alte deutete auf die rußgeschwärzten Balken, die dem Raum eine beklemmende Enge verliehen. »Es ist nicht groß, aber trocken und warm, und solange du kein Weib und Kind zu ernähren hast, vollkommen ausreichend.«
    Julius verzog den Mund, nickte aber. Für ein paar Tage würde es gehen, bis er sich eingelebt und eine andere Unterkunft gefunden hatte. »Vielen Dank«, sagte er. »Wichtig ist mir noch die Sache mit dem Behandlungszimmer. Ich nehme an, wir teilen es uns?«
    »Es ist groß genug, und wenn wir … ja, Berte?« Hirschner hob den Blick zur Tür, wo die Magd aufgetaucht war und sich hörbar räusperte. Rote Flecken leuchteten auf ihren Wangen, und sie hatte wieder eine Hand an den Türsturz gestützt.
    »Entschuldigen Sie, Doktor, da ist der Herr Wachtmeister unten.«
    »Dann lass ihn herein!« Hirschner wedelte ungeduldig mit der Hand. »Den Wachtmeister lässt man nicht draußen stehen!«
    »Ich wollt ja, aber der wollt nicht. Hat gesagt, man braucht Sie unten, am Fluss. Sie sollen sich beeilen. Da haben sie wohl ’ne Leiche gefunden.«
    »Eine Leiche?« Julius’ Augenbraue wanderte ein Stück nach oben. »Das gehört demnach auch zu Ihren Aufgaben?«
    »Polizeyarbeit, mein Junge.« Hirschner seufzte tief und stemmte sich mühsam in seinem Stuhl hoch. Seine Knochen knackten vernehmlich. »Bei solchen Funden brauchen sie einen Arzt, der feststellt, dass die Leiche wirklich tot ist. Dafür bin ich bei der Polizey-Commission und werde gerufen, wenn es notwendig ist. Wir müssen wohl später weiterreden.« Er rückte die Brille zurecht. »Siehst du irgendwo meinen Stock?«
    »Lassen Sie mich lieber gehen.«
    »Dich?« Hirschner hielt inne, sein Kopf ruckte zu Julius herum. »Du warst doch noch nicht einmal vor der Deputation!«
    »Ich habe durchaus gelernt, eine Leichenschau durchzuführen.« Julius verschränkte die Arme hinter dem Rücken. »Im Übrigen scheint es mir Ihrer Gesundheit förderlicher, wenn Sie Ihre Beine schonen und mich die Arbeit draußen übernehmen

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