Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
death!
Take her up tenderly,
Lift her with care,
Fashioned so slenderly,
Young and so fair!«
Joe drehte sich um und fauchte den Sergeant wütend an: »Wer oder was ist das, verdammt noch mal?«
Beschwichtigend flüsterte der Sergeant: »Ein Zeuge, Sir. Er war auf der Brücke, als sie gesprungen ist.«
Eine bärengleiche Figur schwankte in den Lichtkegel, den eine einsame Glühbirne warf, und zeigte sich.
»Ein Penner, Sir. Harmlos. Wir kennen ihn gut. Hat sich mit der Information gemeldet, und wir baten ihn zu bleiben, falls seine Aussage nötig sein sollte. Er heißt Arthur.«
Joe wandte sich dem Mann zu. »Arthur? Danke, dass Sie geblieben sind. Und danke für Ihr Mitgefühl. Und nun, meine Herren, sollen wir?«
Der Constable trat respektvoll vor und hob das Laken.
Joe starrte.
»Eine junge Frau« hatte der ältliche Sergeant gesagt. Und im Tod, ohne die kokette Künstlichkeit, das Puppengesicht von einem Schwall blonder Locken umrahmt, hatte Audrey zusammen mit ihrem Leben auch viele Jahre abgeworfen.
»Kennen Sie sie, Sir?«, wollte der Sergeant milde wissen.
»Ja. Audrey Blount. Miss Audrey Blount. Ich kann Ihnen ihre Adresse geben. Eigentlich zwei Adressen. Sie hat eine Schwester in Wimbledon, soweit ich weiß. Ich habe sie gestern befragt … war es gestern? … Jedenfalls war es am Sonntag. Ja, Sonntag. Sie können sie jetzt ins Leichenschauhaus bringen. Ich sorge für eine polizeiliche Autopsie. Das ist ungewöhnlich, ich weiß, aber es gibt besondere Umstände. Ich lasse auch ihre nächsten Angehörigen informieren. Sind Sie absolut sicher, dass es ein Selbstmord war?«
»Sie sollten sich mit dem alten Arthur unterhalten, Sir. Sie werden feststellen, dass er hinsichtlich der Ereignisse sehr sicher ist.«
»Das werde ich gern tun.« Er sah sich in dem übervollen und ungemütlichen Raum um. »Aber nicht hier. Ich könnte etwas frische Luft gebrauchen. Wie ist es mit Ihnen, Arthur? Sollen wir zur Brücke hochgehen, und Sie erzählen mir von dem Vorfall?«
»Hier, nehmen Sie dieses Cape, Sir«, sagte der Sergeant. »Da oben kann es recht zugig werden, und es kommt Nebel auf.«
Joe trat zu der Leiche und sprach einen weiteren Vers aus dem traurigen Gedicht von Thomas Hood. Er hatte es immer gehasst, aber hier, in dieser entsetzlichen Umgebung, drängte es sich ihm mit schauerlicher Angemessenheit auf.
»Touch her not scornfully
Think of her mournfully
Gently and humanly
Not of the stains of her …«
Seine Stimme brach einen Augenblick, und der tiefe Bariton hinter ihm beendete das Gedicht für ihn.
»All that remains of her
Now is pure womanly.«
Joe presste die Hand auf die Augen. Der Sergeant reichte ihm ein sauberes Taschentuch. »Hier. Es ist das Karbol, Sir. Die Dämpfe können einem in die Augen steigen, wenn man sie nicht gewohnt ist.«
»Wir sollten zur Brückenmitte gehen. Sie werden feststellen, dass die Luft dort frischer ist … Tut mir leid, ich kenne Ihren Rang nicht«, sagte Arthur in einer Stimme, die in einen Londoner Club gepasst hätte.
»Commander Sandilands. Kriminalpolizei.«
»Ach ja? Freut mich sehr. Mein Name ist Arthur, wie Sie schon gehört haben. Manchmal nennt man mich auch scherzhaft König Arthur, und das hier …« - er breitete die Arme über die Länge der Brücke aus - »... ist mein Königreich.«
»Soweit ich weiß, werden Herren der Straße nicht gerade ermutigt, sich auf den Brücken Seiner Majestät häuslich niederzulassen«, erwiderte Joe mit derselben theatralischen Grandezza, der sich auch sein Begleiter bediente.
»In der Tat. Aber es freut mich, sagen zu können, dass ich hier geduldet werde. Diese wunderbare Brücke - und als Mann, der das Seltene, das klassisch Korrekte, das Missverstandene zu schätzen weiß, bin ich einer Meinung mit Canova, der diese Brücke zur entzückendsten ganz Londons erklärte - wird häufig von Touristen besucht. Touristen haben viel Geld, das sie gern ausgeben und auch gern spenden, und vor allem unsere amerikanischen Vettern haben sich meiner Erfahrung nach als überaus großzügig erwiesen. Sehr großherzig. Aber sie verachten Bettler - und es ist ihnen peinlich, wenn sie angebettelt werden. Also unterhalte ich sie, um mir ein paar Schilling zu verdienen. Ich erzähle ihnen die Geschichte der Brücke, ich erkläre ihnen die Gebäude im Norden und im Süden, von St. Paul bis zu Big Ben, und ich untermale meine Reden immer mit dazu passenden Gedichtzeilen.«
»Mir ist Ihr Talent für poetische
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