Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
sorgfältig ein entsorgtes Zigarettenende inspizierte - das war ein Augenblick, den Donovan genossen hätte.
Überraschenderweise standen die anderen Zimmer des Hauses leer. Einige Möbelstücke unter Schutzlaken waren alles, was seine Suche zutage förderte. Was war hier los? Hatte Dame Beatrice das Haus zu Investitionszwecken erworben? Wenn ja, konnte er ihr nur zu ihrer Weitsicht gratulieren. Aber er hatte so ein Gefühl, dass es sich um mehr handelte als um einen finanziellen Schachzug. Es war ein Bühnenbild, ein Schneckenhaus, wenn auch ein entzückendes Schneckenhaus. Der Salon machte eine öffentliche Aussage über sie; das hintere Schlafzimmer war der Ort, an dem sie sich wirklich ausdrückte.
Er schüttelte sich und bereitete sich auf eine gründliche Suche vor. Ihm missfiel dieser Teil der Aufgabe, und unter normalen Umständen hätte er einen Sergeant dafür abgestellt. Aber das strikte und immer noch automatisch einsetzende Vorgehen aus seiner Ausbildung ließ ihn durchhalten.
Joe war verblüfft. Das Haus war blitzsauber. Er dachte schon, er hätte einen Volltreffer gelandet, als er einen fleckigen Eichenschrank mit Akten entdeckte. Er wühlte sie durch und fand handgeschriebene Notizen zur Kryptographie, einige von ihnen auf dem Papier der Admiralität. Keine Geheimnisse hier, nahm er an. Wertvolle Dokumente hätten Room 40 niemals verlassen dürfen. Vielleicht hatte sie zu Hause geübt? Ein Handbuch zur spanischen Sprache schien ebenso oft gelesen wie eine Fibel über das alte Griechenland. Auf dem Buchregal fanden sich Exemplare von modernen Bestsellern, alle gelesen, und eine Auswahl der Klassiker, ungelesen. Es gab keine Liebesromane, es gab keine Lyrik. Der Schreibtisch war eine Enttäuschung, denn obwohl er zahlreiche Karten und Papiere enthielt, gab es keine Eingangspost. Nicht einen einzigen Brief.
Joe kam zu dem Schluss, wo immer sie ihr Leben gelebt hatte, hier war es nicht gewesen. Er fragte sich kurz, welche Anzeichen seiner Existenz man in Maisies ordentlichem Heim finden würde, sollte er bei einem Autounfall ums Leben kommen. Eine Whiskyflasche? Er schloss die Eingangstür hinter sich mit dem unangenehmen Gefühl, dass Dame Beatrice keine seiner Fragen beantwortet hatte, sondern sich noch einige neue Fragen dazugesellt hatten.
Wenn Beatrice sich hier nicht finden ließ, wo war sie dann? Cottingham hatte ganz zu Anfang der Ermittlung ihren Wagen überprüft und nichts gefunden. Der einzig noch verbliebene Ort - und Joe seufzte, als er über diese Aufgabe nachdachte - waren ihre Zimmer in King’s Hanger. Audreys Tod, davon war er überzeugt, war die Folge des Todes ihrer Arbeitgeberin und konnte nur gelöst werden, wenn er verstand, warum Dame Beatrice gestorben war. Was immer die Behörden sagten - und er konnte ihre beschützende Einstellung sehr gut verstehen -, sein Instinkt sagte ihm, dass sie in einem unkontrollierbaren Anfall von Hass getötet worden war. Und das Verhalten und der Charakter, die eine solch tödliche Emotion hervorbringen konnten, hinterließen normalerweise Spuren: Korrespondenz, Tagebücher, Familienalben, Klatsch. Joe war zuversichtlich, dass er etwas Lohnenswertes zwischen den Schichten von Beatrices Leben finden würde, wenn man ihm nur Zugang gewähren würde …
Seine Gedanken wanderten zu King’s Hanger, bewerteten seine Chance, in das Haus eingelassen zu werden. Wie zur Hölle sollte er sich an der alten Dame vorbeireden? Eine Begegnung mit Grendels Mutter hätte ihn mit weniger Schrecken erfüllt. Mit einem trockenen Lächeln sah er plötzlich, wie er das Problem umschiffen konnte. War es wirklich möglich? Es würde viel Frechheit und Entschlossenheit erfordern. Er fand, dass er von beidem genug besaß.
Joe beschloss, dass er sich ein gutes Frühstück verdient hatte. Zuerst würde er sich in das nächstgelegene Lyon’s Corner House begeben und die erste richtige Mahlzeit in zwei Tagen zu sich nehmen. Mittlerweile würde der Speck schon braten. Er würde zwei Eier, Tomaten und Pilze bestellen, getoastetes Brot, das ganze Programm. Dann würde er in seine Wohnung zurückkehren und sich ein paar Stunden aufs Ohr legen. Schließlich hatte er ja frei.
»Es ist eine Schande, genau das ist es!«
»Wir machen einfach weiter, in Ordnung, Mrs. Weston?«
»Aber all die Kleider? Die ganze Unterwäsche? Und sehen Sie sich die guten Mäntel an! Es gibt Menschen im Dorf, die nichts anzuziehen haben und so etwas gut gebrauchen könnten. Ich verstehe, dass
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