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Die Tote in der Bibliotek

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Titel: Die Tote in der Bibliotek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich mir nicht anvertraut.»
    «Mochten Sie sie?», fragte Miss Marple.
    «Nicht besonders. Aber ich hatte nichts gegen sie.» Es klang gelassen, gleichgültig.
    «Sie haben also keinerlei Hinweise für uns?», fragte Sir Henry.
    «Leider nein, sonst hätte ich’s Harper schon gesagt. Das ist auch wieder so was! Ein schmutziges kleines Verbrechen – keine Spuren, kein Motiv.»
    «Zwei Leute hatten ein Motiv», sagte Miss Marple.
    Sir Henry sah sie scharf an.
    «Tatsächlich?» Raymond schien überrascht.
    Unter Miss Marples durchdringendem Blick erklärte Sir Henry unwillig: «Rubys Tod bringt Mrs. Jefferson und Mr. Gaskell wahrscheinlich fünfzigtausend Pfund ein.»
    «Was?», rief Raymond verblüfft, ja geradezu bestürzt. «Aber das ist doch absurd, vollkommen absurd! Mrs. Jefferson – keiner von den beiden kann etwas damit zu tun haben. Unvorstellbar, auch nur daran zu denken!»
    Miss Marple hüstelte und sagte milde: «Mir scheint, Sie sind ein ziemlicher Idealist.»
    «Ich?» Er lachte. «Von wegen! Ich bin ein hartgesottener Zyniker.»
    «Geld», sagte Miss Marple, «ist ein mächtiges Motiv.»
    «Das mag ja sein», gab Raymond heftig zurück. «Aber dass einer von den beiden kaltblütig ein Mädchen erwürgen könnte…» Er schüttelte den Kopf.
    «Ah, da kommt Mrs. Jefferson zu ihrer Stunde», sagte er und erhob sich. «Sie ist spät dran.» Es klang belustigt. «Zehn Minuten zu spät!»
    Adelaide Jefferson kam mit Hugo McLean angelaufen. Lächelnd entschuldigte sie sich für die Verspätung und ging dann auf den Platz. McLean setzte sich auf die Bank. Er erkundigte sich höflich, ob es Miss Marple störe, wenn er rauche, zündete seine Pfeife an und paffte eine Weile schweigend vor sich hin. Kritisch verfolgte er das Spiel der beiden und sagte schließlich: «Möchte wissen, wozu Addie Stunden nimmt. Ein Match, ja. Niemand hat mehr Spaß dran als ich. Aber Stunden?»
    «Sie will ihren Stil verbessern», sagte Sir Henry.
    «Spielt doch nicht schlecht. Gut genug jedenfalls. Wird ja nicht gleich in Wimbledon antreten wollen, in Dreiteufelsnamen.»
    Er schwieg ein paar Minuten und sagte dann: «Wer ist dieser Raymond eigentlich? Wo kommen diese Tennistrainer überhaupt her? Wirkt irgendwie südländisch.»
    «Er ist einer von den Starrs in Devonshire.»
    «Wie bitte? Im Ernst?»
    Sir Henry nickte. Hugo McLean schien unangenehm berührt. Er blickte finsterer drein denn je.
    «Möchte wissen, wieso Addie mich hat kommen lassen. Die Sache scheint sie doch gar nicht zu berühren. Sieht besser aus denn je. Was soll ich hier?»
    «Wann hat sie Sie denn verständigt?», fragte Sir Henry nicht ohne Neugier.
    «Ach – äh, nachdem es passiert war.»
    «Und wie? Telefonisch oder telegrafisch?»
    «Telegrafisch.»
    «Darf ich ganz neugierig fragen, wann das Telegramm aufgegeben wurde?»
    «Hm – das kann ich nicht genau sagen.»
    «Wann haben Sie es denn bekommen?»
    «Ich hab es nicht direkt bekommen. Es wurde telefonisch durchgegeben.»
    «Wieso, wo waren Sie denn?»
    «Ich war am Nachmittag zuvor aus London weggefahren. Nach Danebury Head.»
    «Ach! Das ist ja ganz in der Nähe.»
    «Ja, komisch, was? Erhielt die Nachricht, als ich vom Golfspielen zurückkam, und hab mich gleich auf den Weg gemacht.»
    Miss Marple betrachtete ihn nachdenklich. Er schwitzte und schien sich unbehaglich zu fühlen. «Es soll sehr hübsch sein in Danebury Head und gar nicht teuer», sagte sie.
    «Richtig, sonst könnte ich mir’s auch nicht leisten. Netter kleiner Ort.»
    «Wir müssen einmal hinfahren.»
    «Ah, wie bitte? Ach so, ja, äh, unbedingt.» Er stand auf. «Muss mir noch etwas Bewegung verschaffen – regt den Appetit an.»
    Steif ging er davon.
    «Schlimm», sagte Sir Henry, «wie Frauen ihre treu ergebenen Verehrer behandeln.»
    Miss Marple lächelte, gab aber keine Antwort.
    «Ein ziemlicher Langweiler, finden Sie nicht? Ihre Meinung würde mich interessieren.»
    «Ein wenig einseitig in seinen Ansichten vielleicht», erwiderte Miss Marple, «aber nicht ohne Möglichkeiten, nein, durchaus nicht.»
    Sir Henry erhob sich ebenfalls.
    «Es wird Zeit für mich – muss wieder an die Arbeit. Ah, da kommt ja Mrs. Bantry. Sie wird Ihnen Gesellschaft leisten.»
     

IV
     
    Mrs. Bantry war ganz außer Atem. Ächzend ließ sie sich nieder und sagte: «Ich habe mich mit ein paar Zimmermädchen unterhalten, aber das führt auch nicht weiter. Gar nichts ist dabei herausgekommen! Meinst du wirklich, das Mädchen hätte einen Freund

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