Die Tote ohne Augen
mehr Maria Ferreira heißen. Es ist jetzt elf
Uhr. Um dreizehn Uhr kommt ihr bitte aufs Revier. Ich bestelle noch ein paar
Streifenkollegen und dann fahren wir zusammen hoch.“
„Jawohl, Frau Ferreira“, antwortete
einer der Beamten in einem gehorsamen Ton. „Wir werden pünktlich sein!“
Punkt dreizehn Uhr versammelte
sich eine ganze Armada von Beamten vor Marias Büro. Ein ganzer Konvoi von
Dienstfahrzeugen setze sich über die Nietschbrücke hinüber von Gosseldorf nach
Etteldorf in Gang. Im ersten Fahrzeug Maria Ferreira zusammen mit ihrem
Kollegen Sven Svörenson. Dieser war erst heute Morgen von einem Familienbesuch
aus Schweden zurückgekehrt. Er hoffte eigentlich auf eine ruhige erste
Mittagsschicht, doch da hatte ihm wohl jemand einen Strich durch die Rechnung
gemacht. Das zweite Fahrzeug war der Kleintransporter der technischen Polizei,
das dritte und vierte jeweils ein Streifenwagen. Maria hatte per Fax einen
Durchsuchungsbefehl vom Staatsanwalt erhalten.
Als sie ankamen, war Mike Lüttich
gerade dabei, den Pferdestall auszumisten. Er staunte nicht schlecht, als die vier
Fahrzeuge auf den Hof seiner Reitschule fuhren. Maria kam sofort zur Sache.
„Herr Lüttich, ich habe hier einen Durchsuchungsbeschluss für ihre ganze
Anlage! Kann ich bitte Frau Kathia Momsen sprechen?“
„Sie ist nicht da“, stotterte
Mike.
„Wo ist sie denn bitte?“
„Das weiß ich nicht. Sie hat sich
nach dem Vorfall mit meinen Pferden krankgemeldet. Ich habe von da an weder
etwas von ihr gesehen noch gehört. Aber warum möchten Sie jetzt, Wochen nach
der Tat, meine Anlage durchsuchen? Das müssen Sie mir mal erklären!“
„Das kann ich! Gestern Abend
wurde im Weiher, der sich in unmittelbarer Nähe dieser Anlage befindet, eine
Frauenleiche gefunden. Diese Leiche war aufs übelste zugerichtet. Was uns
hierher zu Ihnen lockt, ist die Tatsache, dass der Leiche die Augen verätzt
wurden, genauso wie bei ihren Pferden. Dann ist der Tatzeitpunkt mit dem
Zeitpunkt der Attentate auf ihre Pferde ungefähr gleich. Ich sage ja nicht,
dass Sie irgendetwas damit zu tun haben, aber die Reitschule ist eine erste
heiße Spur. Meine Kollegen werden jetzt alles hier auf den Kopf stellen, um
eventuelle Spuren zu sichern.“
„Ja, aber ...“ Mike wusste nicht,
was er noch sagen sollte. Maria Ferreira war ihm ja vom ersten Treffen nicht
unsympathisch, aber in diesem Moment hätte er sie am liebsten da gesehen, wo
der Pfeffer wächst.
„Wo wohnt Kathia Momsen?“
„Hier bei mir. Sie hat ein Zimmer
neben der Reithalle. Erstens brauchte sie kein Auto, um zur Arbeit zu kommen.
Zweitens hat sie ja keine Familie. Bei wem soll sie also wohnen? Und drittens
ist es äußerst praktisch, wenn sie hier wohnt. So konnte sie auch mal außerhalb
ihrer Dienstzeiten mit anpacken, wenn es einen Notfall gab. Und mit über zehn Pferden
kommt das mitunter schon mal vor.“
„Wann haben Sie sie das letzte
Mal gesehen?“
„Das war am Tag nach dem Anschlag
auf die Pferde. Sie kam morgens zu mir und sagte, sie fühle sich nicht gut. Ich
verstand sie. Sie wollte eine Auszeit und meinte, sie wolle eine Freundin
besuchen, die sie aus alten Zeiten aus dem Heim kennt. Ich sagte ihr, das sei
alles gar kein Problem. Sie solle sich einfach melden und wenn sie was brauche
oder ich sie irgendwo abholen soll, dürfe sie natürlich jeder Zeit anrufen.“
„Sie erzählen mir doch jetzt
nicht wirklich, dass Sie seit über einem Monat nichts mehr von ihr gehört haben
und Sie sich keine Sorgen gemacht haben?“
„Natürlich habe ich mir Sorgen
gemacht. Aber ihr Handy war ausgeschaltet und sie selbst hat sich nicht
gemeldet. Was hätte ich tun sollen?“
„Na gut, das kann ich Ihnen nicht
sagen, ich finde es nur komisch. Kennen Sie den Namen der Freundin, die sie
besuchen wollte? Und den Namen ihres Zahnarztes, kennen Sie den?“
„Den Namen ihrer Freundin kenne
ich nicht. Sie hat nie über ihre Vergangenheit geredet. Es war ihr peinlich,
glaube ich. Oder sie wollte nicht, dass ich ein falsches Bild von ihr bekomme.
Wer weiß, was sie in diesem Heim getrieben hat oder was mit ihr getrieben
wurde. Ihren Zahnarzt kenne ich. Es ist Dr. Plitgen aus der Hauptstadt. Es ist
auch mein Zahnarzt. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Nummer geben.“
„Ja tun Sie das! Danke.“ Sie
notierte sich die Nummer in ihr Notizbuch.“ Zeigen Sie doch bitte den Kollegen
der technischen Polizei Kathias Zimmer. Vielleicht finden wir ja dort etwas“, befahl
sie
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