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Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
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Tonia.
    »Nein … es geht um etwas ganz anderes. Das hier ist Zbigniew Meier, ein guter Freund von mir, und er braucht meine Hilfe.«
    Calusius deutete den beiden, sich zu setzen. Sie ließen sich in tiefen, dunklen Clubsesseln an seinem schweren Eichenholzschreibtisch nieder. Tonia sprach weiter.
    »Wir suchen … wir sind eventuell auf der Suche nach einem Mädchen mit jüdischen Wurzeln, das 1943 in Köln geboren wurde und am Ende des Kriegs vermutlich starb«, sagte Tonia.
    »Aha.«
    »Ich dachte, du kennst dich doch hier aus in Köln, mit Archiven und solchen Dingen«, versuchte Tonia dem Stirnrunzeln von Dr. Ulrich Calusius zu begegnen.
    »Also es ist so«, konkretisierte Zbigniew, »dass bereits ein paar Mal nach dem Mädchen gesucht wurde, über die Suchdienste nach dem Zweiten Weltkrieg und auch persönlich, da ist damals alles Mögliche probiert worden. In den sechziger Jahren hat man sie für tot erklärt, aber im Wesentlichen, weil man keine Spur von ihr gefunden hatte.«
    »Und jetzt will man es noch mal versuchen? Fünfzig Jahre später?«
    Zbigniew nickte. Man, er wollte es versuchen. Calusius bewegte seinen Kopf seltsam von links nach rechts, dann wieder zurück.
    »Also, das ist jetzt nicht mein Fachgebiet«, sagte er mit seiner sonoren Stimme. »Aber 1943 geboren, jüdisch, das ist schon … unwahrscheinlich, sage ich mal.«
    »Unwahrscheinlich?«, fragte Zbigniew.
    »Na ja, was meinen Sie, wie viele Juden 1943 noch hier waren, in unserer heiligen Stadt am Rhein. 1941 begannen die Massendeportationen. Und dann eine schwangere Jüdin? Das wäre doch sofort aufgefallen. Schwierig, sehr schwierig.«
    Zbigniew hatte einen Kloß im Hals. Eine Sekunde lang waberte der Gedanke in seinem Hirn, dass alles nur eine Einbildung von Samuel Weissberg war.
    Nein.
    »Die Mutter war keine Jüdin«, stellte er richtig. »Der Vater, ja, aber der war bereits in den Untergrund abgetaucht. Beziehungsweise galt als geflohen«.
    Calusius zuckte die Achseln.
    »Vielleicht sollten Sie mal im EL - DE -Haus vorstellig werden, hier um die Ecke.«
    Auf Zbigniews fragenden Blick hin fuhr er fort: »Das ist das Dokumentationszentrum zum Nationalsozialismus in der Stadt Köln, die wissen über vieles Bescheid. Dann sollten Sie im Standesamt fragen, dort gibt es ein Geburtsregister. Wobei, so weit ich weiß, sind alle Melderegister im Krieg vernichtet worden, da geht es dann wohl erst ab 1945 los. Wo wurde das Mädchen denn genau geboren?«
    Er wartete auf eine Antwort von Zbigniew, doch der konnte nur die Achseln zucken.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber schon in Köln?«
    »Vermutlich.«
    »Aha. Und wie hieß der Vater?«
    »Gideon Weissberg.«
    Calusius zog ein Gesicht, dass sich seine Schnurrbartspitzen fast um dreißig Grad drehten.
    »Gideon Weissberg?«, fragte er überrascht.
    Zbigniew begriff sofort.
    Er hatte von ihm gehört.
    Calusius wusste, wer Samuel Weissbergs Vater war.
    Zbigniew lief eine Gänsehaut über die Arme.

8
    Einige Stunden später saß Zbigniew in einem Café in der Breiten Straße, einer der Fußgängerzonen von Köln, und ließ seine Gedanken ins Leere fließen. Die Passanten, die man durch die mannshohen Fensterscheiben beobachten konnte, hasteten mit weiten Schritten aneinander vorbei. Alle schienen ein klares Ziel vor Augen zu haben. Jeder blickte mit äußerster Anstrengung in eine Achse, in der er möglichst wenig andere Blicke traf.
    Es machte keinen großen Unterschied, ob man den Menschen aus großer Ferne oder so wie jetzt, aus relativer Nähe, zuschaute. Sie wirkten, als ob sie nicht zu stoppen waren, jeder einzeln für sich, im großen Strom der Ziele.
    Dabei war jeder von ihnen sehr leicht zu stoppen.
    Zbigniew selbst wusste nun auch, was sein eigenes Ziel war. Es gab keine Zweifel mehr.
    Er musste herausfinden, was mit Eva Weissberg geschehen war.
    Er nahm einen Schluck von seinem Cappuccino. Stellte abrupt die Tasse ab.
    Tonia.
    Mit einem Mal wurde sein Gesicht heiß. Als ob das Blut sich plötzlich entschlossen hatte, in ihm nach oben zu schießen. War der dritte Kaffee doch zu viel?
    Oder war es der Gedanke an Tonia, der ihm soeben wie ein Blitz in den Kopf gefahren war?
    Tonia Lindner hatte ihn auf den Mund geküsst.
    Er war auf der verzweifelten Suche nach seiner Freundin Lena, und Tonia Lindner hatte ihn auf den Mund geküsst.
    Als sie sich verabschiedet hatten, unten, auf dem etwas trostlosen großen Platz vor der Industrie- und Handelskammer zu Köln, dort, wo ein Brunnen aufgrund

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