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Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)

Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)

Titel: Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Erinnerungen habe ich Klavierspielen gelernt. Er konnte ziemlich gut spielen, und jetzt kann ich es so gut wie er.«
    »Was, soll ich dir etwa applaudieren?«, fragte Mr Lyss, dessen Wut immer heller aufloderte, wie auch sonst, wenn sie einmal entfacht war. »Soll ich losziehen, um ein Dutzend Rosen zu kaufen, und am verdammten Bühnen ausgang auf deinen erbärmlichen Marsmenschenarsch warten? Du hast nie eine Minute lang geübt, also erwarte bloß keine stehenden Ovationen von Conway Lyss. Warum gibst du dich mit dem läppischen Klavier ab, statt wie der Rest deiner ekelhaften Brut die Weltherrschaft an dich zu reißen?«
    »Ich habe mich vor dem Morgengrauen ans Klavier gesetzt, und seitdem habe ich unaufhörlich gespielt«, sagte die Kopie.
    Nummy war beeindruckt und hätte den Marsmenschen gern gefragt, wie lange er es aushielt, ohne pinkeln zu müssen, aber er rechnete sich aus, damit würde er sich zur Zielscheibe von Mr Lyss’ Spott machen. Es war ihm lieber, zur Abwechslung einmal nicht die Zielscheibe zu sein.
    »Du stellst meine Geduld auf die Probe, Darth Vader. Du bedeutest mir nicht mehr als die Kotze einer Küchenschabe, also solltest du meine Geduld nicht überstrapazieren. Ich habe dich nicht gefragt, wie lange du schon spielst. Ich habe dich gefragt, warum .«
    Aus einem Grund, den er nicht kannte, fühlte sich Nummy nahezu hypnotisiert von den Händen des Marsmenschen-Boze und davon, wie sie über die Tasten zu gleiten schienen, wobei sie die schwarzen und die weißen Tasten kaum berührten, sie sogar tatsächlich überhaupt nicht zu berühren schienen. Stattdessen schien es so, als zögen sie die Musik durch Magie aus dem Klavier.
    Die Kopie sagte: »Heute Morgen ... in der Küche ... während des Datentransfers, als seine Lebenserfahrung an mich übermittelt wurde ... ist er an einer Gehirnblutung gestorben.«
    »Ich weiß , dass er tot ist«, sagte Mr Lyss und spuckte auf den Boden. »Dieser Bulle ist so tot wie Wyatt Earp, toter als ein verdammter Fels. Was zum Teufel stimmt mit dir nicht? Du erzählst mir nur das, was ich schon weiß, nicht das, was ich wissen will.«
    Die Hände schwebten über die Tasten, als suchten sie etwas. Gemeinsam nach links, dann trennten sie sich, trafen sich in der Mitte wieder, dann beide nach rechts, als hätten sie etwas Wichtiges verloren und versuchten es wiederzufinden, und die Musik war nur etwas, was die Suche begleitete, so wie Musik auch im Film ganz von selbst kommt, wenn die Schauspieler sie brauchen. Was auch immer die Hände suchten – sie waren traurig, weil sie es nicht finden konnten, und deshalb war die Musik so traurig.
    Der falsche Boze blickte immer noch nicht von den Tasten auf. Er sagte: »Als er gestorben ist, standen wir geistig in enger Verbindung miteinander. Ich habe genau das gesehen, was er in dem Moment gesehen hat.«
    »In dem Moment?«, fragte Mr Lyss ungeduldig. »In dem Moment? In welchem Moment?«
    »In dem Moment dazwischen.«
    »Verflixt und zugenäht!«, explodierte Mr Lyss. »Bist du etwa ein Dummkopf vom Mars? Habe ich es hier etwa mit zwei Dummköpfen zu tun, die beide nicht so reden können, dass sie einer versteht, der nicht selbst ein Schwachkopf ist? In dem Moment wozwischen?«
    »Zwischen Leben und Tod«, sagte die Kopie. »Nur dass es kein Tod war.«
    »Noch mehr doppeldeutiges Gerede! Ich könnte einfach auf den Abzug drücken und dir den Kopf sauber von den Schultern pusten, und vielleicht würde dich das töten, vielleicht auch nicht, aber es würde dir bestimmt zumindest eine Zeit lang große Ungelegenheiten bereiten.«
    Normalerweise konnte Musik allein Nummy nicht zum Weinen bringen, es musste Musik in einer ganz bestimmten Sorte Film sein, aber diese Musik hier wurde trauriger und immer trauriger, und er machte sich Sorgen, er würde weinen. Er wusste – er wusste es ganz einfach –, dass Mr Lyss sich über ihn lustig machen würde, wenn er weinte, und er würde richtig gemeine Sachen sagen, ihn einen Waschlappen, eine Heulsuse und noch Schlimme res nennen.
    »Es war der Moment zwischen dem Leben und dem Leben«, sagte die Kopie.
    Jetzt sahen seine Hände so traurig aus, wie die Musik klang, aber auch wunderschön. Es waren wunderschöne, traurige Hände, die auf der Musik hin und her schwebten.
    Die Klavierspieler-Kopie sagte: »Für einen kurzen Moment, als er hinübergeglitten ist, habe ich die Welt jenseits der Welt gesehen, in die er gegangen ist und in die meinesgleichen nie gehen kann.«
    Mr Lyss

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