Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)
wurden) und nicht nur für die Zukunft der Menschheit (die auf dem Spiel stehen mochte), sondern auch für das Chakrabarty-Syndikat (das seine Firmengründung zwar noch vor sich hatte, aber eines Tages die Mittelwellenlandschaft dominieren würde), wankte Sammy auf den Sequoia zu. Er hatte die Absicht, Mason Morrell aus dem Geländewagen zu zerren oder sich bei dem Versuch bewusstlos niederschlagen zu lassen.
Zum Glück erreichte Deucalion den Sequoia nicht nur als Erster, sondern auch rechtzeitig. Die Türen des Geländefahrzeugs waren geschlossen, doch ehe Mason den Motor anlassen konnte, schob der Riese seine beiden großen Hände unter die Flanke des Fahrzeugs, packte den Rahmen und hob mit einer Anstrengung, die ihn vor Schmerz oder vor Wut – vielleicht war es auch beides – brüllen ließ, die Beifahrerseite vom Boden hoch. Deucalion stemmte sie empor, stemmte sich noch einmal dagegen und kippte den Sequoia auf dessen Dach.
17.
Das Stück Hand, das in der Diele von Polizeichef Rafael Jarmillos Haus auf dem Boden lag, bestand aus dem Daumen, dem Zeigefinger, dem Teil der Handwurzel, der die beiden verband, und einem Stück des fleischigen Handballens. Die Spitze des Daumens und des Zeigefingers waren zu einem Okay-Zeichen zusammengepresst.
Frost vermochte nicht zu sagen, ob jemand die Finger vorsätzlich in diese Form gebracht hatte oder ob die makabre Geste zufällig aufgetreten war. Er konnte sich weder im einen noch im anderen Fall darüber amüsieren.
Den meisten Bullen fehlte ein ausgeprägter Sinn für schwarzen Humor, wenn sie in den Dienst eintraten, aber sie entwickelten ihn schnell als eine Art psychischen Ab wehrmechanismus. Dennoch hatte Frost den Verdacht, nichts, worauf er in diesem Haus stoßen mochte, würde die dunkle Seite seines Humors wachkitzeln.
Die angefressenen Fleischränder erweckten denselben Anschein wie der Stumpf des Fußes im Wohnzimmer. Blutleer. Wie glasiert, aber voller winziger Krater. Und das Fleisch war unnatürlich bleich.
Dagget drückte auf einen Schalter, und es wurde hell in dem offenen Treppenhaus. Bei einer Jagd waren Treppen immer schlecht, egal, ob man sie hinaufstieg oder ob man sie hinunterkam. Man war von oben und von unten angreifbar und hatte nichts, wohinter man in Deckung gehen konnte; man konnte nur geradewegs in die Schusslinie hineinlaufen, denn ihr den Rücken zuzuwenden und zu fliehen war mit noch größerer Sicherheit eine Eintrittskarte ins Leichenschauhaus.
Vorsichtig, aber rasch stiegen sie die Treppe hinauf. Dagget übernahm die Führung, mit dem Rücken zur Wand, den Blick auf den oberen Treppenabsatz gerichtet. Frost folgte sechs Schritte hinter ihm und behielt die Diele unter ihnen im Auge, denn obwohl sie die untere Etage durchsucht hatten, bestand die Möglichkeit, dass jemand von hinten auf sie zukam.
Sie flüsterten nicht einmal mehr miteinander. Sie hatten beide nichts zu sagen. Von jetzt an würde sich alles, was getan werden musste, von selbst ergeben.
Sie fanden keine weiteren Leichenteile, bis sie den Flur im ersten Stock erreichten, wo ein blutloses Ohr, so weiß wie eine Muschel, auf dem Teppich lag. Nach der Größe und der Feinheit zu urteilen, musste es das Ohr eines kleinen Kindes gewesen sein.
Polizeichef Jarmillo hatte zwei Kinder.
Unter allen Verbrechen versetzten diejenigen, die Gewalt gegen Kinder umfassten, Frost in die größte Wut. Er glaubte nicht an lebenslängliche Haftstrafen für Kindermörder. Er glaubte an jede Form von langsamer Hinrichtung.
Jarmillos Verhalten im Dienst während der letzten zwölf Stunden sprach sehr dafür, dass er korrupt war. Wenn der Polizeichef Teil einer bizarren Verschwörung war, dann schien man daraus folgern zu können, er selbst, und nicht etwa ein Serienmörder, der zufällig auf sie gestoßen war, müsste seine Frau, seine Schwiegermutter und die Kinder getötet haben. Ermordet und verstümmelt.
Aber Frost konnte sich auf das, was sie bisher gefunden hatten, keinen Reim machen. Die riesigen Summen, die durch Fortschritt für vollkommenen Frieden in diese Stadt geflossen waren, wiesen auf kriminelle Machenschaften in einem ungeheuren Ausmaß hin. Tatsächlich beliefen sich die gewaschenen Gelder auf so enorme Summen, dass die Möglichkeit eines terroristischen Komplotts von rekordverdächtigen Dimensionen nicht ausgeschlossen werden konnte. Wenn ein Bulle sich schmieren ließ und ungeheure Reichtümer dadurch anhäufte, dass er den Bösewichten half, ihre Aktivitäten zu
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