Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Elsa überladen. Sie fühlte sich förmlich erschlagen von den riesigen Gemälden, deren Rahmen so breit waren, dass sie beinahe als Bestandteil der Architektur hätten gelten können. Die Decke, deren Trompe-l’œil-Malerei den Eindruck erweckte, als schwinge sie sich nach oben, schien eine Art kostbaren Zelthimmel zu bilden. So schön der Raum war, sie fühlte sich nicht wohl darin. Appetit hatte sie ohnehin keinen.
    Während die Suppe aufgetragen wurde, herrschte in der Runde unbehagliches Schweigen. Nach einer Weile kam auch Hamilton Quase, ein hochgewachsener, schlanker Mann von Ende vierzig, und setzte sich wortlos. In jungen Jahren hatte er wohl gut ausgesehen, doch war sein blondes Haar inzwischen schütter geworden. Auf seinem sonnenverbrannten Gesicht lag ein Ausdruck geistesabwesender Trauer, so, als habe er deren genauen Grund vergessen, womöglich mit voller Absicht.
    Liliane sah ihn besorgt an. Er ließ die Suppe vorübergehen und erklärte, er werde auf den Fisch warten. Allerdings ließ er sich Weißwein einschenken und nahm einen Schluck, kaum, dass das Glas gefüllt war.
    Herausfordernd sagte er: »Man sollte glauben, dass man an einem Ort wie diesem sicher ist. Wie zum Teufel kann ein gemeingefährlicher Irrer hier in den Palast kommen? Ist es denn wirklich möglich, dass da jedermann nach Belieben rein- und wieder rausspazieren kann?«
    »Hier ist niemand reinspaziert«, teilte ihm Cahoon mit, »und auch nicht raus.«
    Hamilton stellte sein Glas so heftig auf den Tisch, dass der Wein überschwappte. »Großer Gott! Wollen Sie damit sagen, dass der noch hier drin ist?«

    »Was sonst?«, blaffte Cahoon. »Er war hier, und er ist es nach wie vor!«
    Alle Farbe wich aus Hamiltons Gesicht.
    »Du machst den Frauen Angst, Cahoon«, sagte Julius zu seinem Schwiegervater. In seiner Stimme lag ein unüberhörbarer Verweis. Er sah sich unter den Anwesenden um, während er fortfuhr: »Es ist niemand hier eingebrochen, und es wird hier auch niemand einbrechen. Einer der Dienstboten hat offenbar die Beherrschung verloren und die Frau erschlagen, erwürgt oder was auch immer. Es ist eine Tragödie, die uns aber nicht betrifft. Mit Sicherheit haben wir keinen Grund zur Sorge. Die Polizei kümmert sich um den Fall.«
    Hamilton hob ihm sein Glas mit spöttischem Gruß entgegen und nahm einen weiteren Schluck.
    Liliane entspannte sich ein wenig und nahm ihre Gabel zur Hand.
    »Er hat sich mit dem Messer über sie hergemacht«, erläuterte Cahoon, während ihm der Diener die Fischplatte hinhielt. »Erst die Kehle durchgeschnitten und … dann den Unterleib aufgeschlitzt. Die Sache wird unangenehme Folgen haben, leider.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ihn Simnel, eher neugierig als beunruhigt. Er sah zu Minnie hin und dann wieder auf Dunkeld.
    »Ich habe sie gefunden«, sagte Cahoon schlicht.
    Vor Entsetzen wäre Elsa fast das Weinglas entglitten. »Ich dachte, sie wäre in einer Wäschekammer gewesen!«
    »Was zum Teufel treibst du am frühen Morgen in einer Wäschekammer?«, fragte Julius mit belustigtem Lächeln.
    »Die Tür stand offen, und es roch sonderbar«, gab Cahoon in scharfem Ton zurück.
    Liliane rümpfte die Nase. »Sofern wir überhaupt darüber reden müssen, könnten wir damit nicht wenigstens bis nach dem Essen warten? Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie die Sache so entschlossen in die Hand genommen haben, doch scheinen Sie in Ihrem Eifer den Takt ein wenig außer Acht gelassen zu haben. Bitte ersparen Sie mir Einzelheiten, während ich meinen Fisch esse.«

    »Bedauerlicherweise werden wir uns nicht allen Unannehmlichkeiten entziehen können«, sagte Cahoon trocken. »Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Dienstboten eine ganze Weile ihren Aufgaben nicht im gewohnten Umfang nachkommen können. Es ist gut möglich, dass der eine oder andere sogar den Dienst quittiert.«
    »Einer von denen sollte das auf jeden Fall tun«, gab Julius zu bedenken.
    Elsa hatte das Bedürfnis zu lachen. Da ihr klar war, dass das eher auf Angst als auf Belustigung zurückging und außerdem äußerst unpassend wäre, unterdrückte sie den Anfall und tat so, als habe sie sich verschluckt. Niemand achtete darauf.
    »Da sieht man mal wieder, wie wenig man die Menschen kennt«, murmelte Olga.
    »Dienstboten kennt man nie«, korrigierte Minnie sie. »Man weiß nur dies und jenes über sie.«
    »Wenn man etwas über den Täter gewusst hätte, wäre er wohl kaum eingestellt worden.« Julius sah sie kühl an.
    »Vermutlich

Weitere Kostenlose Bücher