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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Es ist aber kein Apfelwein mehr da. Vielleicht trinken Sie ohnehin lieber Ale?«
    »Vielen Dank, aber ich lasse besser etwas kommen. Apfelwein ist mir durchaus recht.« Mit diesen Worten stand er auf und zog die Glocke. »Was hat Gracie denn herausbekommen?« Er war enttäuscht, da er in der vielleicht unvernünftigen Hoffnung gekommen war, Pitt habe etwas Wichtiges entdeckt oder gefolgert. Narraway hatte Pitts Fähigkeit schätzen gelernt, komplizierte Mordfälle zu lösen, und er dachte nicht daran, Pitt wieder der Hauptstadtpolizei zu überlassen. Um ihn zu behalten, würde er seinen ganzen Einfluss geltend machen und erforderlichenfalls darauf hinweisen, wie unersetzlich er bei der Aufgabe war, das Land vor anarchistischen Umtrieben oder Unterwanderung durch ausländische Agitatoren zu schützen.
    Ihm war klar, dass er Pitt in diesem Mordfall damit unter Druck setzte, dass er unbedingt einen raschen Erfolg sehen wollte. Das war zwar bitter, aber sie konnten es sich auf keinen Fall leisten zu versagen. Verlangte er da womöglich zu viel?
    Pitt antwortete erst, nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte. Niemand kam auf Narraways Glockenzeichen, was in gewisser Hinsicht verständlich war. Das Personal wusste, um wessen Zimmer es sich handelte, und zweifellos hatten die Gäste des Prinzen Vorrang.
    »Zwei über und über mit Blut befleckte Laken in einem der Wäschekörbe, die man in die Waschküche gebracht hat«, sagte Pitt und sah ihn aufmerksam an.
    Narraway wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Was Pitt da von sich gab, war doch selbstverständlich. Begann er den Kopf zu verlieren? »Wo sonst hätte man die finden sollen?«, fragte er. »Ich nehme an, dass die meisten Laken aus der Wäschekammer da gelandet
sind. Zumindest die, von denen man hofft, sie retten zu können.«
    »Sie sind aber mit dem Monogramm der Königin gezeichnet.« Pitt sah ihn mit gerunzelter Stirn und fragenden Augen an. »Es handelt sich wohlgemerkt nicht um das des Palasts, sondern um das persönliche Monogramm der Königin. Außerdem hatte jemand darin geschlafen. Sie waren zerknittert, und das Blut war verschmiert.«
    »Großer Gott im Himmel, Pitt!«, entfuhr es Narraway. »Was sagen Sie da? Die Königin ist doch auf ihrem Landsitz Osborne House.«
    »Ich weiß«, gab Pitt zurück. »Seit mir Gracie die Laken gezeigt hat, denke ich unausgesetzt darüber nach, was das zu bedeuten hat. Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen. Ganz offensichtlich hat jemand darin geschlafen oder, genauer gesagt, die Laken auf einem Bett benutzt, und jemand hat darauf viel Blut verloren.«
    Narraways Gedanken jagten sich. »Dann kann die Frau unmöglich in der Wäschekammer umgebracht worden sein! Man hat sie wohl irgendwo anders getötet und danach dort hingebracht. Das klingt einleuchtend. Warum hätte sie auch freiwillig mit in die Wäschekammer gehen sollen? Der Täter hat sie nach ihrer Ermordung an einen Ort gebracht, von dem er wohl annahm, dass man ihm von dort aus nicht auf die Spur kommen würde. Darauf hätten wir schon früher kommen müssen.«
    »Leichen bluten nicht besonders stark«, gab Pitt zu bedenken. »Mit dem Tod bleibt das Herz stehen.«
    »Aber nicht schlagartig. Es kann immer noch etwas Blut gepumpt haben«, hielt Narraway dagegen.
    »Nicht annähernd so viel, wie sich auf den Laken in der Wäschekammer gefunden hat. Die Frau muss noch gelebt haben, als sie dahin gebracht wurde.« Pitts Gesicht verzog sich vor Mitgefühl und einer Wut, die Narraway umso tiefer berührte, als er sie an ihm bisher nur selten wahrgenommen hatte.
    »Er muss ihr im Bett den Unterleib aufgeschlitzt, sie dann
nackt durch den Gang geschleppt und ihr erst in der Wäschekammer die Kehle durchgeschnitten haben. Anschließend hat er sie verbluten lassen«, sagte Narraway leise. »Hat man übrigens inzwischen ihre Kleidung gefunden?«
    »Nein.«
    Unwillkürlich überlief Narraway ein Schauer. »Was hat man uns da nur aufgehalst, Pitt?«
    Es klopfte.
    »Herein«, knurrte Narraway.
    Die Tür öffnete sich, und Gracie stand auf der Schwelle. In der Dienstbotentracht des Palastes sah sie ganz verändert und noch kleiner aus als sonst.
    »Kommen Sie herein«, sagte Narraway etwas freundlicher. »Können Sie mir etwas zu essen besorgen, vielleicht das Gleiche, was Pitt hatte, belegte Brote mit Roastbeef und ein Glas Apfelwein?«
    »Ich sag’ in der Küche Bescheid.« Mit diesen Worten schloss Gracie die Tür hinter sich. »Ich bin aber gekomm’, weil eins

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