Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
wie es ist, wenn ein Elefantenbulle angreift – das herrlichste Geschöpf auf Gottes Erdboden. Und unglaublich intelligent. Sie sollten sich das Brüllen von Löwen in der Nacht anhören oder das Gelächter von Hyänen. Es klingt wie das von Menschen, aber völlig verrückt. Das Blut erstarrt einem dabei förmlich in den Adern. Haben Sie schon davon gehört, wie es mit den Trommeln ist? Mit ihrer Hilfe werden Botschaften über Hunderte von Kilometern geschickt, von einem Trommler zum nächsten, wie wir es früher mit Signalfeuern gemacht haben. Nur sind diese Botschaften weit komplizierter, in einer ganz eigenen Sprache abgefasst.«
    Narraway unterbrach seinen Redefluss nicht.
    »Es gibt dort Dutzende von Königreichen«, fuhr Forbes eindringlich fort. »Stammesgrenzen, die nichts damit zu tun haben, wie der weiße Mann die Gebiete einteilt: Zulu, Maschona, Hutu, Massai, Kikuyu und noch viele andere. Die Araber verschleppen nach wie vor Sklaven aus dem Landesinneren in die Hafenstädte und verkaufen sie dort. Es ist ein Kontinent, auf dem uralte Fehden toben, Fehden, von denen wir nichts wissen. Der Hass, der dort herrscht, reicht tausend Jahre in die Vergangenheit.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass das Unternehmen zum Scheitern
verurteilt ist?«, erkundigte sich Narraway. Was er da hörte, beeindruckte und enttäuschte ihn zugleich. War es wünschenswert, dass man den Schwarzen Kontinent durch die Eisenbahn des weißen Mannes zähmte? Sollte das britische Weltreich dort überall Kultur, Handel und das Christentum verbreiten? Oder wäre es besser, Afrikas dunkles Herz nicht zu erobern?
    Er staunte über sich selbst. Gewöhnlich kannte er keinen anderen Wunsch als den, möglichst genaue Fakten in Erfahrung zu bringen. Das gefiel ihm, und er zog seinen Nutzen aus der Macht, die damit verbunden war. Andererseits bedeutete es eine Art Trost, wenn es etwas Unbekanntes gab, denn dann schienen Träume und Wunder noch möglich. Alles zu wissen war gleichbedeutend mit der Zerstörung der unendlichen Zahl von Möglichkeiten und der Hoffnung wider jede Vernunft.
    Sah er diese Haltung auch auf Watson Forbes’ Zügen gespiegelt, vielleicht gar eine gewisse Demut? Oder bildete er sich das nur ein?
    »Keineswegs«, sagte Forbes leise. »Es ist durchaus möglich, dass es eines Tages dazu kommt. Allerdings nehme ich an, dass das weit mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, als diese Männer zu investieren bereit sind. Die Sache verlangt auf der einen Seite mehr Mut und innere Stärke und auf der anderen ein größeres Maß an Weisheit, als ihnen zu Gebote steht.«
    »Kennen Sie Menschen, die das Vorhaben verwirklichen könnten?« Es kostete Narraway Mühe, sich den Grund seines Besuchs in Erinnerung zu rufen.
    »Selbstverständlich. Zwar ist Afrika weit größer als wir, die wir an die Größenverhältnisse hier in England gewöhnt sind, es uns vorstellen können, trotzdem kennen die Weißen dort einander noch. Übermäßig viele sind es nicht.«
    »Sagen Sie mir bitte aufrichtig, was Sie über die vier Männer wissen. Den Grund dafür, dass ich darüber unterrichtet sein muss, kann ich Ihnen bedauerlicherweise nicht sagen, aber Sie dürfen versichert sein, dass die Sache ernst ist – und sie eilt.«
    Forbes sagte nichts darauf, und sofern ihn Narraways Worte
neugierig gemacht haben sollten, ließ sich das an seinem Gesicht nicht ablesen. »Mit wem soll ich anfangen?«, fragte er.
    »Mit Dunkeld.« Er stand an der Spitze der Gruppe, war die bei Weitem beherrschendste Persönlichkeit. Sofern kein Irrer die Tat begangen hatte, sondern ein als normal anzusehender Mensch, durfte man mit Sicherheit annehmen, dass die Triebfeder dafür dessen Wille, Grausamkeit oder ein Fehler gewesen war, den er begangen hatte und vertuschen wollte. »Gibt es noch mehr über ihn zu sagen, als Sie mir bisher mitgeteilt haben? Was wissen Sie über seine Frau?«
    »Elsa?«, fragte Forbes überrascht. »Nicht viel. Sie hat alles, was weibliche Schönheit ausmacht, doch fehlt ihr das innere Feuer. Das macht sie letzten Endes ausgesprochen langweilig.«
    »Sie meinen, sie langweilt ihn?«
    »Ohne jeden Zweifel. Andererseits verfügt sie über gewisse Eigenschaften und Qualitäten, die sie für ihn wohl zur perfekten Ehefrau machen.«
    Narraway zuckte innerlich zusammen.
    »Bei seiner Tochter sieht das völlig anders aus«, fuhr Forbes fort, wobei der kaum wahrnehmbare Anflug eines Lächelns auf seine Lippen trat. »Sie ist attraktiv, voll Leidenschaft und

Weitere Kostenlose Bücher