Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
Vom Netzwerk:
vielleicht gab es irgendetwas, das auf Sarahs Leiche hinwies.
    In der Halle traf sie auf Emma Penrose, die ein Päckchen in der Hand trug.
    „Ach, Miss Clarence, gehen Sie nach draußen?“, fragte sie, und Mabel nickte. „Wären Sie so freundlich, dieses Päckchen Mr Parker rüberzubringen? Der Briefträger hat es versehentlich im Herrenhaus abgegeben. Das wäre sehr freundlich. Ich habe einen Kuchen im Ofen, den ich ungern unbeaufsichtigt lassen möchte.“
    Mabel nahm das schmale, etwa buchgroße Päckchen entgegen. Es lag ihr auf der Zunge zu sagen, der Chauffeur würde wahrscheinlich ohnehin in der nächsten Stunde ins Herrenhaus kommen, denn Parker suchte Abigail regelmäßig nach dem Lunch in deren Zimmer auf. Da sie jedoch nicht wusste, ob Emma Penrose über das Verhältnis ihrer Herrin mit Justin Parker informiert war, wollte sie ihre Cousine nicht unnötig in Verlegenheit bringen. Obwohl sich Mabel kaum vorstellen konnte, dass den Penroses, die sich täglich im Herrenhaus aufhielten, die Beziehung entgangen sein konnte.
    Mabel schlug also zuerst den Weg zu den Garagen ein. Dort, wo neben dem exklusiven Rolls Royce und dem chromglänzenden Jaguar jetzt auch Mabels alter Vauxhall Corsa stand, waren einst die Pferdeställe gewesen. In den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts hatte Sir Tremaine, Arthurs Vater, neue Stallungen etwas weiter entfernt vom Herrenhaus bauen und die alten zu Garagen umbauen lassen. Die darüberliegende ehemalige Kutscherwohnung war in ein modernes Apartment umgestaltet worden, seitdem lebte dort der jeweiligeChauffeur von Higher Barton. Langsam stieg Mabel die schmale und steile Treppe zu der Wohnung hinauf und klopfte an die grüne Holztür. Es regte sich nichts. Mabel wollte das Päckchen gerade vor der Tür ablegen, damit Parker es fände, wenn er nach Hause käme, da hörte sie in der Wohnung das Tappen von Füßen. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet.
    „Ja, bitte?“
    Justin Parker schien gerade geduscht zu haben, denn sein Haar war feucht und um die Hüften trug er nur ein knappes Handtuch. Mabel war zwar schon über sechzig, trotzdem eine Frau, und beim Anblick von Parkers braungebranntem, muskulösem und glattrasiertem nacktem Oberkörper errötete sie.
    „Das wurde versehentlich im Herrenhaus abgegeben“, sagte sie und merkte verärgert, wie ihre Stimme vibrierte. Als sie ihm das Päckchen gab, fiel ihr Blick auf den Absender – es war eine Adresse in Bristol. „Sie haben Freunde in Bristol?“, entfuhr es ihr.
    Justin Parkers Augen verengten sich zu Schlitzen.
    „Mag sein.“ Er riss Mabel das Päckchen regelrecht aus den Händen und wollte die Tür schließen, doch bevor diese ins Schloss fiel, hörte Mabel eine weibliche Stimme rufen: „Justin, Liebling, was ist denn? Ich warte auf dich.“
    Irritiert ging Mabel die Treppe hinunter. In ihr war alles in Aufruhr. Die Stimme war ihr irgendwie bekannt vorgekommen, wenngleich Mabel sie keinem Gesicht zuordnen konnte, deren Bedeutung und zudem Parkers spärliche Bekleidung sprachen allerdings Bände.
    „Arme Abigail“, murmelte Mabel. Von ihr würde Abigail nichts erfahren. Mabel war nicht allzu überrascht, dass Justin Parker noch eine andere Geliebte hatte, dass er allerdingsdie Unverfrorenheit besaß, diese nach Higher Barton zu holen, war der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Offenbar hatte Parker keine Angst, Abigail könnte hinter sein Doppelleben kommen, oder – und bei diesem Gedanken sträubten sich Mabels Nackenhaare – Abigail wusste davon und tolerierte es. Das würde Mabel nicht wundern, denn Abigail würde wahrscheinlich alles tun und ertragen, um ihren jungen Liebhaber nicht zu verlieren. Vielleicht würde sie sogar eine unerwünschte Nebenbuhlerin aus dem Weg schaffen … Auf der einen Seite hatte Mabel Mitleid mit ihrer Cousine, auf der anderen Seite war sie an ihrer Situation selbst schuld. Abigail war keine Frau, die den Rest ihres Lebens als trauernde Witwe verbringen wollte, dazu war sie zu attraktiv und agil. Warum suchte sie sich aber nicht einen Mann in ihrem Alter? Der nette Trevor Cavendish zum Beispiel. Der Lord und Abigail würden ein schönes Paar abgeben.
    Mabel dachte daran, ob es etwas zu bedeuten hatte, dass Parker Post aus Bristol, der Heimatstadt Sarah Millers, erhielt. Gut, Bristol war eine Großstadt mit fast einer halben Million Einwohner – warum sollte Parker keine Bekannten, wenn nicht sogar Verwandte dort haben?
    „Weil es ein seltsamer Zufall ist, dass auch Sarah dort

Weitere Kostenlose Bücher