Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
schnellen, kurzen Sätzen dem Anwalt alles zu erzählen. Je länger sie sprach, desto mehr verdüsterte sich Trengoves Gesicht, und, als der Name Victor Daniels fiel, wurde seine Miene richtiggehend zornig.
„Sie kennen Victor?“, fragte Trengove, als Mabel geendet hatte. Sie nickte, und er fuhr fort: „Victors und mein Vater waren Freunde, die besten, die man sich vielleicht vorstellen kann. Sie waren zusammen auf der Schule, später war Victor sein Trauzeuge und schließlich wurde er mein Pate. Ich habe ihn immer mehr als Onkel gesehen als meine leiblichen Verwandten. Bis …“ Er brach ab und schüttelte den Kopf.
„Bis was?“, hakte Mabel nach, begierig zu erfahren, was zwischen den Männern vorgefallen war. Doch der Anwalt schwieg. „Hat Victor Sie auch nach Sarah Miller gefragt?“, knüpfte Mabel an.
Trengove verneinte. „Wir haben seit einigen Jahren keinen Kontakt mehr.“ Bevor Mabel nach dem Grund fragen konnte, sagte er schnell: „Es ist eine Privatangelegenheit, ich möchte darüber nicht sprechen.“
Mit diesen Worten bestätigte er Victors Aussage und Mabel war geneigt zu glauben, dass es sich wirklich nur um einlänger zurückliegendes Zerwürfnis handelte. Sie wusste, es hatte keinen Sinn, in Trengove zu dringen, außerdem war sie wegen Sarah und nicht wegen Victor gekommen, daher sagte sie: „Ich weiß, es ist nicht leicht, mir zu glauben, ich versichere Ihnen jedoch, dass alles, was ich gesagt habe, der Wahrheit entspricht und ich keinesfalls wirr im Kopf bin oder an Halluzinationen leide.“
Zum ersten Mal lächelte Trengove. „Einen solchen Eindruck habe ich von Ihnen nicht gewonnen, Miss Clarence. Also gut …“ Er zuckte die Schultern und seufzte. „Miss Miller hat sich seit über zwei Wochen nicht wieder mit mir in Verbindung gesetzt, auch von Lady Tremaine habe ich keinen Anruf oder sonstige Nachricht erhalten. Dabei sollte man meinen, beide Frauen hätten miteinander jede Menge zu klären. Außerdem habe ich Miss Miller meine Hilfe zugesichert, ihre Ansprüche durchzusetzen, sollte sie auf Widerstand stoßen, was ich eigentlich erwartet hätte. Für Lady Tremaine muss ein uneheliches Kind ihres verstorbenen Mannes doch entsetzlich sein. Jeder in Cornwall weiß, wie sehr Ihre Cousine auf den guten Ruf der Familie bedacht ist.“
„Abigail behauptet, den Namen Sarah Miller nie gehört zu haben und der Frau nie begegnet zu sein“, sagte Mabel nachdenklich. „Entweder sagt sie die Wahrheit und Sarah wurde ermordet, bevor sie mit meiner Cousine sprechen konnte, oder aber …“
„Sie verdächtigen Lady Tremaine?“
Mabel sah ihn ernst an. „So sehr ich meine Cousine schätze, die Beweise scheinen mir keine andere Wahl zu lassen. Aus diesem Grund ist es wichtig zu erfahren, weshalb es erst jetzt zu der Eröffnung, Arthur Tremaine habe ein uneheliches Kind, gekommen ist. Hatte er es nicht in seinem Testament vermerkt?“
„Arthur Tremaine suchte mich ein knappes Jahr vor seinem Tod auf.“ Alan Trengove war nun bereit, offen zu sprechen. „Damals weihte er mich in sein Geheimnis ein, er habe vor vielen Jahren eine Affäre mit einer Barsängerin aus Bristol gehabt, und aus dieser Beziehung sei ein Kind hervorgegangen. Bisher habe er diese Vaterschaft allerdings geleugnet, nun jedoch habe die Mutter des Kindes heimlich einen Vaterschaftstest machen lassen und ihn mit dem Ergebnis konfrontiert. Einige Wochen zuvor war diese Dame nämlich plötzlich auf Higher Barton aufgetaucht, hatte etwas von einem Interview, das sie für eine Jagdzeitschrift mit ihm machen wolle, gefaselt und sich ihm an den Hals geworfen, bevor Arthur sich von dem Schreck, seine ehemalige Geliebte zu sehen, erholen konnte. Da er natürlich wusste, was sie auf Higher Barton wirklich wollte, warf er sie eigenhändig aus dem Haus, bevor Lady Abigail von dem Vorfall etwas mitbekommen konnte. Erst später erkannte Sir Tremaine, dass sie ihm bei dieser Gelegenheit ein paar Haare ausgerissen haben musste. Nun haben diese heimlichen Vaterschaftstests vor Gericht allerdings keinen Bestand, Arthur Tremaine war jedoch zu der Erkenntnis gelangt, dass er sich gegenüber seiner Tochter mehr als schändlich verhalten hatte und wollte es wieder gut machen. Nun, für ihn bedeutete das natürlich nur einen finanziellen Ausgleich, um genau zu sein, er wollte ihr als Erbin fünfzig Prozent seines Vermögens vermachen. Er war nie ein Vater für seine Tochter gewesen, konnte und wollte das auch jetzt nicht sein. Er hat das
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