Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
mehrmals zwinkerte, war sie sich sicher: Das Mädchen auf dem Plakat hatte nicht nur Ähnlichkeit mit der Toten von Higher Barton, nein, es handelte sich hier um ein und dieselbe Person! Damit aber nicht genug – sie trug sogar das Kleid, in dem sie erdrosselt worden war.
„Verrat in Lower Barton“ las Mabel aufgeregt und war froh über ihren stabilen Kreislauf, denn ihr Herz pochte aufgeregt in ihrem Hals.
Großer Festumzug anlässlich des 360. Jahrestages und Aufführung der Geschichte der unglücklichen Mary Lerrick
…
Rasch las sie noch den Hinweis, dass für das Theaterstück ab sofort Eintrittskarten bei der
Tourist Information
erhältlich seien, dann lief sie, so schnell sie konnte, die Straße hinunter, an deren Ende sich das Touristenbüro befand. Mabel hatte Glück. Eine Dame wollte gerade die Tür absperren, denn es war bereits nach fünf Uhr, sie ließ Mabel jedoch noch eintreten.
„Danke, Sie sind sehr freundlich.“ Mabel rang nach Luft, der schnelle Schritt hatte sie außer Atem gebracht. „Ich habe auch nur eine Frage, aber die ist äußerst wichtig.“
Die Dame ließ sich nicht anmerken, dass Mabel ihren Feierabend verzögerte, sondern fragte mit einem geschäftsmäßig freundlichen Lächeln: „Womit kann ich Ihnen dienen, Lady?“
„Ich habe ein Plakat zu einem Festumzug und einem Theaterstück gesehen“, antwortete Mabel.
„Möchten Sie eine Karte für die Aufführung kaufen?“ Die Dame griff nach einer Box unter dem Tresen, in dem offenbar die Karten aufbewahrt wurden. Mabel schüttelte den Kopf.
„Nicht heute, vielleicht später, aber ich würde gerne mehr darüber wissen. Ähm … ganz besonders interessiert es mich, wer das Mädchen auf dem Plakat ist.“ Als sie das Stirnrunzeln der Dame sah, fügte sie hastig hinzu: „Also, das Foto … das Mädchen sieht genauso aus, wie die Tochter einer früheren Schulfreundin, zu der seit Jahren der Kontakt abgebrochen ist. Vielleicht könnte ich so meine Freundin wiederfinden?“ Blitzschnell war Mabel diese Begründung eingefallen, und sie hoffte, sie würde glaubhaft klingen.
Die Dame seufzte und strich sich eine Strähne ihres langen dunklen Haares hinters Ohr.
„Es tut mir leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen. Für die Gestaltung der Plakate ist der Historische Verein zuständig, eventuell auch die Theatergruppe selbst. Ich verkaufe hier nur die Karten für die Aufführung. Ich nehme jedoch an, das Mädchen auf dem Foto ist die Hauptdarstellerin des Stückes. Ich habe es auch schon gesehen und muss sagen, dass sie dieser Mary Lerrick sehr ähnlich sieht. So eine große Ähnlichkeit gab es zuvor noch nie.“
„Mary Lerrick?“, wiederholte Mabel. Dieser Name war auf dem Plakat auch vermerkt. „Wer ist das?“
Nun runzelte die Dame doch ein wenig unwillig die Stirn. Sie hatte seit zehn Minuten Feierabend und musste noch einkaufen, weil zu Hause ihr Mann und zwei Kinder auf das Abendessen warteten. Sie bückte sich und angelte unter dem Tresen eine Broschüre hervor.
„Steht alles hier drin.“ Ihr Lächeln war weiterhin freundlich und unverbindlich, Mabel spürte jedoch deutlich die zunehmende Ungeduld der Dame. Mabel schluckte kurz, als sie den Preis las, kramte aber nach ihrem Geldbeutel und bezahlte die vier Pfund. Sie musste das Heft unbedingt haben, dennauf dem Cover war die Zeichnung eines Mädchens abgebildet, das eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Toten in der Bibliothek hatte.
Mabel brannte darauf, mehr über Mary Lerrick zu erfahren, hier im Ort hatte sie aber keine Ruhe dazu. Kurz überlegte sie, sich ein Taxi nach Higher Barton zu nehmen, verwarf die Idee aber wieder. Sie hätte Abigail erklären müssen, warum sie den Weg nun doch nicht zu Fuß gegangen war, und ihre Cousine in die neuesten Erkenntnisse einweihen, wollte Mabel nicht. Abigail würde ihr erneut nicht glauben, daher musste sie erst selbst mehr über dieses Mädchen in Erfahrung bringen. Wenn Mabel sich beeilte, konnte sie in weniger als einer Stunde im Haus sein und noch vor dem Abendessen in der Broschüre lesen.
Sie schritt rasch aus, und als sie auf die schmale Landstraße, die sich durch weitläufige Wiesen und Kornfelder schlängelte, einbog, ließ der Autoverkehr nach. Die Luft war mild, aber nicht zu warm, so war der Spaziergang eine wahre Freude. Plötzlich hörte Mabel das Aufheulen eines Motors hinter sich. Schnell drückte sie sich in die meterhohe Hecke, die die Straße an beiden Seiten säumte, denn offenbar näherte sich
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