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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Vater von neun Kindern. Trotzdem kümmerte er sich aufopfernd um den verwundeten Prinzen und teilte das wenige, das er besaß, bereitwillig mit seinem künftigen Souverän. John Lerrick wusste, es würde ihn den Kopf kosten, sollte man Prinz Charles in seinem Keller entdecken, dennoch stand er treu und fest zu ihm. Nicht nur Lower Barton, sondern ganz Cornwall war royal und leistete bis zum Kriegsende heftigen Widerstand gegen Cromwells Truppen, wie Sie vielleicht wissen. Lerrick hatte eine junge und außerordentlich hübsche Tochter mit Namen Mary. Es war allgemein bekannt, dass sie die Armut hasste und von einem besseren Leben träumte. Darum wies sie auch jeden Heiratsantrag ab, da ihr die Bewerber allesamt nichts bieten konnten. Mary Lerrick wollte hoch hinaus, am besten einen Lord heiraten und dann die große Dame sein. So nutzte sie die Chance, die Pflege des Prinzen zu übernehmen, und wich kaum noch von seinem Lager. Wahrscheinlich hoffte sie, später von ihm entsprechend entlohnt zu werden. Manche Stimmen behaupteten sogar, zwischen Mary und Charles wäre eine zarte Liebesgeschichte gewachsen, was bei dem lockeren Lebenswandel des Prinzen durchaus vorstellbarist. Die Einwohner von Lower Barton waren sich einig, niemandem gegenüber auch nur ein Sterbenswörtchen über den Aufenthaltsort des Prinzen verlauten zu lassen. Die feindlichen Truppen waren auf der Suche nach Charles immer näher gekommen und bildeten bald einen Ring um den Ort. Als der Prinz sich soweit erholt hatte, um seine Flucht fortzusetzen, sollte er in der Nacht den Fluss hinunter nach Polperro und von dort mit einem Fischerboot übers Meer nach Falmouth geschafft werden, da diese Hafenstadt noch nicht von Cromwells Truppen belagert wurde. Nur wenige waren in diesen Plan eingeweiht, aber ohne Zweifel wusste Mary davon.“
    Victor machte eine Pause und nahm einen langen Schluck aus seinem Bierglas.
    „Ich beginne zu verstehen“, sagte Mabel, die ahnte, was Victor weiter erzählen würde.
    Nachdem er sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen gewischt hatte, fuhr er fort: „Mitten in der Nacht brachten zwei Männer Prinz Charles zu dem kleinen Hafen, doch bevor der Prinz das Boot besteigen konnte, tauchte plötzlich eine Hundertschaft von Rundköpfen – wie die parlamentarischen Truppen ja allgemein genannt wurden – auf, und es kam zu einem heftigen Kampf, der sich auf den ganzen Ort ausweitete. Neunzehn Einwohner von Lower Barton ließen ihr Leben und Dutzende wurden verwundet, dem Prinzen gelang glücklicherweise aber dennoch die Flucht. Außer sich vor Zorn, dass ihnen der Prinz erneut entkommen war, verwüsteten die Rundköpfe alle Häuser, plünderten sie und steckten sie in Brand, auch Frauen wurden vergewaltigt, und die Männer, die ihnen helfen wollten, grausam niedergemetzelt. Als die Truppe abzog, war es für die verzweifeltenÜberlebenden klar, dass der Fluchtplan verraten worden war – und eine Schuldige war schnell gefunden: Mary Lerrick! Das Mädchen hatte als eine von wenigen Bewohnern Lower Bartons von dem Plan, den Prinzen in dieser Nacht fortzuschaffen, Kenntnis gehabt. Und sie war als Einzige unbehelligt geblieben, denn sie hatte den Ort rechtzeitig verlassen und sich im Wald verstecken können. Erschwerend kam hinzu, dass man im Keller ihres Hauses einen Beutel mit mehr Gold, als jemals jemand zuvor auf einem Haufen gesehen hatte, fand. Sie wurde angeklagt, Charles beraubt und an die Rundköpfe verraten zu haben. Vielleicht tat sie es aus verschmähter Liebe, da Charles nicht bereit gewesen war, sie auf seine Flucht mitzunehmen. Niemand glaubte Marys Beteuerungen, sie hätte das Gold von Charles als Dank für ihre Pflege erhalten. Der ganze Zorn über die toten Männer und ihr verwüstetes Dorf richtete sich gegen die arme Mary, und man hängte sie ohne einen Prozess bei Morgengrauen auf dem Marktplatz. Sie beteuerte bis zu Schluss ihre Unschuld, aber niemand schenkte ihr Gehör. Ihr Vater, der das Gemetzel überlebt hatte, und die Mutter samt Geschwistern wurden mit Schimpf und Schande aus Lower Barton verjagt.
    Erst etwa vierzig Jahre später gestand ein Mann auf dem Totenbett, der einst um Mary geworben und von ihr wiederholt abgewiesen worden war, er habe den Prinzen verraten. Er wollte damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: zum einen sich an Charles rächen, da dieser Marys Zuneigung gewonnen hatte, zum anderen in den Besitz von genügend Geld kommen, damit Mary ihn endlich erhören würde. Kurz

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