Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
Vom Netzwerk:
der Hand, als wollte er eine Fliege verscheuchen. Er hatte eben ein kurzes Gespräch mit dem ermittelnden Richter geführt, doch der hatte so viel mit anderen Fällen zu tun, die ihm vordringlich erschienen, dass er sich, vorerst wenigstens, damit begnügen würde, den Fall nur zu beobachten. Noch davor hatte er mit dem Bürgermeister telefoniert. Und zwischendrin hatte er mit einem Pressesprecher aus der Questura gesprochen, der ihm die unangenehme Neuigkeit übermittelt hatte, dass eine der Abendzeitungen bereits einen kleinen Artikel gebracht hatte. Vorläufig handelte es sich nur um eine Lokalmeldung. Ehemaliger Widerstandsheld in eigener Wohnung ermordet. Bislang hatte die Questura den tragischen Todesfall lediglich bestätigt. Aber es gab keine Garantie – sondern es war im Gegenteil ziemlich unwahrscheinlich –, dass die Story nicht um sich greifen würde, und dann würde sie mit Sicherheit, wenn nicht die Fantasie der Öffentlichkeit, so doch die der Redakteure anheizen. Falls das passierte, würde sich eine Pressekonferenz nicht vermeiden lassen. Und dann wäre es von Vorteil, wenn sie etwas Handfestes vorzuweisen hätten.
    »Für irgendjemanden ergibt das offenbar doch einen Sinn«, sagte er. »Und was unternehmen wir, um ihn zu finden?«
    Enzo sank in einen der schwarzen Ledersessel am Fenster und zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab.
    »Wir durchkämmen die Schwulenbars und Klubs. Wir haben gute Verbindungen dorthin, also müssten wir es erfahren, falls man dort irgendwas gehört hat. Von jemandem mit einem komischen Salzfetisch, der gern Hinrichtungen nachstellt – was weiß ich. Wir gehen die Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras in der Nähe des Gebäudes durch …«
    Pallioti hatte den Rand seiner Schreibunterlage studiert und sah auf.
    »Gibt es dort welche?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete Enzo. »Ein paar Blocks weiter gibt es mehrere in einer Parkgarage. Aber wer weiß, vielleicht haben wir ja Glück. Und finden jemanden, den wir kennen.« Er nahm den nächsten Finger. »Ich habe ein paar Leute in das Wohnhaus geschickt, die von Wohnung zu Wohnung gehen, solange alle beim Abendessen sitzen. Hatte er vielleicht Feinde? Wurde er bedroht? Hat er sich merkwürdig benommen? Haben Fremde vor dem Haus herumgelungert? Wir überprüfen auch den Jungen, der die Wurfsendungen verteilt hat, falls dem was aufgefallen ist. Ich beschaffe mir Zugriff auf Trantementos Bankkonten. Wir versuchen, so viel wie möglich über seine geschäftlichen Verbindungen zu erfahren. Und mit etwas Glück werden wir morgen von der Ballistik einen Bericht über die Kugel erhalten. Daraus müsste sich etwas machen lassen. Falls ja, werden wir das mit unseren Datenbanken abgleichen. Die Kugel und das Salz sollten uns zumindest einen Anhaltspunkt liefern. Falls unser Freund irgendwo in Europa schon einmal etwas Ähnliches durchgezogen hat, werden wir es erfahren. Im Idealfall könnten wir sogar die Waffe bestimmen. Falls wir sie davor nicht irgendwo finden. Wir haben alle Müllcontainer im Umkreis von zweihundert Metern beschlagnahmt. Und dann«, ergänzte er, »wäre da noch der Safe.«
    Pallioti zog die Augenbrauen hoch. Das Ding hatte ausgesehen, als stamme es aus einem amerikanischen Gangsterfilm der Dreißigerjahre. Er hatte angenommen, dass man es mit einer Briefklammer oder schlimmstenfalls einer Nagelfeile öffnen konnte.
    »Offenbar«, sagte Enzo, »legte Signor Trantemento großen Wert auf Sicherheit – zumindest bei seinen Unterlagen, wenn auch nicht bei seiner Wohnungstür. Der Safe verfügt über einen ziemlich ausgeklügelten Mechanismus. Unser Typ brachte ihn nicht auf. Wir müssen einen Spezialisten hinzuziehen. Und der nächste sitzt in Genua.«
    Warum, dachte Pallioti, überraschte ihn das nicht?
    Enzo sah auf die Uhr. »Inzwischen müsste er dort sein.«
    Pallioti sah aus dem Fenster. Die Piazza lag im Dunkeln. Lichter glänzten auf dem feuchten Pflaster.
    »Was wissen wir über Giovanni Trantemento?«, fragte er.
    »Abgesehen davon, dass irgendjemand ihn offenbar für wichtig genug hielt, um ihn zu foltern und zu töten?« Enzo sah ihn an. »Bis jetzt nicht allzu viel. Er war nie verheiratet. Wohnte seit über vierzig Jahren in dieser Wohnung. Seit einundvierzig Jahren, um genau zu sein. Er ist nicht vorbestraft. Besitzt kein Auto. Besitzt keinen Computer. Wir gehen gerade seinen Schreibtisch und sein Adressbuch und so weiter durch. Außerdem werde ich jemanden nach Rom schicken. Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher