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Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
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man auf etwas gestoßen wäre, was auch nur entfernt Erfolg versprochen hätte. Sie durchleuchteten immer noch Giovanni Trantementos Geschäftsfreunde. Der englische Lord machte allem Anschein nach Urlaub in Sri Lanka oder Indien oder weiß Gott wo, wo Briten in weißen Leinenhosen herumstolzierten. Die Botschaft in London versuchte, ihn aufzuspüren. Bis dahin würden neben der Familie Valacci auch alle anderen im Testament Begünstigten gründlich durchleuchtet. Aber falls es dabei nicht wider Erwarten zu spektakulären Enthüllungen kam, schien keiner davon so versessen auf das Erbe zu sein, dass er entweder einen Auftragskiller angeheuert oder selbst eine Waffe gekauft hatte. Von dem Salz ganz zu schweigen. Kurz gesagt, sie hatten zweiundsiebzig Stunden nach dem Mord an Giovanni Trantemento noch keine heiße Spur. Sie hatten keine Ahnung, wer ihn umgebracht haben könnte und warum.
    Pallioti hatte das Vergnügen gehabt, den Tag damit zu beginnen, dass er den Bürgermeister darüber informierte. Ein Anruf in der Presseabteilung, bei dem ihm bestätigt wurde, was Saffy am Vorabend erzählt hatte, hatte seine Laune weiter eingetrübt. Auf nationaler Ebene war die Nachrichtenlage zurzeit ruhig und wenig spannend. Kein Fußballverein hatte einen Starspieler angeheuert oder gefeuert, und der Premierminister war außer Landes. Infolgedessen machten die Zeitungen inzwischen mit der Trantemento-Story auf. Allgemein wurde über Neonazis spekuliert, außerdem ereiferte sich ein Blatt in einem Leitartikel über die Unfähigkeit des Staates, seine Bürger zu beschützen, und ein weiteres über die unseligen Konsequenzen einer Gesellschaft, in der die Polizei sich nicht um die Älteren kümmerte. Kurz und schlecht, eine Pressekonferenz ließ sich nicht länger hinauszögern. Sie war für den Abend angesetzt, sodass in den Nachrichten live darüber berichtet werden konnte. Pallioti war der offizielle Sündenbock. Es war eine der Schattenseiten dieses Jobs. Und diesmal war der Schatten besonders düster, weil er der Presse rein gar nichts zu erklären hatte.
    »Erzählen Sie mir noch mal von diesem Schachklub«, sagte er.
    Enzo zuckte mit den Achseln.
    Wie sich herausgestellt hatte, hatte Giovanni Trantemento dem Schachklub Alexandria eine ansehnliche Summe vermacht. Der Klub wurde anscheinend von einem gewissen Sergio Pavlakoff geführt, dem Sohn eines russischen Emigranten, der den Schachklub kurz nach dem Krieg gegründet hatte, und ehrlich gesagt hielt Pallioti es für eher unwahrscheinlich, dass dort Geld gewaschen wurde, Killer gekauft oder andere ruchlose Taten begangen wurden. Aber momentan, dachte er, waren sie für jeden Strohhalm dankbar, an den sie sich klammern konnten.
    »Er befindet sich abseits des Poggio Imperiale«, sagte Enzo. »In derselben Villa wie damals. Kennen Sie diese Häuser?«
    Pallioti kannte sie. Die meisten Villen auf dem Hügel waren riesige Kästen, die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erbaut worden waren – so wie er es sah, architektonisch gesehen keine besonders glückliche Zeit. Die Gebäude, die in privater Hand geblieben waren, verfielen unaufhaltsam, zu Tode gepflegt von ihren zunehmend verzweifelten Besitzern, die nach und nach dazu übergingen, ihre einstigen Wohnräume wenig einfallsreich in Zahnarztpraxen umzuwandeln. Oder Schachklubs.
    »Sie wurde gerade eben renoviert«, sagte Enzo. »Aber ich glaube nicht, dass wir dort fündig werden. Sie bekommen viele Spenden von ihren Mitgliedern, und Trantemento war großzügig. Ich habe mir eine Quittung zeigen lassen. Signor Pavlakoff führt genau Buch. Darüber hinaus«, fuhr er fort, »ist er entweder ein begnadeter Lügner, oder er hatte tatsächlich keine Ahnung, was für ein Geldsegen ihm ins Haus steht.«
    »Was ist mit Freunden? Hatte er dort welche?«
    Enzo lächelte. »Das habe ich auch gefragt, daraufhin hat er mich angesehen, als wäre ich verrückt. Oder als hätte ich die Hose heruntergelassen.«
    Pallioti zog die Augenbrauen hoch.
    »Offenbar hatte ich da etwas falsch verstanden«, erklärte Enzo. »Man geht nicht dorthin, um Freunde zu treffen. Sondern um Schach zu spielen. Viele Mitglieder sind ziemlich bekannte Turnierspieler. Trantemento kam regelmäßig zweimal die Woche, immer mittwochs und freitags. Er kam um sieben, spielte normalerweise zwei Partien und war absolut pünktlich. Ich schätze, das sind sie alle. ›Man kann die Uhr nach ihnen stellen‹, so haben sie es ausgedrückt.«
    »Und wie lange ging das schon

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