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Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
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dass sie ihn ebenfalls überwältigen könnte, außerdem warteten gleich um die Ecke die Arrestzellen. Wenn andererseits jemand aus Enzos oder Cesare D’Alettos Team geplaudert hatte, was wesentlich wahrscheinlicher war, dann würde er, ohne zu zögern, dessen Zunge herausschneiden. Und zwar höchstpersönlich.
    Er sah, dass der Kellner auf sie zukam. Schnell zückte er einen Zwanzigeuroschein – er war nicht in der Stimmung, ihr einen Vorteil zu verschaffen, indem er sich von ihr einladen ließ. Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatte, brummelte er, dass er ein Glas Rotwein trinken werde.
    Eleanor Sachs sah auf. Etwas wie ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, so als wüsste sie genau, dass er sich eigentlich einen doppelten Grappa wünschte.
    »Danke«, sagte sie. »Das ist sehr großzügig. Ich dachte, Sie würden vielleicht das hier sehen wollen.«
    Sie klappte ihre Brieftasche auf und schob zwei Karten über den Tisch. Die eine war ein amerikanischer, in Ohio ausgestellter Führerschein. Die andere war eine Art Dienstausweis, der von einer gewissen Exeter University in England ausgestellt worden war. Auf beiden war ein Bild abgedruckt, das der Frau ihm gegenüber halbwegs ähnlich sah. Beide verrieten ihm, dass sie fünfunddreißig Jahre alt war und Eleanor Angela Sachs hieß. Er nickte und schob ihr die Karten wieder zu.
    »Ich wiederhole meine Frage«, sagte er. »Was genau, Dottoressa Sachs, kann ich für Sie tun?«
    Der Kellner kam mit den Getränken. Eleanor Sachs schenkte etwas Wein aus der kleinen Karaffe, die er vor ihr abstellte, in ihr Glas. Ihre Hand zitterte nicht, aber sie wirkte auch nicht ruhig.
    »Ich glaube«, sagte sie, »dass ich eher etwas für Sie tun kann.«
    Gehorsam schluckte er den Köder. »Und das wäre?«
    »Also …« Sie verstummte und steckte die Karten in die Brieftasche zurück. Dann sagte sie: »Zum einen könnte ich Ihnen von Roberto Roblino erzählen.«
    Palliotis Hand stockte einen Sekundenbruchteil zu lang, während er nach seinem Glas griff. Eins zu null für Doktor Sachs.
    »Ich nehme an, Sie wissen, wer das ist?«, fragte Eleanor Sachs. »Roberto Roblino?«
    Pallioti nahm einen Schluck Wein. Eleanor Sachs beobachtete ihn aufmerksam. Ihre Augen waren verstörend groß und leicht angeschnitten, fast wie die einer Katze.
    »Ich bin keine Journalistin«, erklärte sie unvermittelt. »Das macht Ihnen doch solche Sorgen, oder? Darum haben Sie meine Anrufe nicht erwidert.« Sie lachte eigentümlich bellend. »Ich kann Ihnen das nachfühlen«, meinte sie dann. »Ich habe den Artikel in der New York Times gelesen. Ein grauenhaftes Machwerk. Ehrlich.« Sie zog mit dem Finger ein X über ihre Brust. »So einen Müll würde ich nie schreiben. Ich bin Universitätsprofessorin, kein Sensationsreporter.«
    »Eine Professorin?«
    Eigentlich war es Pallioti gleich, was sie machte. Er wollte nur erfahren, und zwar möglichst bald, wie viel sie wirklich wusste und woher sie es wusste. Doch so, wie es aussah, stand ihm zumindest eine kurze Tour durch ihre Biografie bevor, denn Eleanor Sachs nickte enthusiastisch, so als würde ihr Professorenstatus wie durch Zauberhand alles Weitere erklären.
    »An der Exeter University«, führte sie aus. »In England. Mein Mann und ich lehren beide dort. Er ist Engländer«, ergänzte sie.
    »Wie nett«, meinte Pallioti. »Trotzdem verstehe ich das nicht. Wieso, Dr. Sachs, interessieren Sie sich für diesen Fall und für Giovanni Trantemento?« Ihm fiel ein Spruch mit Speck und Mäusen ein, darum bemühte er sich um ein Lächeln. Das Ergebnis blieb eher unterkühlt.
    Eleanor Sachs sah ihn misstrauisch an.
    »Verstehen Sie«, erläuterte Pallioti, »ungeachtet Ihres Berufs, Signora – oder ist Ihnen Dottoressa lieber?«
    »Belassen wir es bei Signora.«
    »Also«, setzte er noch einmal an, »ungeachtet Ihres Berufs, Signora Sachs, haben Sie mir noch nicht erklärt, was Sie zu wissen glauben – denn ich gehe davon aus, dass Sie etwas zu wissen glauben – oder wie Sie darauf gekommen sind, dass Sie etwas wissen könnten, oder warum Sie offenbar so entschlossen sind, mit mir zu sprechen, dass Sie ständig in meinem Büro anrufen und sich notfalls vor mein Auto werfen würden.«
    Sie lächelte. Pallioti freute sich, dass es eher wie ein nervöses Zucken aussah.
    »Also, ich schreibe ein Buch, müssen Sie wissen.«
    »Ein Buch?«
    »Ja. Wie gesagt, ich lehre an der Exeter University in England und schreibe zurzeit an einem Buch. Ich habe schon

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