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Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
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mehrere verfasst, aber in diesem beschäftige ich mich mit den Partisanen.«
    »Mit den Partisanen?«
    »Genau.« Sie nickte. »Sozialgeschichte.« Sie spürte wieder Boden unter den Füßen und fuhr selbstbewusster fort: »Ich sammle mündliche Überlieferungen, Lebensgeschichten, solche Sachen. Darin habe ich meinen Abschluss gemacht. Und vor etwa anderthalb Jahren sprach ich mit Roberto Roblino.«
    Sie sieht mich an, dachte er, als würde sie erwarten, dass mir vor Staunen das Kinn nach unten klappt. Oder dass ich aufspringen und ihr applaudieren würde. Weil sie einen Abschluss gemacht hatte. Weil sie Bücher geschrieben hatte. Weil sie Leute interviewte. Irgendwie hatte er plötzlich ein ausgesprochen ärgerliches Déjà-vu.
    Er nickte und gab ihr ein Zeichen weiterzusprechen, und zwar möglichst knapp.
    Sie sah ihn an, ebenfalls verärgert, trank dann einen Schluck Wein und sagte: »Ich wollte noch einmal mit ihm sprechen. Mit Roberto Roblino. Ich habe ein Forschungssemester eingelegt«, ergänzte sie. »Um an meinem Buch zu arbeiten. Meine Forschungen abzuschließen. Vor etwa einer Woche kam ich wieder nach Italien. Seither habe ich versucht, ihn anzurufen. Dann habe ich erfahren, dass er tot ist.«
    Sie sah Pallioti an, als würde das irgendwie erklären, warum sie ihn sprechen wollte. Wieder bedeutete er ihr weiterzusprechen.
    »Und?«
    »Also, eigentlich hatte ich auch vor, mit Giovanni Trantemento zu sprechen, während ich in Italien bin.« Eleanor Sachs sah ihn an. Als er nichts dazu sagte, zog sie die Stirn kraus und kniff ihr kleines, herzförmiges Gesicht zusammen. »Ehrlich gesagt hatte ich mich schon länger um ein Gespräch mit ihm bemüht. Aber er meinte, er gebe keine Interviews. Darum dachte ich, ich schaue einfach persönlich bei ihm vorbei. Die Menschen schicken einen nicht so schnell weg, wenn man direkt vor ihrer Tür steht. Aber als ich hier ankam und zu ihm nach Hause ging, erfuhr ich, dass er umgebracht worden war. Die Hausmeisterin – die alte Dame, die aussieht wie eine Gefängniswärterin – wollte mir nichts verraten. Darum rief ich bei Roberto Roblino an. Ich wollte ihm sagen, wie leid es mir tut. Ich wollte …«
    Sie schüttelte den Kopf, als sei offensichtlich, was sie gewollt hatte. Sie griff nach ihrem Weinglas und nahm wieder einen Schluck.
    »Also, Sie können es sich vorstellen«, sagte sie. »Was ich mir dachte, als ich erfuhr, dass er in seinem eigenen Haus erschossen worden war. Genau wie Signor Trantemento. Dann sah ich Sie auf Ihrer Pressekonferenz, und … Um ehrlich zu sein …« Sie hatte immerhin den Anstand, verlegen zu lächeln. »Das mit dem Salz war nur geraten. Aber immerhin konnte ich damit Ihre Neugierde wecken. Nicht wegen Roblino«, ergänzte Eleanor Sachs schnell. »Ich wusste, dass der Salz im Mund hatte. Das hatte mir seine Haushälterin erzählt. Sie sagte, sie sei in den Garten gerannt und hätte ihn umgedreht und … Es muss grässlich gewesen sein. Aber Giovanni Trantemento hatte auch den Mund voller Salz, nicht wahr?«
    Während sie redete, spürte Pallioti, wie ihn eine Woge der Erleichterung überlief, ohne dass er sich das anmerken ließ. Also war es doch niemand aus Enzos oder D’Alettos Team gewesen. Die Haushälterin. Die, wie Cesare D’Aletto ihnen versichert hatte, keinen Mucks von sich geben würde, aber das war auch egal. Er überging Eleanor Sachs’ Frage nach Trantemento und stellte seinerseits eine.
    »Die Haushälterin? Von Roberto Roblino? Die hat Ihnen das erzählt?«
    Eleanor Sachs nickte. »Maria Grazia«, sagte sie. »Signora Franca. Sie hat mir davon erzählt. Sie hat für ihn gesorgt, zusammen mit ihrem Ehemann. Sie ist ein Engel. Und sie war so außer sich, die arme Frau.«
    »Und wann genau haben Sie mit ihr gesprochen?«
    Pallioti hatte die Pressekonferenz am Samstagabend gehalten. Roberto Roblinos Tod war erst am Sonntagnachmittag gemeldet worden, und er und Enzo hatten erst mehrere Stunden danach davon erfahren. Trotzdem hatte Eleanor Sachs zum ersten Mal sonntags am Spätnachmittag bei ihm im Büro angerufen. So wie es aussah, wollte sie ihm weismachen, dass sie früher von Roblinos Tod erfahren hatte als er.
    Sie nickte und setzte das Glas ab. »Am Sonntag«, sagte sie. »Am Sonntagnachmittag. Ich hatte bei ihm angerufen, bei Roblino zu Hause, und Maria Grazia ging ans Telefon. Da hatte sie ihn gerade gefunden. Sie war völlig außer sich und wartete noch auf den Krankenwagen. Als sie den Hörer abnahm, dachte sie, ich

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