Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
Vom Netzwerk:
wäre von der Polizei und wollte mir den Weg beschreiben lassen oder so. Die Arme«, sagte sie wieder. »Es war schrecklich. Ich redete mit ihr, bis der Krankenwagen kam. Dann«, ergänzte sie, »also, gleich danach fiel mir ein, dass ich Sie am Abend zuvor im Fernsehen gesehen hatte, also rief ich an.«
    Pallioti sah sie nachdenklich an. Er war zwar erleichtert, weil keiner von seinen Leuten etwas ausgeplaudert hatte, trotzdem hätte er schwören können, dass sie ihn belog. Er wusste nur nicht, inwiefern. Die Geschichte mit der Haushälterin klang plausibel, wenigstens halbwegs. Was störte ihn dann?
    »Also«, sagte er schließlich, »nur um sicher zu sein, dass ich nichts falsch verstanden habe. Sie wollten mir also erzählen, dass Sie mit Roberto Roblino gesprochen hatten, weil Sie an einem Buch über die Partisanen arbeiten. Sie hatten aber nicht mit Giovanni Trantemento gesprochen, oder?«
    »Nein.«
    »Sind Sie ihm je begegnet? Oder haben mit ihm telefoniert?«
    »Nein. Meine Briefe beantwortete er nicht, und wenn ich ihn anrief, legte er wortlos auf.«
    Pallioti nickte.
    »Sie haben sich also mit dem einen alten Mann unterhalten, den anderen hingegen nie interviewt, getroffen oder auch nur gesprochen, und jetzt sind beide tot?«
    Eleanor Sachs hatte die Augen aufgerissen und nickte eifrig.
    Pallioti sah sie lange und nachdenklich an, dann sagte er: »Bitte verzeihen Sie mir die Offenheit, Dottoressa Sachs, aber so ungewöhnlich erscheint mir das nicht.«
    »Also, wenn Sie es so ausdrücken, wahrscheinlich nicht, aber …«
    »Das ist eigentlich kein Grund, immer wieder anzurufen und mich auf der Straße zu verfolgen.«
    »Sie auf der Straße zu verfolgen? Ich …«
    »Und«, schnitt Pallioti ihr das Wort ab, »so, wie ich es sehe, wollen Sie – auch wenn Sie es nicht ausdrücklich gesagt haben, und bitte korrigieren Sie mich, falls ich mich irre – andeuten, dass diese beiden Männer – von denen Sie einen interviewt haben und einen nicht – von derselben Person getötet wurden und dass Sie, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, etwas darüber wissen?«
    Sie nickte. »Also, ja«, sagte sie dann. »Nehme ich an. Ja.«
    »Und haben Sie irgendwelche Beweise für diese Behauptung, oder handelt es sich dabei nur um eine Vermutung, weil Sie zufällig beide kennengelernt beziehungsweise nicht kennengelernt haben?«
    Er wusste, dass er beleidigend wurde, aber er konnte nicht anders. Er konnte nicht behaupten, dass er sich für Eleanor Sachs erwärmt hätte, aber einen Moment lang hatte er geglaubt, etwas entdeckt zu haben, etwas wie einen Schatten unter Wasser oder einen Dufthauch im Wind. Für einen kurzen Augenblick hatte er geglaubt, sie hätte ihm etwas zu sagen. Stattdessen war sie nur eine weitere Wichtigtuerin. Eine aufdringliche, egozentrische Ausländerin. Sie gehörte zu der seltsamen und anstrengenden Gruppe von Menschen, die glaubten, dass es entweder ihre Pflicht oder ein vergnüglicher Zeitvertreib war, sich in die Polizeiarbeit einzumischen – weil das kulturell aufschlussreich und ein guter Gesprächsstoff für ihre Cocktailpartys war. Während der Ermittlungen im Monster-Fall hatte er oft genug mit solchen Idioten zu tun gehabt. Mehrere von ihnen waren, wenn er sich recht erinnerte, im Gefängnis gelandet. Soweit es ihn betraf, hätten sie dort bleiben können, wenn das nicht so teuer gewesen wäre. Lebenslänglich. Weil sie die Polizei bei der Arbeit behindert hatten.
    »Hören Sie«, sagte sie jetzt. »Ich weiß, dass das ein bisschen verrückt klingt. Aber haben Sie jemals von Il Spettro gehört?«
    »Dem Gespenst?« Pallioti sah auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Hier hinten im Café war es heiß. Saffys Blumen würden welken. Er musste allmählich in die Galerie. »Nein«, sagte er. »Ich habe noch nie davon gehört.«
    »Also, es gibt alle möglichen Geschichten über ihn. Aus dem Krieg. Und ich …«
    Eleanor Sachs’ Gesicht veränderte sich, während sie das erzählte. Ein Hauch Rosa kroch in ihre Wangen. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Er war ein Fluchthelfer«, sagte sie. »Hauptsächlich für alliierte Kriegsgefangene und Juden. Das trieb die Deutschen zum Wahnsinn – na schön, alle Partisanen trieben sie zum Wahnsinn –, aber Il Spettro haben sie nie erwischt. Manche glauben, dass es ihn gar nicht gab. Sie glauben, die Nazis hätten sich diesen Namen ausgedacht, weil sie so frustriert waren. Und natürlich liebten die Italiener Il Spettro. Es gibt alle möglichen

Weitere Kostenlose Bücher