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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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geben, Gregor war – vor allem, wenn er einen seiner Wutanfälle bekam, der Henkersschlinge ver dammt nahe. Ohne darüber nachzudenken, bewegte ich den Kopf des Toten. Und da spürte ich es.
    „Jupp, kannst du bitte mit einer Laterne mehr hierhin leuchten?“ Hinter dem rechten Ohr hatte ich eine Beule bemerkt. Im Licht der Laterne, die Jupp mir hinhielt, sah ich die Schwellung.
    „Wenn du noch einen Beweis willst, dann schau mal hierhin, Jupp! Jemand hat Grevenrath mit einem stumpfen, fast weichen Gegenstand, der die Haut nicht aufplatzen lässt, hier hinten am Ohr getroffen.“
    „Ja, und?“ Jupp schien nicht zu verstehen. Bevor ich ihm antworten konnte, schoss mir noch ein Gedanke durch den Kopf. Eigentlich kein Gedanke, sondern zwei Bilder. Johanna, die sich die rechte Wange hielt, und Grego r, der in seiner Zelle in ein Stück Brot biss.
    „Jupp , denk mal kurz nach, mit welcher Hand hat Gregor gerade den Lederbeutel aufgefangen?“ Jupp überlegte einen Moment: „Mit der Linken, wenn ic h mich recht erinnere. Aber was hat Grevenraths Ohr damit zu tun, mit welcher Hand Gregor einen Beutel fängt?“
    „Jupp, verstehst du denn nicht? Gregor hat mit links den Beutel aufgefangen und vor ein paar Tagen hat er sich mit Johanna gestritten und sie geohrfeigt.“
    „Das Schwein schlägt Frauen?“ Jupp war sichtlich wütend und empört. „Und ich bringe dem Aas auch noch was zu essen.“
    „Jupp, hör mir zu: Was ich eigentlich sagen will ist, dass sich Johanna nach dem Schlag die rechte Wange gerieben hat. Gregor ist Linkshänder.“
    „Linkshänder? Ehrlich, Konrad, ich kann dir immer noch nicht folgen.“
    „Wenn du jemanden von hinten niederschlägst, dann trif fst du als Rechtshänder diese Seite des Kopfes, als Linkshänder diese Seite.“ Ich wies mit den Fingern auf die Stelle hinter Grevenraths Ohr. „Grevenrath wurde von einem Rechtshänder niedergeschlagen, Gregor war es nicht.“
    Jupp schaute mich zweifelnd an: „Na ja, vielleicht hat er einfach mit der anderen Hand zugeschlagen?“
    „Aber warum sollte er ihn überhaupt von hinten niederschlagen, Jupp? Wir dachten, sie hätten sich gestritten und Gregor hätte Grevenrath gestoßen. Das wäre denkbar gewesen. Jetzt aber soll er ihn von hinten niedergeschlagen haben? Du bist doch Rechtshänder. Würdest du versuchen, jemanden mit der anderen Hand zu treffen? Und vor allem: Warum solltest du das tun, wenn du doch denkst, dass dich eh keiner erwischen wird?“
    Jupp wischte sich mit der Hand über das Gesicht.
    „Glaubst du, den Richter überzeugt das?“
    Ich war mir jetzt sicher. Hermann Wilhelm von Grevenrath war nicht von Gregor Kreuzer ermordet worden. Der Mörder wusste nicht, dass Gregor Linkshänder war. Aber er wollte ihm den Mord in die Schuhe schieben. Der Dolch!
    „Jupp, wo ist das Messer, das wir bei Grevenrath gefunden haben?“ Jupp schaute sich im Raum um und wies dann auf eine Holzkiste, die auf einem Hocker stand.
    „Meistens sammeln sie alle Fundstücke“, Jupp ging zur Kiste und holte den Dolch heraus, „hier ist dein Messer.“
    Ich nahm es Jupp aus der Hand, zog es aus der Scheid e und untersuchte es. Beim Umdrehen fie l mir die Monogrammplatte im Griff auf. Schwungvoll waren hier die Buchstaben G und K eingraviert.
    „Schau mal her, Jupp. Würdest du auch sagen, dass der Messergriff so richtig in der Hand liegt, wenn man die Gravur sehen kann?“ Jupp brummte zustimmend.
    „Und das Messer hier hat auf der einen Seite der Klinge Sägezähne.“
    „Das seh ich auch, worauf willst du hinaus?“, fragte Jupp. „Das Messer ist für einen Linkshänder angefertigt worden. Wenn ein Linkshänder das Messer mit der Gravur nach oben in der Hand hält, sind die Sägezähne auf der linken Seite und die glatte Klinge rechts, sodass man etwas durchschneiden kann. Ein Rechtshänder, der nicht auf die Gravurplatte achtet, wird das Messer immer so halten, dass die Sägezähne nach rechts zeigen. Hier probier es aus!“ Ich hielt Jupp das Messer hin. Er nahm es in die Hand, drehte es einmal und noch einmal.
    „Da leck mich doch, Konrad, du hast recht – das ist ein Messer für einen Linkshänder.“
    Hermann Wilhelm von Grevenrath lag groß und massig vor uns auf dem Tisch. Jetzt, wo er so still da lag, wirkte er noch schwerer als zu Lebzeiten. Ich zog Grevenraths Hemd beiseite. Dafür, dass das Messer mit großer Kraft in die Brust gestochen worden war, sah die Wunde bemerkenswert klein aus: vom Mörder glatt rein-, und dann

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