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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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müsste. „Regina von Grevenrath ist nicht bloß eine starke Frau, nein – sie hat Haare auf den Zähnen. Zumindest erzählt man sich das. Hermann Wilhelm mochte die Politik, die Spielchen mi t den Mächtigen – und natürlich ordentliches Essen un d guten Wein. Aber dass sein Geschäft florierte und ihm säckeweise Gulden einbrachte, dafür sorgte Regina. Gestern Nacht dauerte es ein paar Minuten, bi s sie mich empfing. Ist ja auch kein Wunder. Ich hab nicht lange drum herum geredet. Sie bekam einen Weinkrampf. Aber dann setzte sie sich mit einem Ruck gerad e hin, wischte sich die Tränen ab und fragte , ob wir schon wüssten, wer der Mörder sei n könnte. Ich sag dir, die Frau muss tagtäglich mit den gerissensten Kaufleuten kla r kommen, die wird auch den plötzlichen To d ihres Mannes verkraften. Und ich möchte nich t in Kreuzers Haut stecken, wenn Regina von Grevenrath sich daran erinnert, welche Beziehungen sie hier in der Stadt, in Köln und i n Trier hat.“
    Nach dieser Feststellung schwieg Jupp, bis wir kurze Zeit später im Stiftshospital ankamen, das gegenüber dem Minoritenkloster und der St. Nikolaus Kirche lag. In diesem Kloster also würden schon bald die beiden Delegationen aufeinandertreffen. Jupp unterbrach meine Gedanken, indem er mich am Ärmel zog. „Komm schon, Konrad, träum hier nicht rum.“ Kurze Zeit später betraten wir die V orhalle des Stiftshospitals. Dass hier Tote aufgebahrt wurden, war nicht alltäglich. Ich vermutete allerdings, Hermann Wilhelm von Grevenrath war nicht der erste Leichnam, der hier hingebracht worden war. Jupp wechselte mit dem Pförtner ein paar leise Worte. Der hörte Jupp aufmerksam zu, schüttelte zuerst den Kopf, um anschließend kurz zu nicken. Jupp winkte mir zu, und zeigte zu einer Treppe hinüber, die offensichtlich in den Keller führte. „Ich habe gefragt, ob sich jemand heute schon Grevenraths Leiche angeschaut hat, aber es ist den ganzen Tag über niemand gekommen. Deshalb liegt er immer noch dort unten im Keller.“
    Es war ein schmuckloser Raum, in dem der Leichnam auf einem großen Holztisch lag. Er war lediglich mit einem Leinentuch zugedeckt worden.
    „Was genau willst du hier eigentlich?“, fragte ich Jupp.
    „Von Wollen kann keine Rede sein. Der Rat und die Schöffen möchten noch einmal die Bestätigung, wie Hermann Wilhelm von Grevenrath von uns gegangen ist. Ich habe ihnen heute Morgen gesagt, ich hätte bei dem funzeligen Fackellicht in der Korngasse den Toten nicht genau untersuchen können. Das reicht nicht für ein Protokoll. Deshalb bin ich hier.“ Jupp schlug das Tuch zurück und beugte sich über den Toten. „Ganz ehrlich, ich seh’ nicht mehr als gestern Nacht. Also erklär mir, Konrad, warum glaubst du, dass Kreuzer nichts damit zu tun hat?“
    Ich trat näher und wies mit einem Finger auf die Brust de s Toten: „Erinnerst du dich? Hier müsste viel mehr Blut sein. Also war Grevenrath schon tot, als das Messer ihm in s Herz gerammt wurde. Und denk a n den Striemen im Nacken und das gebrochene Genick. Nehmen wir mal an, Kreuzer streitet sich mit Grevenrath. Der aber wendet sich ab, weil er keine Lust mehr hat, mi t einem Heißsporn wie Gregor zu streiten. Gregor wir d wütend, er packt ihn, dreht ihn um un d stößt ihn. Grevenrath stürzt rückwärts hin, schlägt mit dem Hals auf die Kante der Basaltstuf e und bricht sich das Genick. Er ist sofort tot. Er bewegt sich nicht mehr, kein Aufrichten, kein Stöhnen, kein Hochstemmen. Nein, er liegt einfach bewegungslos da. Warum sollte Gregor jetzt sein Messer ziehen und zustechen? Und wenn e r es doch getan hat – warum sollte e r erst das Messer aus der Wunde ziehe n und es dann fallen lassen? Er hör t jemanden, er will flüchten. Das Messer abe r kann ihn überführen. Hätte er es mitgenommen und gereinigt, wäre er nicht der Pfortenwache in die Arme gelaufen, keiner hätte ihm etwas nachweisen können.“
    Mein Blick fiel auf die rechte Hand des T oten. An seinem kleinen Finger zeichnete sich deutlich ein hellerer Hautstreifen ab. Hier hatte bis vor kurzem noch ein Ring gesteckt. „Sieh mal, Jupp, da fehlt ein Ring. Glaubst du, dass Gregor einen Ring einsteckt, aber seinen Dolch liegen lässt?“
    Jupp hatte mir aufmerksam zugehört.
    „Vielleicht hat Grevenrath ihn erst vor kurzem abgelegt. Es ist wie mit deinen übrigen Vermutungen. Sie klingen einleuchtend, aber du weißt auch, dass jeder Richter es anders drehen kann – oder?“
    Ja, da musste ich Jupp recht

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