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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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„Danke, Jupp“, murmelte er mit vollem Mund, „ich dachte schon, die wollen mich hier verhungern lassen.“
    „Einen halben Tag ohne Essen wirst du schon noch überleben. Mor gen früh wird der Rat dich das erste Mal verhören“, antwortete Jupp dem kauenden Gregor. „Ich sag dir eines, Wutanfälle und Beschimpfungen helfen dir nicht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Mein Freund Konrad hier glaubt, du seiest unschuldig. Ich glaub erst mal, was ich gesehen hab. Du hast zu viel getrunken, dann mit Grevenrath gestritten, noch mehr gesoffen und zum Schluss Grevenrath in einem Wutanfall erstochen. Was den Richter betrifft, dem wird es egal sein, dass du besoffen warst. Man möchte dem Kurfürsten schnell einen Schuldigen präsentieren. So, und jetzt überzeuge mich davon, dass Konrad recht hat.“
    Gregor hatte mich bei Jupps Rede immer wieder angesehen. Jetzt kam er näher. „Warum glaubst du, dass ich kein Mörder bin? Meiner Schwester zuliebe? Meinst du, die schöne Johanna würde schneller zu dir ins Bett hüpfen, wenn du Mitleid mit ihrem Bruder zeigst?“, höhnte er. „Glaubst du, die macht die Beine schneller für dich breit, wenn du dagegen bist, dass ich aufgeknüpft werde?“
    Ich war sprachlos. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, schoss Jupps Arm durch das Gitter, packte Gregor am Wams und riss ihn vorwärts. Gregor knallte mit dem Gesicht gegen das Gitter: „Das, Gregor Kreuzer, hättest du nicht sagen sollen. Weißt du, um deines Vaters willen war ich vor einer Minute noch bereit, dir zuzuhören. Der alte Kreuzer war ein anständiger Kerl und hat meinem Schwiegervater mal aus der Klemme geholfen.“ Jupp stieß Gregor so heftig zurück, dass er zwei, drei Schritte taumelte und auf den Steinboden fiel. „Ach, leck mich, Jupp. Und hier“, Gregor schleuderte den Lederbeutel von sich, „hier, nimm den Fraß gleich wieder mit! Ihr alle seid euch doch längst einig. Und wenn ich es mir so recht überlege, Hermann Wilhelm von Grevenrath war ein machtgieriges Schwein. Dem wein’ ich keine Träne nach. Gott, vielleicht hab ich das Arschloch ja wirklich abgestochen. Ich wäre nicht der Erste, der das immer mal tun wollte.“ Gregor begann wie irre zu lachen, kam wieder auf die Füße, spuckte einmal in unsere Richtung aus und wandte sich dann von uns ab. Lachend schlurfte er zurück zu dem Strohhaufen. Ich hatte die ganze Zeit kein Wort gesagt. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Jupp drehte sich zu mir um: „Komm, der braucht noch zwei, drei Tage im Loch, um zur Vernunft zu kommen.“ Jupp hängte die Laterne wieder an ihren Haken zurück. Während wir die Steinstufen nach unten stiegen, hörten wir im Verlies Gregors Lachen.
    Draußen vor dem Bürgerturm holte ich einmal tief Luft. Gregors Hohn klang mir immer noch in den Ohren. Sollte ich mich so getäuscht haben? Was, wenn er Grevenrath wirklich erstochen hatte? Was sollte ich jetzt Johanna erzählen? Undenkba r, wenn Gregor ihr das Gleiche an den Kopf werfen sollte wie mir! Für einen Außenstehenden würde das alles gar nicht so abwegig klingen. Johanna war eine gutaussehende Frau, ohne Ehemann und in den besten Jahren.
    Jupp hatte mein Grübeln bemerkt. „Na, komm schon, hör nicht auf die kleine Ratte da oben! Der brauchte jemanden, um seine Wut loszuwerden, und das warst diesmal du. Gib nichts auf sein dummes Geschwätz.“
    W as sollte ich darauf schon antworten? Wir liefen schweigend nebeneinander an der hohen Stadtmauer entlang und bogen dann in die Hochstraße ab. Als wir an der Rupachergasse vorbeikamen, zeigte Jupp auf ein großes Haus mit verschiedenen Nebengebäuden. Der gepflasterte Vorplatz bot reichlich Platz für Fuhrwerke und Kutschen. Ein Dutzend Knechte liefen geschäftig herum, luden Säcke und Kisten ab. Andere beluden gerade ein Fuhrwerk mit großen Eichenfässern. „Da drüben wohnen die Grevenraths, und das ist nur ein Hof von einem halben Dutzend, die sie noch in anderen Städten haben. Doch was hat ihm der ganze Reichtum genutzt? Jetzt liegt er kalt und steif auf einem Holztisch im Keller des Hospitals. Die Leute haben schon recht, wenn sie sagen, das Totenhemd hat keine Taschen.“
    „Wie hat seine Frau die Nachricht von seinem Tod gestern Nacht aufgenommen?“, fragte ich Jupp, als wir weitergingen.
    „Hast du Regina von Grevenrath schon mal getro ffen?“
    „Nein, ich habe ja Grevenrath selber gestern zum ersten Mal gesehen.“
    Jupp schwieg kurz, als ob er nac h den richtigen Worten suchen

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