Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Gebirge gezeltet haben. Keine Hotelübernachtungen, keine Autos.»
«Aber ihr Verschwinden muss doch verflucht noch mal aufgefallen sein», wandte Ursula ein. «Irgendjemand muss sie doch vermissen!»
«Vanja, überprüfe alle verschwundenen Familien mit zwei Kindern im Herbst 2003 im ganzen Land. Nimm auch Norwegen mit dazu.»
«In Ordnung.»
«Aber noch wissen wir nicht, ob es wirklich eine Familie ist», fuhr Vanja fort. «Es könnten genauso gut zwei Erwachsene mit je einem Kind sein. Oder eine Patchwork-Familie mit Stiefvater. Und der leibliche Vater gehört zu der eifersüchtigen Sorte mit Waffenschein …»
Sebastian sah, wie Vanja heimlich zu Jennifer hinüberschielte. Er lächelte in sich hinein. Jennifer hatte die Theorie entworfen, dass die Holländer zufällige Zeugen waren. Eine gute Theorie. Doch wenn Jennifer gut war, musste Vanja versuchen, noch besser zu sein.
Typisch Vanja.
Typisch seine Tochter.
«Gut, dann weiten wir die Suche aus auf verschwundene Kinder oder verschwundene Erwachsene in Begleitung von Kindern», erklärte Torkel. «So viele kann es davon ja nicht geben. In erster Linie konzentrieren wir uns auf den Herbst 2003. Wir gehen davon aus, dass sie zur selben Zeit begraben wurden.»
Viel mehr konnten sie derzeit nicht tun. Und sie hatten das Gefühl, als hätten sie Stockholm schon vor einer Ewigkeit verlassen. Sie waren müde und brauchten Schlaf.
Torkel ordnete seine Papiere. «Lasst uns jedenfalls erst einmal annehmen, dass diese vier, ob nun Familie oder nicht, im Fjäll zelteten. Irgendjemand erschoss sie. Als er sie vergrub, kamen die Niederländer vorbei, und er war gezwungen, die beiden ebenfalls zu töten. Ist das eine Theorie, mit der wir weiterarbeiten können?»
Alle nickten und machten sich bereit, den Raum zu verlassen. Es war nicht notwendigerweise die Wahrheit, aber es war eine gute Ausgangsbasis. Die sie wie immer im Laufe einer Ermittlung verändern und an neu gewonnene Erkenntnisse anpassen mussten.
«Aber da stimmt doch etwas nicht», sagte jetzt Billy plötzlich. Sie sanken wieder auf ihre Stühle.
«Was genau stimmt denn nicht?», fragte Torkel und konnte die Müdigkeit in seiner Stimme nicht ganz unterdrücken.
«Warum lässt er uns die Holländer identifizieren, aber nicht die anderen?»
«Die anderen vier haben eine Verbindung zum Mörder», erklärte Sebastian überdeutlich. «Herrgott, wie lange bist du schon Polizist? Nichts von all dem, was wir wissen, deutet auf eine Zufallstat hin. Irgendjemand ist mit seiner Waffe in die Berge gestapft und hat die vier hingerichtet.» Er wandte sich Ursula zu. «Hat er eine Pistole oder ein Gewehr benutzt?»
«Das lässt sich bisher unmöglich feststellen. Wir müssen abwarten, was Umeå herausfindet.»
Als sie das sagte, blickte sie hinüber zu Torkel, der das Gefühl hatte, sie würde das Wort Umeå besonders betonen. Heute Nacht musste er auf die Gesellschaft in seinem Zimmer verzichten, da war er sich ziemlich sicher. Aber sie würden ja noch eine Weile hier sein …
«Unabhängig davon», fuhr Sebastian fort und stand auf, «weiß unser Mörder, dass das Risiko steigt, entdeckt zu werden, sobald diese vier identifiziert wurden.»
«Ja, ich weiß. Aber die Holländer geben uns einen ganz genauen Zeitpunkt», sagte Billy, der nicht so schnell klein beigeben wollte. «Sie werden uns dabei helfen, die anderen im Grab zu identifizieren.»
Sebastian überdachte das Argument kurz und sah ein, dass es nicht ganz falsch war, aber er hatte nicht vor, Billy als Sieger hervorgehen zu lassen. Er zuckte mit den Schultern, um dessen Einwand zu bagatellisieren.
«Entweder beging er einen Fehler, und dann haben wir Glück, oder aber, der Zeitpunkt, zu dem sie begraben wurden, führt uns keinen Schritt weiter.»
«Das müsste er doch aber. Wie viele Familien sind im Oktober 2003 verschwunden?»
«Keine, soweit wir bisher wissen.»
«Okay, wir brechen an dieser Stelle ab», sagte Torkel und stand auf, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Er ließ seinen Blick über die anderen fünf im Raum schweifen. «Unsere höchste Priorität ist die Identifizierung der vier Toten. Wir werden diesen Fall nicht lösen können, ohne zu wissen, wer sie sind.»
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E llinor warf einen Blick auf die Uhr, als sie in der Grev Magnigatan das Haustor aufschob. Es war spät, kurz nach elf, aber sie hoffte, dass Sebastian noch wach war. Als sie das Treppenhaus betrat, ging die automatische Beleuchtung an. Sie
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