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Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuliano Pasini
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etwas anderes.«
    Raimondi denkt eine Weile schweigend nach. Dann hellt sich seine Miene auf. »Gegen … so gegen halb sieben am Neujahrstag hat das private Telefon geklingelt. Meine Frau und ich lagen noch im Bett. Sie ist aufgestanden. Sie hat mir gesagt, dass aufgelegt wurde, als sie abgehoben hat. Wir dachten an einen Scherz.« Der Bürgermeister holt Luft. »Ich glaube, dass man überprüfen kann, dass der Anruf nur wenige Sekunden gedauert hat.«
    »Auch wenn das wahr wäre, bleibt immer noch zu klären, warum ein Mann, der sich selbst des Mordes an drei Menschen bezichtigt hat, Sie zu Hause anruft.«
    »Ich habe keine Ahnung. Wir waren ganz sicher keine Freunde. Und er gehörte nicht zu meinen Unterstützern, politisch gesprochen. Er war … ein Nostalgiker, das war er.«
    »Mir kommt es vor, als gebe es in Case Rosse einige davon.«
    Raimondi zeigt auf die Fahne, die an der Wand hängt. Sie zeigt einen Vogel, der aus einem Feuer auffliegt. »Das ist das Wappen des Dorfes: der Phönix, der sich aus seiner Asche erhebt. Wir haben uns ebenfalls wieder aufgerichtet nach dem Krieg, aber wir tragen die Narben immer noch. Ich vor allen anderen. Ich bin am 22.   April 1945 geboren, wenige Stunden nach dem Eintreffen der Alliierten. Als hätte meine Mutter noch die Befreiung abwarten wollen, bevor sie mich in die Welt hinauslässt. Sie war Kurier für die Partisanen, sie gehörte zu denen, die geholfen haben, die Märtyrer vom Prà grand zu begraben, obwohl sie schon im achten Monat schwanger war. Ich glaube, das, was sie dort gesehen hat, hat mir mein schlechtes Bein beschert.«
    Auf die Krücke gestützt, steht er auf, um zu zeigen, dass für ihn das Gespräch beendet ist. »Niemand aus meiner Familie hat mit Berto Guerzoni gesprochen. Das können Sie gern überprüfen.«

5
    E s ist nach zehn Uhr, als er ins Kommissariat zurückkehrt. Zähneklappernd, weil die Kälte ihm inzwischen bis in die Knochen gekrochen ist. Bevor er sich eine heiße Dusche gönnt, steckt er den Kopf noch in Manzinis Büro. Der Kollege hebt den Blick von dem Buch, das er liest, und schaut ihn an. Eine Frage nimmt in seinem Blick Gestalt an, aber Roberto kommt ihm zuvor: »Die Wölfe kommen?«
    »Ich habe Lust bekommen, es noch einmal zu lesen.«
    »Hat niemand angerufen?« Am Vortag waren diverse Anrufe von Alice in der Warteschlange gewesen. Heute nur Manzinis verneinendes Kopfschütteln, der es dennoch fertigbringt, ihn zu fragen: »Wo kommst du denn her, so aufgelöst?«
    »Ich war laufen, sieht man das nicht?«
    Nach der Dusche zieht er sich in sein Zimmer zurück. Er hält eine Tasse Kaffee in den Händen, um die Kälte zu vertreiben, während er sich auf die drei Anrufe vorbereitet, die er erledigen muss.
    Berninis raue Stimme wirkt beruhigend. »Es geht alles seinen Gang, Sernagiotto wartet auf seine Beförderung, und die offiziellen Ergebnisse der Analysen der Kriminaltechnik und der Ballistik treffen demnächst ein, auch wenn ich bezweifle, dass es da noch irgendwelche Überraschungen gibt. Dafür bist du zuständig, mein Junge«, sagt er ihm. »Und dann gehen wir zusammen in einem kleinen Restaurant feiern, das ich entdeckt habe. Die haben eine phänomenale Küche und ein extra Raucherzimmer, in dem man die besten Zigarren rauchen kann, mit Rum dazu.«
    Roberto ist ganz und gar nicht nach Feiern zumute. Er möchte nur verschwinden. »Alice hat die Nacht hier verbracht.«
    Die Überraschung in Berninis Schweigen ist echt. »Du weißt nicht, wie mich das für dich freut.« In der rauen Stimme schwingt etwas mit, das tiefer reicht. Gefühle, die nur schwer zu entziffern sind.
    Roberto fährt fort, als hätte er nichts gehört. »Der Tanz ist ausgerechnet zurückgekehrt, als sie hier war. Sie hat es gesehen und Angst bekommen. Sie ist weg. Für immer. Sie hat wieder gesagt, dass ich krank bin. Kann sein, dass sie recht hat. Vielleicht sollte ich doch wieder anfangen, mich behandeln zu lassen.«
    Ein langes Schweigen und ein schwerer Seufzer. »Auch beim letzten Mal sollte es für immer sein. Mir hat ja dieses Papatöchterlein noch nie gefallen, das weißt du. Aber wenn ihr füreinander geschaffen seid, dann werdet ihr euch wiedertreffen. Das ist natürlich nichts, was du von einem unausstehlichen Alten wie mir zu hören erwartest, aber auch ich habe ein Herz, was glaubst du denn? Ein bisschen zerlöchert vielleicht, aber ein Herz. Was die Krankheit angeht, Serra, so verspreche ich Ihnen, dass Sie am Ende dieses Falles alle Zeit der

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