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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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nicht zustande kam, die er in einer Branntweinschenke mit einem Kollegen haben wollte, der ebenfalls einen geringen, mit einer Leibbinde umgürteten Schafpelz trug? Oder hatte er an dem neuen Orte bereits eine Liebschaft angeknüpft und sollte nun nicht mehr abends am Tore stehen und schlau die weißen Händchen in den seinen halten zu der Tageszeit, wo sich die Dämmerung auf die Stadt herabsenkt und die jungen Burschen in roten Hemden den Mägden etwas auf der Balalaika vorklimpern und das geringe Volk, nachdem es seine Arbeit hinter sich hat, ruhige, friedliche Reden miteinander wechselt? Oder tat es ihm nur leid, den schon angewärmten Platz in der Gesindeküche unter dem Schafpelz am Ofen und die Kohlsuppe mit der weichen Pastete nach städtischer Art zu verlassen, um wieder aufs neue umherzuziehen und Regen und Schlackerwetter und alles Ungemach der Landstraße über sich ergehen zu lassen? Gott mag es wissen; erraten kann man es nicht. Es hat gar viele verschiedene Bedeutungen, wenn sich ein Russe niederen Standes das Genick kratzt.

Elftes Kapitel
    Indessen ging nichts so, wie Tschitschikow es in Aussicht genommen hatte. Erstens wachte er später auf, als er gedacht hatte; das war die erste Unannehmlichkeit. Als er aufgestanden war, schickte er sogleich hin und ließ zusehen, ob auch die Britschke angespannt und alles bereit sei; aber er erhielt die Meldung, die Britschke sei nicht angespannt, und es sei nichts bereit; das war die zweite Unannehmlichkeit. Er wurde ärgerlich und nahm sich sogar vor, unsern Freund Selifan ein bißchen durchzuwalken, und wartete nur mit Ungeduld, was für einen Grund dieser zu seiner Rechtfertigung angeben werde. Bald darauf erschien Selifan in der Tür, und der Herr hatte nun das Vergnügen, dieselben Reden zu hören, die man von den Kutschern gewöhnlich zu hören bekommt, wenn man schnell wegfahren will.
    »Aber es wird doch nötig sein, daß wir die Pferde erst beschlagen lassen, Pawel Iwanowitsch.«
    »Ach, du Rindvieh, du Tölpel! Warum hast du das nicht früher gesagt? Hattest du nicht Zeit dazu?«
    »Ja, Zeit dazu hatte ich … Ja, und dann das eine Rad, Pawel Iwanowitsch; da muß eine neue Schiene herumgelegt werden, denn die Landstraße hat jetzt so viele Gruben und Höcker … Ja, und wenn Sie mir gestatten, Ihnen das zu melden: das Vorderteil der Britschke ist ganz wackelig geworden, so daß es vielleicht nicht zwei Stationen weit aushält.«
    »Du Schurke!« rief Tschitschikow, die Hände zusammenschlagend, und trat so nahe an Selifan heran, daß dieser aus Furcht, der Herr könne ihm etwas verabreichen, ein paar Schritte zurück und zur Seite trat.
    »Willst du mich töten? Wie? Willst du mich ermorden? Willst du mich auf der Landstraße ermorden, du Räuber, du verfluchter Tölpel, du Meerungeheuer? Wie? Wie? Drei Wochen lang sitzen wir hier an einem Orte, wie? Keinen Ton hat er gesagt, der Taugenichts, und jetzt in der letzten Stunde kommt er damit an! Jetzt, wo ich schon auf dem Sprunge stehe, wo ich einsteigen und losfahren möchte! Nun muß er einem einen solchen Streich spielen! Du hast es ja doch wohl schon früher gewußt? Hast du es gewußt, ja? Ja? Antworte, hast du es gewußt, ja?«
    »Ja, ich habe es gewußt«, antwortete Selifan und ließ den Kopf hängen.
    »Na, warum hast du es dann nicht schon früher gesagt? Wie?«
    Auf diese Frage gab Selifan keine Antwort, sondern schien mit gesenktem Kopfe zu sich selbst zu sagen: »Nun sehe mal einer, wie wunderbar sich das zugetragen hat: ich habe es gewußt und nicht gesagt!«
    »Dann geh jetzt und hole den Schmied; aber in zwei Stunden muß alles gemacht sein. Hörst du wohl? Unbedingt in zwei Stunden; wenn es dann nicht fertig ist, dann werde ich dich … dann werde ich dich ganz zusammenbiegen und in einen Knoten binden!« Unser Held war sehr zornig.
    Selifan drehte sich schon nach der Tür zu, um hinzugehen und den Befehl auszuführen; aber er blieb wieder stehen und sagte: »Ja, und dann noch, gnädiger Herr: den Schecken sollten Sie wirklich verkaufen, denn das ist ein richtiger Schurke, Pawel Iwanowitsch; so ein Pferd, Gott erbarm sich, das ist einfach nur ein Hindernis.«
    »Jawohl, ich werde gleich auf den Markt gehen, auf den Markt laufen und ihn verkaufen!«
    »Bei Gott, Pawel Iwanowitsch, er sieht nur stattlich aus; aber in Wirklichkeit ist er ein ganz listiges Pferd; so ein Pferd gibt es sonst nirgends …«
    »Dummkopf! Wenn ich ihn verkaufen will, werde ich es schon von alleine tun. Läßt

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