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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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kniff dabei wieder die Augen etwas zusammen.
    »Ein sehr, sehr würdiger Mann«, antwortete Tschitschikow.
    »Nun, erlauben Sie, aber wie urteilen Sie über unseren Polizeimeister? Nicht wahr, ein sehr angenehmer Mensch?«
    »Außerordentlich angenehm, und welch ein kluger, belesener Mensch! Ich habe bei ihm mit dem Staatsanwalt und dem Gerichtspräsidenten zusammen bis zum frühen Morgen Whist gespielt. Ein sehr, sehr würdiger Mann!«
    »Nun, und was für eine Meinung haben Sie über die Frau des Polizeimeisters?« fügte Manilow hinzu. »Nicht wahr, eine sehr liebenswürdige Dame?«
    »Oh, sie ist eine der würdigsten Damen, die ich überhaupt kenne«, antwortete Tschitschikow.
    Hierauf ließen sie den Gerichtspräsidenten und den Postmeister Revue passieren und nahmen auf diese Weise fast alle Beamten der Stadt durch, die sich sämtlich als höchst würdige Personen herausstellten.
    »Sie verbringen Ihre Zeit immer auf dem Lande?« fragte Tschitschikow endlich auch seinerseits.
    »Meistens leben wir auf dem Lande«, erwiderte Manilow. »Manchmal jedoch fahren wir nach der Stadt, nur um mit gebildeten Menschen zusammenzukommen. Wissen Sie, man verwildert ganz, wenn man fortwährend so zurückgezogen lebt.«
    »Sehr richtig, sehr richtig«, versetzte Tschitschikow. »Etwas anderes wäre es allerdings«, fuhr Manilow fort, »wenn wir eine gute Nachbarschaft hätten, wenn zum Beispiel ein Mann da wäre, mit dem man etwa über guten Ton und liebenswürdiges Benehmen reden oder irgendein wissenschaftliches Gespräch führen könnte, um so den Geist anzuregen; das würde, um mich so auszudrücken, dieses Brachfeld …« Hier wollte er eigentlich noch weitersprechen; aber er merkte, daß er etwas aus dem Geleise kam, schwenkte nur ein paarmal die Hand in der Luft umher und fuhr dann fort: »Dann natürlich würden das Landleben und die Zurückgezogenheit sehr viele Annehmlichkeiten haben. Aber wir haben hier absolut niemanden … Wir lesen nur manchmal den ›Sohn des Vaterlandes‹.«
    Tschitschikow erklärte sein völliges Einverständnis damit und fügte hinzu, daß nichts angenehmer sein könne, als zurückgezogen zu leben, den Anblick der Natur zu genießen und manchmal ein Buch zu lesen …
    »Aber wissen Sie«, bemerkte Manilow, »wenn man keinen Freund hat, mit dem man sich aussprechen kann …«
    »Oh, das ist richtig, das ist vollkommen richtig!« unterbrach ihn Tschitschikow. »Was helfen einem dann alle Schätze der Welt? ›Habe nicht Geld, sondern habe gute Menschen, mit denen du verkehrst‹, hat ein weiser Mann gesagt.«
    »Und wissen Sie, Pawel Iwanowitsch«, sagte Manilow, und auf seinem Gesichte zeigte sich ein geradezu widerlich süßer Ausdruck, ähnlich einer Mixtur, die ein gewandter, in der vornehmen Welt praktizierender Arzt unmäßig versüßt, um damit den Patienten zu erfreuen, »dann empfindet man sozusagen eine Art von seelischem Genuß … So zum Beispiel jetzt, wo der Zufall mir das, ich kann sagen, seltene, ideale Glück verschafft hat, mit Ihnen reden und Ihr angenehmes Gespräch genießen zu können …«
    »Aber ich bitte Sie, was ist das für ein angenehmes Gespräch? … Ich bin ein unbedeutender Mensch und weiter nichts«, antwortete Tschitschikow.
    »Oh, Pawel Iwanowitsch! Gestatten Sie mir offenherzig zu sein: ich würde mit Freuden die Hälfte meines Vermögens hingeben, wenn ich dafür einen Teil der guten Eigenschaften erlangen könnte, die Sie besitzen! …«
    »Im Gegenteil, ich würde es meinerseits für das größte …«
    Es läßt sich nicht sagen, wie weit dieser beiderseitige Ausbruch der Gefühle der beiden Freunde noch gegangen wäre, wenn nicht ein Diener hereingekommen wäre mit der Meldung, daß das Essen fertig sei.
    »Ich bitte gehorsamst«, sagte Manilow. »Sie werden entschuldigen, wenn es bei uns kein solches Mittagessen gibt wie in vornehmen Häusern und in den Residenzen; bei uns gibt es einfach nach russischem Brauche Kohlsuppe, aber aus gutem Herzen. Ich bitte gehorsamst.«
    Nun stritten sie wieder noch eine Weile darum, wer zuerst hineingehen sollte, und endlich schob sich Tschitschikow seitwärts in das Eßzimmer hinein.
    In dem Eßzimmer standen schon zwei Knaben, Manilows Söhne, die sich in den Jahren befanden, wo man die Kinder schon mit am Tische sitzen läßt, aber noch auf hohen Stühlen. Neben ihnen stand ihr Lehrer, der sich höflich und lächelnd verbeugte. Die Hausfrau setzte sich hinter ihre Suppenterrine; der Gast erhielt seinen Platz

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