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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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die mußt du so backen, daß sie ganz durchzogen und durchtränkt ist, du verstehst schon; nicht so, daß sie auseinanderfällt, aber sie muß einem im Munde zergehen wie Schnee, ohne daß man es merkt.« Während Pjetuch das sagte, schnalzte er mit der Zunge und schmatzte mit den Lippen.
    »Hol’s der Teufel, er läßt einen nicht schlafen«, dachte Tschitschikow und wickelte den Kopf in die Bettdecke, um nichts mehr zu hören. Aber auch durch die Bettdecke hindurch hörte er weitere Anweisungen:
    »Und den Stör garniere mit sternförmig geschnittenen roten Beten und Stinten und Pfifferlingen, weißt du, auch mit Rüben, Möhren, Bohnen und allerlei anderen guten Dingen, du weißt schon; nur ja recht viel buntscheckige Garnierung. Und in den gefüllten Schweinemagen tu etwas Eis hinein, damit er hübsch prall ist.«
    Noch viele andere Gerichte bestellte Pjetuch. Man hörte immerzu: »Brat es mir nur ordentlich, back es mir nur gut, laß es mir nur hübsch schmoren!« Als Tschitschikow einschlief, war das Gespräch gerade bei einem Truthahn angelangt.
    Am anderen Tage aßen die Gäste so stark, daß Platonow nicht mehr reiten konnte. Der Hengst wurde mit einem Reitknecht Pjetuchs fortgeschickt. Die beiden Gäste setzten sich in die Kalesche. Der Hund mit der großen Schnauze trottete träge hinter der Kalesche her; auch er hatte sich überfressen.
    »Das ist aber doch ein Übermaß«, sagte Tschitschikow, als sie aus dem Hofe herausgefahren waren.
    »Aber er ist nicht melancholisch; das ist dabei das Ärgerliche.«
    »Wenn ich, wie du, siebzigtausend Rubel jährliche Einnahme hätte«, dachte Tschitschikow, »dann sollte mir auch alle Melancholie fernbleiben. Da ist der Branntweinpächter Murasow, der hat ein Vermögen von zehn Millionen; das spricht sich so leicht aus, aber es ist ein nettes Sümmchen!«
    »Es verschlägt Ihnen wohl nichts, wenn wir unterwegs mit einem kleinen Umwege einen Besuch machen? Ich möchte gern meiner Schwester und meinem Schwager Adieu sagen.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Tschitschikow.
    »Er ist in unserer Gegend der beste Landwirt. Er erzielt zweihunderttausend Rubel Jahreseinnahme von einem Gute, das vor acht Jahren nicht einmal zwanzigtausend gab.«
    »Ah, das ist ohne Zweifel ein hochachtbarer Mann! Es wird mir höchst interessant sein, die Bekanntschaft eines solchen Mannes zu machen. Das ist ja etwas ganz Außerordentliches … Wie heißt er denn?«
    »Kostanschoglo.«
    »Und mit Vor- und Vatersnamen?«
    »Konstantin Fjodorowitsch.«
    »Konstantin Fjodorowitsch Kostanschoglo. Es wird mir überaus interessant sein, seine Bekanntschaft zu machen. Einen solchen Mann kennenzulernen, muß lehrreich sein.«
    Platonow übernahm es, Selifan Anweisung über den Weg zu geben, was höchst notwendig war, da dieser sich kaum auf dem Bocke halten konnte. Petruschka fiel zweimal kopfüber vom Wagen herunter, so daß es erforderlich wurde, ihn mit einem Stricke am Bocke festzubinden. »So ein Vieh!« sagte Tschitschikow jedesmal, weiteres unterdrückend.
    »Sehen Sie nur, hier beginnt sein Land«, sagte Platonow, »das ist gleich ein ganz anderer Anblick.«
    Und in der Tat, das ganze Feld war mit jungem Walde bepflanzt, und die Bäumchen standen gerade und gleichmäßig wie Kerzen da; danach folgte eine andere, etwas höhere Schonung, und danach älterer Wald, so daß immer ein Revier höher war als das andere. Darauf kam ein mit dichtem Getreide bedeckter Streifen Feld und dann von neuem in gleicher Weise junger und älterer Wald. Dreimal fuhren sie durch Wald wie durch ein Tor in einer Mauer. »Das ist alles bei ihm in acht, zehn Jahren herangewachsen, was bei einem anderen nicht in zwanzig Jahren heranwächst.«
    »Wie fängt er denn das an?«
    »Fragen Sie ihn selbst danach! Er versteht sich vorzüglich auf den Grund und Boden; nichts, was er tut, ist weggeworfene Mühe. Und er kennt nicht nur das Erdreich, sondern weiß auch, welche Nachbarschaft ein jedes Gewächs braucht, welche Baumarten neben welchem Getreide angebracht sind. Alles muß bei ihm drei, vier Funktionen zugleich ausüben. Der Wald ist bei ihm, abgesehen von der Holzproduktion, dazu da, den Feldern an der und der Stelle ein bestimmtes Quantum Feuchtigkeit zu liefern und mit seinen abgefallenen Blättern in gewissem Maße den Boden zu düngen und den erforderlichen Schatten zu geben. Wenn ringsumher Dürre ist, so ist bei ihm keine Dürre; wenn ringsumher Mißernte ist, so ist bei ihm keine Mißernte. Schade,

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