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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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eine Feuersbrunst wäre ja noch schrecklicher: er ist von selbst verbrannt, Väterchen. In seinem Innern hat es angefangen zu brennen, er war ein übermäßiger Trinker; nur ein blaues Flämmchen ging von ihm aus; er verkohlte ganz und wurde schwarz wie Kohle. Und dabei war er ein so geschickter Schmied! Jetzt kann ich nun gar nicht ausfahren, weil ich niemand habe, der die Pferde beschlagen könnte.«
    »Alles hängt vom Willen Gottes ab, Mütterchen!« versetzte Tschitschikow seufzend. »Gegen Gottes weisen Ratschluß darf man nichts sagen … Treten Sie sie mir doch ab, Nastasja Petrowna!«
    »Wen, Väterchen?«
    »Nun, diese alle, die da gestorben sind.«
    »Aber wie soll ich Ihnen denn die abtreten?«
    »Nun, ganz einfach. Oder meinetwegen verkaufen Sie sie mir! Ich will Ihnen Geld dafür geben.«
    »Aber wie denn das? Ich werde wirklich nicht daraus klug. Wollen Sie sie denn etwa aus der Erde ausgraben?«
    Tschitschikow sah, daß die Alte absurde Vorstellungen hatte, und daß er ihr klarmachen mußte, um was es sich handelte. In wenigen Worten setzte er ihr auseinander, daß die Übertragung oder der Verkauf nur auf dem Papier vor sich gehen solle und die Seelen da verzeichnet werden sollten, als ob sie noch lebten.
    »Aber was wollen Sie denn damit anfangen?« fragte die Alte, ihn mit weitgeöffneten Augen anblickend.
    »Das ist ja dann meine Sache.«
    »Aber sie sind ja tot.«
    »Wer sagt denn auch, daß sie lebendig wären? Darin besteht ja eben Ihr Schade, daß sie tot sind: Sie bezahlen für sie, und jetzt will ich Sie von aller Mühe und allen Zahlungen befreien. Verstehen Sie wohl? Und ich will Sie nicht nur davon befreien, sondern Ihnen noch obendrein fünfzehn Rubel geben. Nun, ist es Ihnen jetzt klar?«
    »Ich weiß wirklich nicht«, sagte die Wirtin stockend. »Ich habe noch niemals Tote verkauft.«
    »Wie sollten Sie auch! Das wäre ja auch geradezu wunderbar, wenn Sie solche an jemand verkauft hätten. Oder glauben Sie, daß die wirklich irgendwelchen Nutzen bringen?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Was könnten die für Nutzen bringen? Nutzen bringen die keinen. Eben das macht mich stutzig, daß sie schon tot sind.«
    »Na, das scheint ein stumpfsinniges Frauenzimmer zu sein!« dachte Tschitschikow bei sich. »Hören Sie, Mütterchen! Überlegen Sie sich das doch nur ordentlich: Sie richten sich ja zugrunde; Sie bezahlen für die Leute die Abgabe wie für Lebende …«
    »Ach, Väterchen, reden Sie nur gar nicht davon!« fiel ihm die Gutsbesitzerin ins Wort. »Erst vor vierzehn Tagen habe ich über hundertfünfzig Rubel bezahlt, und den Kreisassessor habe ich auch noch schmieren müssen.«
    »Na also, sehen Sie, Mütterchen! Und jetzt wollen Sie, bitte, auch nur das eine erwägen, daß Sie den Kreisassessor nicht mehr werden zu schmieren brauchen, da ich jetzt für Sie bezahlen werde, ich und nicht Sie; ich nehme alle Lasten auf mich; ich werde sogar den Kaufkontrakt für mein Geld aufstellen lassen; ist Ihnen das auch klar?«
    Die Alte dachte nach. Sie sah, daß das Ding wirklich vorteilhaft zu sein schien; aber es war doch gar zu neu und unerhört, und darum begann sie stark zu fürchten, dieser Aufkäufer könne sie irgendwie übers Ohr hauen; er war ja Gott weiß woher gekommen, und noch dazu zur Nachtzeit.
    »Also wie steht’s, Mütterchen? Wollen Sie einschlagen, wie?« fragte Tschitschikow.
    »Wirklich, Väterchen, es ist mir noch nie vorgekommen, Verstorbene zu verkaufen. Lebende habe ich ja schon abgetreten, so erst vor zwei Jahren dem Oberpopen zwei Mädchen, jede für hundert Rubel; er war mir sehr dankbar: sie haben sich als sehr tüchtige Arbeiterinnen erwiesen und weben selbst Servietten.«
    »Na, um Lebende handelt es sich jetzt nicht; lassen wir die beiseite! Ich frage nach Toten.«
    »Wirklich, ich fürchte, weil es das erstemal ist, daß ich dabei irgendwie zu Schaden komme. Vielleicht wollen Sie mich betrügen, Väterchen, und sie … hm … sie sind mehr wert.«
    »Hören Sie, Mütterchen … ach, was Sie aber auch für eine sind! Was können die denn wert sein? Sehen Sie doch nur: es ist ja Staub. Verstehen Sie? Es ist einfach Staub. Wenn Sie irgendein unbrauchbares, ganz geringes Ding nehmen, zum Beispiel einen einfachen Lappen, so hat der Lappen einen gewissen Wert: er wird wenigstens gekauft, um in die Papierfabrik zu wandern; aber die Toten sind ja zu nichts nütze. Na, sagen Sie selbst, wozu sind sie nütze?«
    »Das ist ja gewiß wahr. Sie sind zu gar nichts nütze;

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