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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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daß ich kein Spieler bin? Verkaufe mir die Seelen allein, wenn du nun schon ein solcher Mensch bist, daß es dir das Herz abdrückt, einen solchen Quark so hinzugeben.«
    »Nichts sollst du bekommen, rein gar nichts! Ich wollte sie dir schon umsonst geben; aber jetzt sollst du sie gar nicht bekommen! Und wenn du mir drei Königreiche gäbest, ich lasse sie dir nicht ab. So ein Beutelschneider, so ein garstiger Töpfer! Von nun an will ich mit dir überhaupt nichts mehr zu tun haben. Porfiri, geh hin und sage dem Stallknecht, er soll den Pferden dieses Herrn keinen Hafer geben; mögen sie bloß Heu fressen!«
    Den letzten Schluß hatte Tschitschikow in keiner Weise erwartet.
    »Du hättest am besten getan, mir gar nicht vor Augen zu kommen!« sagte Nosdrew.
    Trotz dieses Zwistes jedoch speisten Gast und Wirt zusammen zu Abend, obwohl diesmal keine Weine mit phantastischen Namen auf dem Tische standen. Nur eine Flasche mit einer Art von Zyperwein stand darauf, der in jeder Hinsicht das war, was man einen Surius nennt. Nach dem Abendessen führte Nosdrew seinen Gast in ein Seitenzimmer, wo ein Bett für ihn aufgeschlagen war, und sagte: »Da ist dein Bett! Ich mag dir nicht einmal Gute Nacht sagen.«
    Tschitschikow blieb, nachdem Nosdrew weggegangen war, in der übelsten Stimmung zurück. Er ärgerte sich innerlich über sich selbst und schalt sich dafür, daß er zu ihm herangefahren war und unnütz seine Zeit verlor; noch mehr aber schalt er sich dafür, daß er mit ihm von seiner geschäftlichen Angelegenheit zu sprechen angefangen hatte; er hatte unvorsichtig gehandelt, wie ein Kind, wie ein Dummkopf; denn das Geschäft war ganz und gar nicht von der Art, daß man es einem Nosdrew anvertrauen konnte. Nosdrew war ein Lump; er konnte alles mögliche hinzulügen und in Umlauf setzen, so daß am Ende eine große Klatschgeschichte daraus wurde … »Das war nicht gut, nicht gut. Ich bin geradezu ein Dummkopf gewesen!« sagte er zu sich selbst. In der Nacht schlief er sehr schlecht. Gewisse kleine, freche Insekten bissen ihn ganz unausstehlich, so daß er sich mit der ganzen Hand an den verletzten Stellen kratzte und dabei sagte: »Hol euch der Teufel mitsamt diesem Nosdrew!« Er erwachte sehr früh am Morgen. Das erste, was er tat, war, sich den Schlafrock und die Stiefel anzuziehen und sich über den Hof nach dem Pferdestall zu begeben, um Selifan zu befehlen, er solle sofort die Britschke anspannen.
    Als er über den Hof zurückging, begegnete er Nosdrew, der ebenso im Schlafrock war und die Pfeife im Munde hatte.
    Nosdrew begrüßte ihn freundschaftlich und fragte ihn, wie er geschlafen habe.
    »Nun, es geht«, antwortete Tschitschikow sehr trocken.
    »Na, aber ich, Bruder!« erwiderte Nosdrew. »Mir ist die ganze Nacht so abscheulich zumute gewesen, daß ich es gar nicht erzählen mag; und im Munde hatte ich von gestern einen Geschmack, als ob eine ganze Schwadron darin übernachtete. Stelle dir nur vor: mir träumte, ich würde durchgepeitscht, o weh, o weh! Und rate einmal, von wem? Das wirst du unter keinen Umständen raten können: von dem Stabsrittmeister Pozjelujew und dem Leutnant Kuwschinnikow.«
    »Ja«, dachte Tschitschikow bei sich, »es wäre schön, wenn sie dich im Wachen verprügelten.«
    »Bei Gott, und es tat höllisch weh! Ich wachte auf: hol’s der Teufel, da juckte mich wirklich etwas; natürlich waren es diese nichtswürdigen Biester, die Flöhe. Na, nun geh jetzt und zieh dich an; ich werde gleich zu dir kommen. Ich muß nur erst den Schuft, den Verwalter, ausschimpfen.«
    Tschitschikow ging in sein Zimmer, um sich anzukleiden und zu waschen. Als er darauf in das Eßzimmer kam, stand dort schon das Teegeschirr und eine Flasche Rum auf dem Tische. Im Zimmer waren die Spuren des gestrigen Mittagessens und Abendessens noch sichtbar; einen Besen schien noch niemand in Tätigkeit gesetzt zu haben. Auf dem Fußboden lagen Brotkrumen und auf dem Tischtuche Tabaksasche. Der Hausherr selbst, der sehr bald eintrat, hatte unter dem Schlafrock nichts auf dem Leibe, und es war seine nackte Brust sichtbar, auf der ordentlich eine Art von Bart wuchs. Wie er da so den Tschibuk in der Hand hatte und aus der Tasse schlürfte, war er ein schöner Vorwurf für einen Maler, der weder die geleckten, gekräuselten Herren, die mit den Aushängeschildern der Friseure Ähnlichkeit haben, noch auch die ganz kurzgeschorenen sonderlich leiden kann.
    »Na also, wie denkst du darüber?« sagte Nosdrew nach einem kurzen

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