Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
nicht.«
»Aber was soll ich mit Hunden? Ich bin kein Jäger.«
»Aber ich möchte, daß du Hunde besäßest. Hör mal, wenn du nun einmal keine Hunde willst, dann kaufe mir den Leierkasten ab. Es ist ein wundervoller Leierkasten! Er hat mich selbst, so wahr ich ein ehrlicher Mensch bin, tausendfünfhundert gekostet; ich lasse ihn dir für neunhundert.«
»Aber was soll ich denn mit einem Leierkasten? Ich bin ja kein Deutscher, daß ich mit ihm auf den Landstraßen umherziehen und betteln sollte.«
»Das ist ja kein solcher Leierkasten, wie ihn die Deutschen tragen. Es ist ein Orchestrion; sieh es dir nur genauer an: ganz aus Mahagoni! Ich werde es dir noch einmal zeigen!« Mit diesen Worten ergriff Nosdrew seinen Gast bei der Hand und bemühte sich, ihn nach dem anderen Zimmer hinzuschleppen, und wie sehr sich dieser auch mit den Füßen gegen den Boden stemmte und versicherte, er kenne die Eigenschaften des Leierkastens bereits zur Genüge, so mußte er doch noch einmal hören, wie Marlborough zu Felde zog. »Wenn du ihn nicht für Geld willst«, sagte Nosdrew, »so höre, was ich dir sagen will: ich will dir den Leierkasten und alle meine toten Seelen geben, und du gib mir deine Britschke und dreihundert Rubel dazu.«
»Na, so etwas! Und worin soll ich denn fahren?«
»Ich werde dir eine andere Britschke geben. Wir wollen gleich mal in die Remise gehen, da werde ich sie dir zeigen! Du brauchst sie bloß anstreichen zu lassen, dann hast du eine wundervolle Britschke.«
»Von was für einem Unruhteufel der Mensch besessen ist!« dachte Tschitschikow bei sich und nahm sich vor, unter allen Umständen alle Britschken, Leierkasten und alle möglichen Hunde abzulehnen, trotz der erstaunlichen Ähnlichkeit des Brustkastens mit einem Fasse und trotz der Klumpförmigkeit der Pfoten.
»Also die Britschke, den Leierkasten und die toten Seelen – alles zusammen!«
»Ich will nicht«, sagte Tschitschikow noch einmal.
»Warum willst du denn nicht?«
»Einfach, weil ich nicht will; das genügt.«
»Nein, wirklich, was bist du für ein Mensch! Ich sehe, mit dir kann man gar nicht verkehren, wie es unter guten Freunden und Kameraden Sitte ist … Wirklich, so ein Mensch! Da sieht man gleich, daß du ein doppelzüngiger Mensch bist!«
»Aber bin ich denn ein Narr, wie? Sag doch selbst: wozu soll ich denn einen Gegenstand erwerben, den ich absolut nicht gebrauchen kann?«
»Na, nun rede schon gar nicht weiter! Jetzt kenne ich dich hinlänglich. Wahrhaftig, so ein Schurke! Höre mal: willst du mit mir ein bißchen Pharao spielen? Ich setze alle toten Seelen auf eine Karte und den Leierkasten auch.«
»Sich auf ein Hasardspiel einlassen, das bedeutet, sich dem ungewissen Zufall preisgeben«, sagte Tschitschikow und warf dabei einen schrägen Blick nach den Karten, die Nosdrew in der Hand hielt. Die beiden Taillen machten ihm sehr den Eindruck, als ob an ihnen etwas vorgenommen sei, und sogar die Marmorierung sah ihm sehr verdächtig aus.
»Wieso denn dem ungewissen Zufall?« entgegnete Nosdrew. »Keineswegs dem ungewissen Zufall! Wenn nur das Glück auf deiner Seite ist, dann kannst du eine horrende Menge gewinnen. Da, sieh einmal! So ein Glück!« sagte er, indem er, um Appetit zu erregen, die Karten nach rechts und links aufzudecken begann. »So ein Glück! So ein Glück! Da: es poltert nur so! Da ist die verfluchte Sieben, auf die ich alles verloren habe! Ich ahnte das, daß sie mich im Stich lassen würde; aber ich kniff die Augen zusammen und dachte bei mir: Hol dich der Teufel, meinetwegen laß mich im Stich, du verfluchtes Ding!«
Als Nosdrew das sagte, brachte Porfiri eine Flasche. Aber Tschitschikow lehnte es entschieden ab, sowohl zu spielen als zu trinken.
»Warum willst du denn nicht spielen?« fragte Nosdrew.
»Na, weil ich nicht dazu aufgelegt bin. Und offen gestanden, ich bin überhaupt kein Liebhaber des Spieles.«
»Warum denn nicht?«
Tschitschikow zuckte mit den Achseln und erwiderte: »Weil ich eben kein Liebhaber davon bin.«
»Ein Jammerkerl bist du!«
»Was ist zu tun? Gott hat mich so geschaffen.«
»Einfach ein Waschlappen! Ich dachte früher, du wärest wenigstens ein einigermaßen ordentlicher Mensch; aber du verstehst nichts von anständigem Benehmen. Man kann mit dir gar nicht wie mit einem Freunde reden … Keine Offenherzigkeit, keine Aufrichtigkeit! Der reine Sobakewitsch bist du, ebenso ein Schuft wie der!«
»Aber warum schimpfst du mich denn so? Kann ich denn etwas dafür,
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