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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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tue ich es nicht.«
    »Was soll ich ihm nur sagen?« dachte Tschitschikow, und nach kurzer Überlegung erklärte er ihm, er brauche die toten Seelen, um sich ein Ansehen in der Gesellschaft zu verschaffen; große Besitzungen habe er nicht; da möchte er vorläufig wenigstens so ein paar Seelen haben.
    »Schwindel, Schwindel!« rief Nosdrew, ohne ihn ausreden zu lassen. »Schwindel, Bruder!«
    Tschitschikow merkte selbst, daß seine Lüge nicht sehr geschickt und der angegebene Grund nur sehr schwach war. »Na, dann will ich es dir ganz aufrichtig sagen«, sagte er, sich verbessernd, »nur, bitte, sag es niemandem weiter. Ich beabsichtige, mich zu verheiraten: aber du mußt wissen, daß der Vater und die Mutter meiner Braut sehr ehrgeizige Leute sind. Es ist wirklich eine recht unerfreuliche Geschichte! Es tut mir leid, daß ich mich auf die ganze Sache eingelassen habe: sie wollen durchaus, daß der künftige Mann ihrer Tochter nicht weniger als dreihundert Seelen besitze, und da mir daran beinah ganze hundertfünfzig Bauern fehlen …«
    »Schwindel, Schwindel!« rief Nosdrew wieder.
    »Aber jetzt«, erwiderte Tschitschikow, »habe ich auch nicht soviel gelogen«; er zeigte mit dem Daumen am kleinen Finger ein ganz kleines Stückchen.
    »Ich lasse mir den Kopf darauf abschlagen, daß du schwindelst!«
    »Aber das ist ja beleidigend! Wofür hältst du mich denn eigentlich? Warum soll ich denn durchaus lügen?«
    »Na, ich kenne dich ja: du bist ein großer Gauner – erlaube, daß ich dir das in aller Freundschaft sage! Wenn ich dein Vorgesetzter wäre, so ließe ich dich am ersten besten Baume aufhängen.«
    Tschitschikow fühlte sich durch diese Bemerkung gekränkt. Jeder grobe Ausdruck, der den Anstand verletzte, war ihm widerwärtig. Nicht einmal familiäres Wesen ließ er sich gern gefallen, außer wenn die betreffenden Personen von sehr hohem Range waren. Und darum fühlte er sich jetzt arg beleidigt.
    »Bei Gott, ich würde dich aufhängen lassen«, sagte Nosdrew noch einmal. »Ich sage dir das ganz offenherzig, nicht um dich zu kränken, sondern einfach in aller Freundschaft.«
    »Alles hat seine Grenzen«, versetzte Tschitschikow mit einem Gefühl der Würde. »Wenn du mit solchen Redensarten prunken willst, dann geh in die Kasernen!« und dann fügte er hinzu: »Wenn du sie mir nicht schenken willst, so verkaufe sie mir!«
    »Verkaufen! Aber ich kenne dich ja! Du bist ein Schurke; du wirst wohl nicht viel dafür geben?«
    »Na, du bist aber auch der Richtige! Nun sieh mal; deine toten Seelen sind wohl von Brillanten, wie?«
    »Na, da haben wir’s! Habe ich dich doch gekannt!«
    »Ich bitte dich, Bruder, was besitzt du für eine jüdische Geldgier! Du solltest sie mir eigentlich einfach so geben.«
    »Nun, höre: um dir zu zeigen, daß ich ganz und gar kein Knicker bin, werde ich kein Geld dafür nehmen. Kaufe mir den Hengst ab; dann gebe ich sie dir zu.«
    »Aber ich bitte dich, was soll ich mit einem Hengst?« versetzte Tschitschikow, der über einen solchen Vorschlag tatsächlich erstaunt war.
    »Was du damit sollst? Aber ich habe ja für ihn zehntausend bezahlt, und dir lasse ich ihn für viertausend.«
    »Aber was soll ich mit einem Hengst? Ich habe kein Gestüt.«
    »Höre nur, du verstehst mich nicht: ich will ja von dir jetzt nur dreitausend haben und die übrigen tausend kannst du mir später bezahlen.«
    »Aber ich kann ja einen Hengst nicht brauchen. Lassen wir ihn beiseite!«
    »Na, dann kaufe mir die Fuchsstute ab!«
    »Auch eine Stute kann ich nicht brauchen.«
    »Für die Stute und für den Grauen, den du bei mir gesehen hast, nehme ich von dir nur zweitausend Rubel.«
    »Aber ich kann überhaupt keine Pferde brauchen.«
    »Du kannst sie weiterverkaufen: auf dem ersten besten Jahrmarkt bekommst du für sie das Dreifache.«
    »Dann verkaufe du sie doch lieber selbst, wenn du davon überzeugt bist, daß du das Dreifache bekommst.«
    »Ich weiß, daß ich dabei gewinnen würde; aber ich möchte, daß auch du einen Profit machst.«
    Tschitschikow dankte ihm für die freundliche Absicht, lehnte aber endgültig sowohl den Grauen als auch die Fuchsstute ab.
    »Na, dann kaufe mir Hunde ab! Ich werde dir ein solches Paar verkaufen – ich sage dir, es läuft dir ein Wonneschauer über die Haut bei dem bloßen Anblick! Langhaarig mit Schnurrbart; die Haare stehen wie eine Bürste nach oben; der Brustkasten mit den Rippen ganz wie ein Faß; die Pfoten klumpförmig – sie berühren die Erde gar

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