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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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Tschitschikow.
    »Ja«, antwortete Iwan Antonowitsch, drehte seine Kannenschnauze wieder um und fuhr fort zu schreiben.
    »Meine Angelegenheit ist diese: ich habe von verschiedenen Gutsbesitzern des hiesigen Kreises Bauern zur Übersiedelung gekauft; die Kaufkontrakte sind fertig und brauchen nur noch legalisiert zu werden.«
    »Sind die Verkäufer zur Stelle?«
    »Einige sind hier, und von den anderen habe ich Vollmachten.«
    »Haben Sie das Gesuch mitgebracht?«
    »Auch das habe ich getan. Ich würde gern … ich habe es etwas eilig … Wäre es nicht möglich, die Sache heute zu erledigen?«
    »Ja, heute … heute geht das nicht«, versetzte Iwan Antonowitsch. »Es müssen erst Erkundigungen eingezogen werden, ob sie auch nicht sequestriert sind.«
    »Was übrigens die Beschleunigung der Sache anlangt, so ist der Präsident Iwan Grigorjewitsch ein guter Freund von mir …«
    »Aber Iwan Grigorjewitsch ist nicht der einzige, der dabei in Betracht kommt; es haben auch noch andere dabei mitzuwirken«, versetzte Iwan Antonowitsch mürrisch.
    Tschitschikow verstand, auf welches Hindernis Iwan Antonowitsch hindeutete, und sagte: »Auch die anderen sollen dabei nicht zu kurz kommen; ich bin selbst Beamter gewesen und kenne den dienstlichen Gang …«
    »Gehen Sie zu Iwan Grigorjewitsch«, sagte Iwan Antonowitsch in etwas freundlicherem Tone. »Wenn er an die betreffenden Instanzen Befehl erteilt, so soll die Sache durch uns keine Verzögerung erleiden.«
    Tschitschikow zog eine Banknote aus der Tasche und legte sie vor Iwan Antonowitsch hin, der sie gar nicht bemerkte und sofort ein Buch darüberlegte. Tschitschikow wollte ihn auf die Banknote aufmerksam machen, aber Iwan Antonowitsch gab durch eine Kopfbewegung zu verstehen, daß er sie ihm nicht zu zeigen brauche.
    »Der Herr hier wird Sie nach dem Amtszimmer des Präsidenten führen«, sagte Iwan Antonowitsch, mit dem Kopfe hindeutend, und einer der anwesenden zelebrierenden Priester (er hatte der Themis mit solchem Eifer geopfert, daß seine beiden Rockärmel an den Ellbogen Löcher bekommen hatten und schon längst das Futter daraus hervorsah, wofür er auch seinerzeit den Rang als Kollegienregistrator erhalten hatte) erwies unseren Freunden denselben Dienst wie einst Virgil dem großen Dante und führte sie nach dem Zimmer des Präsidenten, wo an Sitzgelegenheiten, von den Stühlen abgesehen, nur ein einziger bequemer Lehnsessel vorhanden war und auf ihm an einem Tische mit einer Gesetzsammlung und zwei anderen dicken Büchern in einsamer Größe wie eine Sonne der Präsident saß. An dieser Stelle überkam den neuen Virgil eine solche Ehrfurcht, daß er nicht wagte, seinen Fuß hineinzusetzen und zurückkehrte, wobei er seinen Rücken zeigte, der wie eine alte Bastmatte abgerieben war, und an dem eine Hühnerfeder klebte. Als sie in das Amtszimmer traten, sahen sie, daß der Präsident doch nicht ganz allein war; neben ihm saß, völlig verdeckt durch die Gesetzsammlung, Sobakewitsch. Der Eintritt der Besucher rief frohe Ausrufe hervor; der hohe Chef schob seinen Lehnsessel geräuschvoll vom Tische zurück. Auch Sobakewitsch erhob sich von seinem Stuhle und stand nun mit seinen langen Ärmeln von allen Seiten sichtbar da. Der Präsident schloß Tschitschikow in seine Arme, und das Amtszimmer erscholl von Küssen; sie fragten einander nach dem Befinden; dabei stellte sich heraus, daß sie beide an Kreuzschmerzen litten, was sie sofort auf die sitzende Lebensweise zurückführten. Der Präsident schien bereits durch Sobakewitsch von dem Verkaufe in Kenntnis gesetzt zu sein, denn er begann unseren Helden zu beglückwünschen, was diesen zunächst einigermaßen in Verlegenheit setzte, besonders weil er sah, daß Sobakewitsch und Manilow, zwei Verkäufer, mit deren jedem er das Geschäft unter vier Augen abgeschlossen hatte, jetzt einander gegenüberstanden. Indessen dankte er dem Präsidenten und wandte sich dann sofort an Sobakewitsch mit der Frage: »Und wie steht’s mit Ihrer Gesundheit?«
    »Gott sei Dank, ich kann nicht klagen«, erwiderte Sobakewitsch. Und in der Tat hatte er zum Klagen keinen Anlaß; eher hätte ein Stück Eisen sich erkälten und zu husten anfangen können als dieser Gutsbesitzer mit der wunderbaren Konstitution.
    »Ja, Sie haben sich immer einer guten Gesundheit rühmen können«, bemerkte der Präsident, »und Ihr seliger Vater war ebenso kräftig.«
    »Ja, der pflegte allein auf einen Bären loszugehen«, antworte Sobakewitsch.
    »Meines

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