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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Hunger mehr. Ich hätte doch besser Ente bestellen sollen.«
    »Hab ich dir doch gesagt!« Der Alte grinste zufrieden. »Der beste Chinese Triests und der schlechteste der ganzen Welt. Das war dein Vorschlag.« Galvano schenkte Bier nach. »Dann trink!«
    »Bald ist Weihnachten. Ich hab mir folgendes überlegt …«
    »Ah, Geschenke! Vergiß die Strategien, Laurenti. Die helfen dir in deinem Beruf, aber nicht bei Gefühlen. Hast du denn nie eine Affäre gehabt? Erzähl mir nicht, daß du immer treu warst! Du hast bestimmt genug Geschichten gehabt und bist am Ende bei ihr geblieben. Laß sie das selber spüren. Schau dich doch um, Laurenti, das ist doch alles ganz normal! Dieses ganze Bürgertum vögelt außerhalb und hält zum Schein die Ehe aufrecht. Vor allem in euerm Alter. Ich kann dir auf Anhieb mindestens zehn Fälle nennen. Und die ganze Stadt weiß davon. Das ist doch kein Grund, nervös zu werden. Irgendwann beruhigt sich das wieder. Das sage ich dir aus eigener Erfahrung.«
    »Laura ist in allem, was sie tut, absolut. Wenn das mit Pietro etwas wird, dann hab ich sie gesehen. Das ist die Sache. Ich will, daß sie mir eine Chance gibt.«
    »Du hast deine Chance jahrzehntelang gehabt. Aber jede Ehe wird nach so vielen Jahren langweilig. Ohne Ausnahme. Und Leute mit Charakter gehen immer fremd! Ich glaube nicht an sogenannte gute Menschen! Schau, die Kinder sind aus dem Haus, die Frau sucht neue Herausforderungen. Laß sie, Laurenti. Mach dich rar. Du hast sie noch nicht verloren.«
    Wäre Galvano nicht am Tisch gewesen, dann hätte Proteo sofort Laura angerufen, sie angefleht, zurückzukommen und einen Neuanfang mit ihm zu machen. Die Worte des Gerichtsmediziners peitschten ihn auf.
    »Wenn Sie meinen …«, sagte er leise.
    »Schau, wir Männer werden immer langweiliger, je älter wir werden, und die Frauen immer neugieriger. Geh ein bißchen spazieren. Schau dich um, wen es sonst noch gibt!«
    Laurenti schüttelte entschieden den Kopf.
    »Du brauchst eine Geliebte«, wiederholte Galvano. »Wie lange hast du nicht mehr mit einer Frau geschlafen? Zu lange, fürchte ich. Hör zu, ein Kerl wie du braucht einfach eine Geliebte. Sonst gehst du nur der Familie auf den Geist. Und es ist besser, als ein solches Gesicht zu machen. Laß deine Frau einfach mal ein bißchen in Ruhe. Wie läuft es in Contovello?«
    Laurenti war froh über den abrupten Themawechsel.
    »Mühsam. Alle beschwören, daß die Familie sehr beliebt war und keine Feinde hatte. Außerdem ist aus den Leuten da oben nicht viel rauszubekommen, obwohl alle etwas zu sagen haben. Wir ertrinken in unnützen Informationen.« Laurenti schob sein Essen zur Seite.
    »Wundert dich das? Die leben so eng zusammen wie die Schafe im Pferch. Da lernt man, nichts unbedacht über die Nachbarn zu sagen.«
    »Bisher haben wir noch nicht einmal jemanden gefunden, der in den letzten Wochen irgendeinen Verdächtigen sah. Dabei fällt dort oben jeder Fremde auf. Nichts.«
    »Hast du niemanden, der Slowenisch spricht?«
    »Warum denn? Die sprechen Italienisch wie Sie und ich!«
    »Das öffnet die Herzen, Laurenti! Menschen an den Grenzen sind manchmal seltsam. Je näher die Grenze ist, desto mehr grenzen sie sich ab. Eine Stunde weiter entfernt, denkt man nicht mehr halb soviel darüber nach. Aber hier haben wir soviel unverdaute Geschichte, das kann noch lange dauern. Das wirst nicht einmal mehr du erleben. Wir Italiener haben die nicht gerade gut behandelt, und für die nächsten Wahlen fürchte ich das Schlimmste.«
    »Das ist ein anderer Punkt, über den ich mit Ihnen sprechen wollte. Alle reden nur gut von Manlio Gubian. Er war weder politisch engagiert, noch war er in irgendeiner anderen Weise auffällig. Er baute in Contovello sein Haus, und sein Geschäft läuft so gut, daß er seinem Vater, einem Fischer in Pola, einen größeren Kutter kaufen konnte. Außer einer Hypothek auf dem Haus hat er angeblich keine anderen Schulden. Wir überprüfen das zwar noch, aber es besteht eigentlich kein Grund zum Zweifel. Wer also hätte ein Motiv gehabt, diesen Mann mitsamt seiner Familie auszulöschen?«
    »Das finanziert er alles mit dem Laden? Beachtlich! Ein Fischkutter kostet doch fast nochmal soviel wie ein Haus. Oder nicht?«
    »Der Laden läuft gut, und bei den Preisen, die man dort bezahlt, kommt schon etwas zusammen. Er verstand sein Geschäft. Haben Sie dort schon einmal eingekauft? Feine Sachen. An keinem anderen Ort in der Stadt finden Sie weiße Trüffel aus dem

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