Die Toten Vom Karst
und Filmstars vorbehalten. Ich habe ins Kataster geschaut: Gubian hat nur wenig mehr als den üblichen Quadratmeterpreis bezahlt.«
»Wir haben hier keine Film- oder Fußballstars, die richtig reichen Triestiner wohnen unverständlicherweise auf dem Karst, als scheuten sie den Blick aufs offene Meer, und Gubians Haus war unauffällig. Da hat er gespart.«
»Was im Kataster steht, ist höchstens ein Teil des Preises. Es würde mich interessieren, wieviel schwarz geflossen ist. Das macht doch jeder, um Steuern zu sparen.«
»Und?« Laurenti zuckte mit den Schultern. Auch Laura und er hatten damals beim Kauf ihrer Wohnung ein Drittel des vereinbarten Betrags dem Verkäufer in die Hand bezahlt.
»Vielleicht ist er den schwarzen Anteil schuldig geblieben und der Verkäufer hat sich nach vielen Jahren gerächt. Die andere Sache ist, daß man sich ganz gewiß Neider schafft mit einem solchen Platz.«
»Unsinn! Die beißen einem höchstens die Nase ab. Deswegen sprengt man niemanden in die Luft. Außerdem stehen in der Nähe noch andere Häuser.«
»Zumindest haben wir die Bauart der Bombe.« Sgubin wedelte mit dem Aktendeckel.
»Und das hältst du so lange zurück?« Laurenti riß ihm das Papier aus der Hand. »Gib schon her!«
Die Expertise der Sprengstoff-Experten in Parma, wohin man die Teile zur Analyse geschickt hatte, sprach von einem einfachen, aber effizienten Sprengsatz, der von jedem technisch begabten Bastler, anhand nur weniger elektronischer Bauteile, die es im Fachgeschäft zu kaufen gibt, zusammengesetzt werden konnte. Nur die Beschaffung des Sprengstoffs stellte für Laien ein Problem dar. Es waren zwei Zünder, einer der hochgehen sollte, wenn man das Paket zu öffnen versuchte, der andere war auf Uhrzeit gestellt. Der Täter hat eine mögliche Panne von vornherein vermieden. Hätte zufällig jemand das Päckchen gefunden und zu öffnen versucht, dann wäre das Ding lediglich vor der Zeit hochgegangen. Punkt 16 Uhr 30 aber hieß, daß der Zeitzünder zum Zug gekommen war, genauso wie es der anonyme Anrufer angekündigt und geplant hatte.
Solche Bomben waren schon öfters eingesetzt worden: bei einem Anschlag auf ein Auto in der Nähe der amerikanischen Airbase von Aviano während des Kosovo-Kriegs, ein anderes Mal in Mailand gegen das Parteibüro der Rifondazione Comunista. Vor drei Jahren in Rom gegen ein Lokal der Faschisten, bei dem vier Menschen starben, ein anderes Mal flog in Udine ein Elektrogeschäft in die Luft, dessen Besitzer angab, kein Schutzgeld bezahlt zu haben. Der Anschlag war also nicht einmal politisch zuzuordnen. Allerdings, aber auch das erstaunte nicht besonders, stammte der Zünder aus tschechischer Produktion.
»Vergiß den Mist«, knurrte Laurenti. »Du kannst jetzt nur zwei Leute damit beauftragen, alle Läden in der Stadt und Umgebung abzuklappern und zu fragen, wer in der letzten Zeit solche Bauteile gekauft hat.«
»Hab ich schon veranlaßt, aber heute ist Montag und die meisten Geschäfte sind zu.«
»Und jetzt?« Laurenti ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen, legte die Beine auf den Tisch und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Wie sieht es in Contovello aus? Tragen sie die Dinge zusammen, die sie aus den Trümmern ziehen?«
»Ja, wir haben eine leere Lagerhalle auf dem Carabinieri-Gelände bei Opicina bekommen, da wird jetzt lastwagenweise alles hingefahren. Ein ganzes Haus. Stell dir das mal vor.«
»Laß uns am späten Nachmittag zusammen hochfahren, wenn die weiter sind.« Laurenti griff zum Telefon. »Ich muß Galvano fragen, wann er die Leichen freigibt. Der Vater will das wissen.«
»Ich fahre schon früher hoch, bin ab Mittag im Mobilen Kommissariat und muß mit den Dörflern sprechen.«
»Dann komme ich später vorbei.« Er winkte Sgubin zu, als der Gerichtsmediziner im Nichtruhestand sich meldete. »Galvano? Hier Laurenti.«
»Ah, Proteo Laurenti, der Herr der Unterwelt …« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, die Proteo nicht zu unterbrechen wagte. »Glaubst du eigentlich, mir ist langweilig?« schimpfte der Alte »Weshalb?« Er war schon lange daran gewöhnt, daß Galvano ihn duzte. Vermutlich duzte er jeden, der jünger war als er selbst, auch den Staatspräsidenten, vielleicht sogar den Papst, sollte er je die Gelegenheit dazu haben. Nur vor Gericht wahrte der alte Kauz die Form. Ansonsten konnte er nie genug davon bekommen, sich das Maul zu zerreißen.
»Puzzlespielen habe ich nicht einmal als Kind gemocht, Laurenti. Und ich
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