Die Toten vom Klan
daß dieser Morris zu den Leuten gehörte, die im Ort etwas zu sagen hatten oder jedenfalls fest daran glaubten.
Wir dachten, daß wir sein Interesse verloren hätten, aber er sprach uns weiter an. »Sie sind fremd hier, wie?«
»Ja«, erwiderte Suko.
»Ich habe mit dir nicht geredet, Chink.«
Suko wurde nicht blaß, er tat gar nichts. Starr blieb er sitzen. Beleidigungen wie diese war er gewohnt, auch aus London, aber hier häuften sie sich, und das ärgerte uns doch.
»Wie kommen Sie auf Chink?« fragte ich.
Morris lachte. »Ich nenne Chinesen so. Einige arbeiten auf meinen Feldern und pflücken Baumwolle.«
»Wie schön für Sie. Sie pflücken, damit Sie hier hocken und Kaffee trinken können.«
Ich hatte ihm eine lockere Antwort gegeben, wenn auch mit einem brisanten Inhalt versehen. So hatte wahrscheinlich noch niemand mit ihm gesprochen, und Morris brauchte einige Zeit, um meine Worte zu verdauen. Vor seiner Antwort holte er tief Luft. »Eigentlich hätte ich Sie auspeitschen lassen können«, sagte er, »aber ich weiß, daß Sie fremd sind und auch mit dem Chief kamen. Deshalb will ich Ihnen sagen, wer ich bin. Morton Morris ist mein Name. Ich besitze die größte Plantage in der Umgebung von Cottonwood. Mein Wort gilt hier etwas, es ist so gut wie das Gesetz.«
»Dann taugt das Gesetz nichts«, erklärte Suko.
Morris runzelte die Stirn. »Ich glaube, ihr seid dumm, oder wollt ihr nicht begreifen.« Er rutschte von seinem Hocker. Wir konnten erkennen, daß er an der linken Hüfte eine zusammengerollte Peitsche trug. Das gab es tatsächlich auch noch.
»Und jetzt?« fragte ich.
Morris wischte über seine Stirn. Um den frischen Kaffee kümmerte er sich nicht. Die folgenden Worte sprach er so laut aus, daß sie bis in den letzten Winkel des Raumes gehört werden konnten. »Ich gebe euch genau eine halbe Minute, dann habt ihr gezahlt, seid aus dem Drug verschwunden, und drei Minuten später aus Cottonwood. Wenn nicht, werdet ihr auch verschwinden, dann aber schleifen wir euch nach draußen.«
Ich grinste ihn fröhlich an. »Und anschließend stellen Sie Kreuze auf, stecken sie an, holen Pech, Federn, setzen sich Kapuzen auf, streifen sich die langen Kutten über und spielen Ku-Klux-Klan. So soll es doch laufen, wie?«
Auch meine Worte waren verstanden worden. Daß ich für meinen Teil damit so etwas wie eine Todsünde begangen hatte, erkannte ich an den Reaktionen der Gäste und des Personals.
Schweigen war angesagt.
Marsha Lamont stand hinter der Theke und rührte sich nicht. Ihre Haut war grau geworden, obwohl sie die dunkle Tönung besaß. Die meisten Gäste schauten uns an, als wären wir schon tot. Andere wiederum grinsten gemein, die freuten sich auf die große Schau. Gewalt lag in der Luft…
Morris nickte uns zu. »Es tut mir leid, aber mein erster Vorschlag gilt nicht mehr. Nicht nach dieser Antwort, die nicht nur dumm, sondern auch lebensgefährlich war.«
Im Hintergrund wurden Stühle gerückt. Drei waren es, und drei Typen erhoben sich auch.
»Schwierigkeiten, Boß?« fragte der größte von ihnen, ein Muskelmann mit Strohhaaren. Die anderen waren kaum weniger kräftig, sie besaßen nur dümmere Gesichter.
»Dummheit«, erwiderte Morris.
»Mit dem Gelben?«
»Auch mit ihm.«
Sie kamen näher. Andere Gäste schufen ihnen Platz. Manche rückten nur zur Seite, andere wiederum standen auf und verdrückten sich, als wollten sie nicht in der Schußlinie stehen.
Die drei Helfer griffen uns nicht an, sie blieben hinter ihrem Boß stehen und beschützten ihn. Gelassen griff Morris nach seiner Peitsche und zog sie ebenso gelassen aus dem Gürtel.
»Ich hatte euch doch versprochen, daß man euch aus der Stadt schleifen würde, nicht wahr?«
»Ist das die Art des Klans?« fragte Suko.
Morris wurde weiß. »Chink, du hättest nicht kommen dürfen. Nein, das hättest du wirklich nicht.«
»Hören Sie auf!« warnte ich Morris. »Noch ist es Zeit für Sie. Wirklich.«
»Misch dich nicht ein, du bekommst auch dein Fett.« Aus dem Handgelenk schlug er zu. Die Peitsche bewegte sich wie eine Schlange, als sie nach oben fuhr und Sukos Gesicht zeichnen wollte. Der hatte aufgepaßt. Er bewegte den Kopf zur Seite, das Leder erwischte nur seine Schulter, aber diesen Schmerz konnte Suko ertragen. Dann reagierte er.
Plötzlich gurgelte Morris auf, als er Sukos Handkante zwischen Nase und Augen spürte. Tränen wasser schoß hervor, er kippte zurück, seine Männer fingen ihn auf und konnten nichts
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