Die Toten von Bansin
»Natürlich. Am ersten Advent trinkt man doch Kaffee und isst Stollen, oder nicht?«
»Na klar.« âºUnd deine Frau sitzt wahrscheinlich allein zu Hauseâ¹, denkt Sophie, sagt aber nichts.
Es wird eng am Tisch und warm, besonders, als Berta die Kerze angezündet hat. Auf dem Bartresen brennt die erste Kerze in Sophies Adventsgesteck.
»Schön weihnachtlich gemütlich«, stellt Berta zufrieden fest.
»Ja«, bestätigt Sophie, »ich liebe diese Zeit. Da kann ich meinen Hang zum Kitsch so richtig ausleben. Ich schaue auch wahnsinnig gern Weihnachtsfilme, so richtig schmalzig und rührselig.«
»Weihnachtsfilme?«, wundert sich Steffi. »Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt.«
»Doch, natürlich. Die zeigen sie jedes Jahr, immer die gleichen. Und ich sehe sie immer wieder an. Am schönsten ist natürlich âºIst das Leben nicht schönâ¹, der kommt meist Heiligabend. Und am Schluss heule ich jedes Mal.«
»Du spinnst«, stellt Anne fest und auch Arno sieht seine Freundin etwas zweifelnd an.
»Ich liebe âºDrei Haselnüsse für Aschenbrödelâ¹Â«, gibt Inka zu.
»Na ja, in deinem Alter kann man auch noch Märchen gucken, aber Sophie sollte nun mal langsam erwachsen werden«, rät Berta.
Nachdem sie die Kaffeetafel abgeräumt haben, bleiben Sophie und Anne hinter der Bar stehen, Inka und Arno setzen sich auf die Hocker davor.
Leise erzählt Sophie, was Jenny versucht hat. »Stellt euch vor, der Gitarrist hätte Tante Berta nicht getroffen. Die hätten nicht mal mehr bei mir angerufen, glaub ich. Mann, wäre das peinlich geworden, wenn ich Silvester ohne Band dagestanden hätte.«
Inka sieht sie verständnislos an und Anne setzt sie kurz ins Bild. »Nur weil sie denkt, Sophie hat was mit Frank«, erklärt sie abschlieÃend und Arno grinst.
Inka ist entsetzt. »Ich kann das gar nicht glauben. Aber sie war schon komisch in letzter Zeit«, fällt ihr ein. »Ich hab sie neulich mal wegen Fahrten gefragt, da hat sie mich direkt angeschnauzt. Hatte richtig miese Laune.«
»Ihre Laune wird bald noch viel übler werden«, prophezeit Sophie. »Ich hab vorhin schon ein bisschen telefoniert, habe mir die Buchungen für Weihnachten und Silvester bestätigen lassen. Mit Arnos Hilfe habe ich herausgefunden, dass es acht Leute, die Zimmer bei mir bestellt haben, gar nicht gibt. Jedenfalls gibt es die Adresse nicht. Das wird dann wohl Frau Sonnenbergs Werk gewesen sein.«
Anne nickt finster. »Das kannst du aber wissen, dass die das war. Ich werde morgen gleich die Reiseunternehmen anrufen. Wir lassen jetzt alles über deine Pension laufen.«
»Richtig«, stimmt Arno zu. »Ich helfe euch bei den Buchungen. Und dann sagen wir Jenny auf den Kopf zu, dass wir wissen, was sie gemacht hat, und es auch beweisen können. Wollen doch mal sehen, ob sie sich dann noch traut, etwas gegen euch zu unternehmen.«
»Und ich?«, fragt Inka schüchtern. »Kann ich auch bei euch mitmachen?«
»Nein, du musst weiter für Jenny arbeiten und kriegst ihre ganze Wut ab.« Anne lacht. »Natürlich, du Dummkopf, arbeitest du für uns. Wir brauchen dich doch, und wenn du nicht allzu viel Blödsinn machst, bekommst du sogar ein bisschen mehr Geld für die Fahrten. Ich meine, was Jenny zahlt, ist ja auch nicht so ganz das Wahre vom Ei. Die kann sich neue Reiseleiter suchen oder selbst auf den Bus setzen. Wenn sie überhaupt noch Aufträge erhält.«
Christine Jahn ist jetzt ganz ruhig. Sie hat Kaffee getrunken und zwei Gläser Grog und fühlt sich warm und behaglich. Niemand hat ihr einen dummen Streich gespielt, davon ist sie jetzt überzeugt. Sie sollte trotzdem endlich mal nach Manfreds Schlüsseln suchen. Bestimmt hat sie das Zeug einfach selbst in den Kühlschrank gestellt. Es waren wahrscheinlich alles Getränke und leere Flaschen, die im Haus rumstanden. Sie wollte doch aufräumen, das hat sie sich gestern Abend vorgenommen. Und dann hat sie vielleicht im Unterbewusstsein â genau, so wird es gewesen sein. Sie hat ja auch dauernd diese Gedächtnislücken. Da hat sie dann wohl auch den Pullover hingelegt, weil sie ihn waschen wollte. Das Beste ist, sie sagt Berta gar nichts davon. Später, wenn es ihr wieder besser geht, wäre es ihr sicher peinlich, wenn jemand von ihren Aussetzern wüsste. Womöglich spricht Berta
Weitere Kostenlose Bücher