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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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in der Broad Street, Mann. Ist ’ne nette kleine Kneipe hier. Habe gerade mit ein paar von ihren, äh, Kollegen geredet.«
    Kerr begriff, dass mit »ihr« Karen Holt gemeint war, und dass Barber sich in einer Situation befand, in der er darauf achten musste, was er sagte. Kerr erklärte ihm das Wesentliche: Dobells Adresse musste überprüft und der Bursche selbst musste schleunigst befragt werden.
    »Ich würde allerdings nicht allein zu ihm gehen«, fügte er hinzu. »Der Kerl scheint ein äußerst mieser Vertreter zu sein, ob er nun mit dem Mord an Grove zu tun hat oder nicht.«
    Er beendete das Gespräch, fuhr den Computer herunter und versteckte seinen Wasserkessel in der Schublade des Aktenschranks, auf der »Vertraulich, nicht öffnen« stand. Als Nächstes musste er mit Jacobson reden und ihn auf den neuesten Stand bringen. Es blieb abzuwarten, ob Dobell wichtig war oder nicht, theoretisch aber passte er zu Jacobsons Gefängnistheorie. Dobell war ein notorischer, brutaler Verbrecher, dem Martin Groves anonyme Aussage acht zusätzliche Jahre Knast eingetragen hatte. Den Kerl nahmen sie besser genauer unter die Lupe, selbst wenn das (ärgerlicherweise) nur über die Kollegen in Birmingham möglich war.

35
    Martin Grove.doc
    Die Parolen auf unserer Haustür und die eingeworfenen Fenster im ersten Stock markierten einen Höhepunkt der allgemeinen Feindseligkeiten uns gegenüber. (Richtig, lieber Leser, ich bin wieder bei den Tagen von Myrtle Cottage. Ich habe gleich zu Anfang gesagt, dass ich hin- und herspringen werde; Sie waren gewarnt.) Mittlerweile waren wir nicht einmal mehr ein Dutzend Vollzeitprotestierer und wirkten vielleicht allein deshalb isoliert und verwundbar. Am nächsten Morgen hielten wir mit allen, die noch da waren, eine Besprechung ab. Die wichtigste Entscheidung bestand darin, die nächtlichen Patrouillen einzustellen. Nach Einbruch der Dunkelheit noch vier Leute nach draußen zu schicken erschien uns zu gewagt, wären wir damit im Cottage selbst doch nur noch sehr wenige gewesen. Im Übrigen war es möglich, darauf wies Hilary hin (ich glaube, sie war es), dass jemand die Patrouillen beobachtet und ausgekundschaftet hatte, wie er ihnen entgehen konnte. Wir hatten die Zeiten und Routen zwar immer wieder verändert, aber absolut unvorhersagbar waren sie nun einmal nicht. Ab sofort wollten wir im Cottage eine Wache einsetzen, die im Ernstfall alle übrigen Bewohner mit einer Konstruktion aus Glocken, Töpfen und Pfannen wecken konnte. Andy und Oliver verbrachten die folgenden Tage damit, sämtliche Schlösser zu überprüfen und, wo nötig, auszutauschen sowie die Fenster zu reparieren und zu sichern. Zudem statteten sie den vorderen und den hinteren Zugang zum Cottage mit mehreren Strahlern aus. Dabei ließen sie sogar mich mithelfen, stand doch sonst praktisch niemand zur Verfügung. Auch auf dem Freiheitsfeld sollte niemand mehr schlafen, was ebenfalls eine einschneidende Veränderung darstellte.
    Mittlerweile hatten wir Ende März . Bis zum Prozess gegen die Crowcross Three war es noch Wochen hin, und die landesweiten Proteste gegen die Stationierung von Cruise Missiles gerieten neben der neuesten Protestaktion, dem Bergarbeiterstreik, ins Abseits. Von überallher zogen die Aktivisten nach Yorkshire, wo das Herz des Protestes schlug, und begleitet wurde der Aufmarsch vom großen Medienzirkus und Busladungen von Sondereinsatzkommandos, die sich mit ihren Knüppeln einen Extra-Bonus verdienen wollten. Allabendlich (wenigstens kam es uns so vor) wandte Thatcher sich mit einer Rede an die Nation, verurteilte den »inneren Feind« und warf sich in eine politische Schlacht, die sie nicht verlieren durfte. Wir im Cottage taten, was wir konnten. Überall im Land bildeten sich Unterstützer gruppen für die Streikenden, und wir nahmen Kontakt zur örtlichen Initiative in Crowby auf. Claire sprach auf Kundgebungen, wann immer sie konnte, und hob dabei immer hervor, dass der Kampf gegen die Nuklearindustrie auch ein Kampf für die Kohlegruben sei, und umgekehrt. Die Kohle war eine sichere, vertrauenswürdige Energiequelle; aus Kohle ließen sich keine Waffen produzieren, die dazu taugten, die gesamte menschliche Rasse auszulöschen.
    Dennoch schwand das Interesse an dem Protest in Crowcross mehr und mehr dahin. Abgesehen vom Zaun und der zivilen Sicherheitstruppe hatte es seit Monaten keine neue Entwicklung gegeben. Ein paar Frauen von der Initiative Greenham Common, die uns ein Wochenende lang

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