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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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Rentnerwohnungen, der zwei Jahre zuvor feierlich eingeweiht worden war. Die Gebäude lagen in einem gepflegten Landschaftspark im Stil des achtzehnten Jahrhunderts, die Wohnungen waren nach den modernsten Standards ausgestattet und eingerichtet und boten gute Bedingungen für alle Arten von Pflege, die man als älterer Mensch brauchen konnte. Sie fragten am Empfang, und eine junge Polin, die in einem Trainingsanzug mit dem Emblem des privaten Trägers steckte, zeigte ihnen den Weg.
    Der Mann, der einmal DCI Hunter vom CID Crowby gewesen war, saß in einem bequem aussehenden Stuhl auf einer hübschen Terrasse mit eher kontinentalem Ambiente. Kleine Kaffeehaustische mit Marmorplatten waren um einen italienisch anmutenden Springbrunnen gruppiert, in dem ein paar Spatzen ihre morgendliche Waschung vollzogen. Was Jacobson und Kerr aber vor allem auffiel, waren die fahrbare Sauerstoffflasche neben Hunters Stuhl und die kleine gelbe Maske, die einsatzbereit an einer Schnur um seinen Hals hing. Kraftlos schüttelte er Jacobson die Hand. Kerr, der ihm ebenfalls die Hand hinstreckte, übersah er. Hunter war ein großer, kräftiger Mann gewesen, aber daran erinnerten praktisch nur noch die knochigen Hände.
    Es geht mal so, mal so, hatte der Arzt ganz unmedizinisch gesagt, als Jacobson ihn von unterwegs noch einmal angerufen hatte. Es gibt gute und schlechte Tage, oder sagen wir besser: gute und schlechte Minuten. Die Folgen mehrerer Schlaganfälle und seit einiger Zeit auch Demenz, dazu ein Emphysem – so hatte er es fachlich zusammengefasst. Eine weitere junge Frau im Trainingsanzug brachte Getränke, Kaffee für Jacobson, Tee für Kerr. Nichts für Hunter, vor dem ein blassgrünes Gebräu stand. Jacobson hatte angenommen, Hunter lebe noch in Spanien, doch am Abend zuvor hatte DCI »Clean« Harry Fields in der Kantinenschlange zu berichten gewusst, dass er schon seit ein paar Jahren wieder in der Gegend sei. Bis zur Eröffnung der noblen Seniorenresidenz habe er in einem alten Pflegeheim in Wynarth gewohnt. Ja, vorher habe er unten in Valencia gelebt, aber am Ende sei er völlig verdreht und zuletzt ohne Hose über die Plaza Mayor geirrt. Sein einziger Sohn (der in Australien lebe) habe ihn daraufhin nach Crowby zurückverfrachtet, sei aber nach vollbrachter Tat gleich wieder nach Down Under verschwunden .
    »Was der Mensch sät, das wird er ernten«, hatte der bibelfeste Fields abschließend gesagt.
    Jacobson erklärte dreimal, wer er war, und meinte beim dritten Mal so etwas wie das Aufglimmen einer Erinnerung zu erkennen.
    »Frank Jacobson, DCI«, sagte er noch einmal . »Ich habe Sie und DS Irvine früher gefahren.«
    »Wichser Irvine«, sagte Hunter. »Willi Wichser Irvine.«
    Seine Stimme war ein Krächzen, nur schwer zu verstehen. Sein Lächeln, ohnehin schwach, schien nur auf der rechten Seite des Gesichts zu funktionieren.
    »Ich habe die Akten zu dem Fall Claire Oldham und Martin Grove gelesen. Das war in den Achtzigern. Die Proteste gegen den Flughafen in Crowcross. Sie haben Grove wegen Mordes vor Gericht gebracht.«
    Ein paar lange Sekunden sagte Hunter nichts.
    »Jacobson. Der dicke Jacobson. Aber ’ne Frau mit Supertitten …«
    Die Stimme blieb ihm weg, und er benutzte seine Maske, atmete keuchend ein und aus.
    »Wurde später befördert. Die neue Sorte. Keine Einschüchterungen. Kein Nachhelfen.«
    Jacobson trank seinen Kaffee und suchte in sich nach einem Hauch normalen menschlichen Mitgefühls. Es war schwer, fündig zu werden.
    »Claire Oldham, Martin Grove«, wiederholte er.
    »Dreißig Jahre im Beruf. Hatte einige am Kragen«, flüsterte Hunter.
    Sprechen Sie ganz normal, hatte der Arzt ihm geraten. Hin und wieder kommt noch was. Es gibt kurze lichte Momente.
    »Nur, dass Grove es nicht war. Das haben sie bewiesen, mit einem DNA-Test«, sagte Jacobson.
    »Das kleine Arschloch hat sich die Hosen vollgeschissen. Kleine Woodlands-Ratte.«
    »Hatten Sie sonst keinen im Verdacht? Gar keinen?«
    Jacobson wartete, aber Hunter war verstummt. Er sah verloren aus. Grünlicher Schleim troff ihm aus dem Mund.
    Eine Schwester kam und hob einen Becher mit einer dunklen Flüssigkeit an seine Lippen . Hunter schluckte, sträubte sich aber gleich darauf, schüttelte den Kopf und brauchte dafür womöglich das letzte bisschen Entschlossenheit, das ihm geblieben war. Die Schwester stellte den Becher auf den Tisch und überprüfte die Sauerstoffflasche. Jacobson trank den letzten Schluck Kaffee. Der Moment, wenn es denn

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