Die Toten von Crowcross
eingerichtet, aber tatsächlich ging es viel schneller. Die Hunde kippten praktisch auf der Stelle um und brachten kaum mehr als ein leises Winseln heraus. Trotzdem gaben wir ihnen noch eine halbe Stunde, nur um sicherzugehen, und dann verrichtete Andy sein eigentliches Werk, die Arbeit, die niemand außer ihm hatte übernehmen wollen. Schnell erledigte er sie. Schlitzte dem ersten Hund die Kehle auf und war auch schon beim nächsten. Später hat er mir erklärt, der Trick bestehe darin, den Kopf in Richtung Brust zu drücken, bevor man die Klinge ansetzt. Im Film sieht man immer, wie Banditen den Kopf ihres Gegners nach hinten reißen, um ihm die Kehle durchzuschneiden, aber Andy behauptete, das erschwere das Schneiden nur, statt es leichter zu machen.
Alles lief bestens. Hilary fuhr uns an eine Stelle unten an der Crow, wo das Wasser besonders tief war, dort warf Andy das Messer hinein und dann auch den Sack. Auf dem Weg zurück zum Cottage legten wir noch einen weiteren Halt ein, und zwar an der außerhalb von Crowcross gelegenen Bushaltestelle in Richtung Colebrook Farm ế Heute würde man Hungers sterben, wollte man dort auf einen Bus warten, aber damals fuhr noch regelmäßig einer von Crowby nach Wynarth und weiter über Land. Während Hilary mit laufendem Motor wartete, sprang Oliver aus dem Wagen und malte mit großen Lettern FRIEDEN auf den Unterstand, darunter das CND-Zeichen und die eigentliche Nachricht: Gebt des Krieges Hunde auf.
Das war natürlich ein zusätzliches Risiko, aber das nahmen wir auf uns. Die Gilberts sind übrigens nie zur Polizei gegangen, soweit ich weiß. Möglicherweise hat Charlie es seinem Vater ausgeredet, vielleicht weil er (meiner Meinung nach grundlos) befürchtete, die Polizei könnte sich auch für seine nächtlichen Aktivitäten interessieren, sobald wir davon berichteten. Vielleicht plante er aber auch (ich weiß noch, dass ich das dachte) seine ganz eigene Rache.
Er lebt heute noch auf dem Hof, den er nach dem Tod seines Vaters übernommen hat. Es macht mir Spaß, hin und wieder über sein Land zu wandern, weil ihn das bestimmt ziemlich ärgert. Das ist kindisch und widerspricht den Regeln des Dharma, ich weiß, aber er ist derjenige, der mich nach all den Jahren immer noch von oben herab behandelt oder ignoriert, wenn ich im »Crowcross Arms« ein Bier trinke; und seine Kumpane stiftet er dazu an, es genauso zu machen. Mehr als einmal habe ich ihn auf seinem Land getroffen, aber er sagt nie ein Wort, sondern weicht mir aus und starrt mich aus seinen wässrigen, roten, unglücklichen Augen an. Allerdings ist mir aufgefallen, mein Freund, dass seine Hunde heutzutage einen Maulkorb tragen.
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In aller Frühe fuhr Jacobson in seine Wohnung am Wellington Drive, das Bild von Alison vor Augen, wie sie friedlich schlafend unter der Decke gelegen hatte, als er leise aufgestanden und gegangen war. Er duschte, rasierte sich und zog frische Sachen an. Den Entschluss, sich für den Weg in die Stadt den Luxus eines Taxis zu gönnen, bereute er augenblicklich. Der Fahrer hatte Radio Four eingestellt, das Morgenmagazin, und es gab ein Interview mit dem Innenminister über die »Bedrohte Sicherheit« und darüber, wie man Freiheiten schützte, indem man sie wegwarf. Nach der jüngsten Gesetzesnovelle, das wusste Jacobson als Polizist, konnte er jederzeit praktisch jeden unschuldigen Tropf von der Straße weg festnehmen und für Wochen den Schlüssel verlieren. Das gefiel ihm nicht, und das Schlimmste daran war, dass es in ihren Reihen viele gab, die das ganz anders sahen und die Neuerungen ausdrücklich begrüßten. Er frühstückte in dem kleinen portugiesischen Café, das kürzlich in der Silver Street aufgemacht hatte. Da gab es guten, starken Kaffee, Eier, Speck und tosta. Und im Fernsehen statt Politik nur Sportkommentare in einer Sprache, die er nicht verstand, sodass er in Ruhe seinen Gedanken nachhängen konnte. Den Guardian , den er sich sonst hinterher im Laden an der Ecke kaufte, sparte er sich; schließlich steckte er mitten in einer Ermittlung, da blieb keine Zeit für Zeitungslektüre.
Auf dem Parkplatz hinter dem Präsidium traf er sich mit Kerr, und sie fuhren gemeinsam die sich windende Wynarth Road hinaus, vorbei an prächtigen alten Häusern, die sich in großen, eingewachsenen Gärten hinter hohen Mauern versteckten. Alan Slingsby wohnte hier draußen, ebenso wie Chief Constable »Dud« Bentham. Kerr und er waren unterwegs zu dem Komplex mit luxuriösen
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